Wie Tierpflegerin Saskia Kupfermann im Wildpark Schwarze Berge zur Ersatz-Mutter eines anhänglichen Mufflon-Lämmchens wurde
Ehestorf. Wer in der vergangenen Woche im Wildpark Schwarze Berge unterwegs war, ist möglicherweise auf ein außergewöhnliches Pärchen gestoßen. Tierpflegerin Saskia Kupfermann ist dort seit Monatsbeginn mit ihrem jüngsten Schützling unterwegs.
Mailo, ein kleines männliches Mufflon-Lämmchen, erblickte am 14. April das Licht der Welt. Zunächst schien alles gut zu sein, denn Mailo bekam regelmäßig seine Muttermilch und spielte munter mit den anderen beiden Lämmchen im Gehege. Doch völlig unerwartet verschlechterte sich sein Zustand in seiner dritten Lebenswoche. „Mailo lag nur noch im Gehege und konnte offenbar gar nicht mehr aufstehen geschweige denn laufen. Bei seinen Versuchen aufzustehen, fiel er jedes Mal einfach um“, berichtet seine Tierpflegerin. Daraufhin folgte eine tierärztliche Untersuchung, bei der sich herausstellte, dass Mailo an einer Unterversorgung litt. Offenbar fehlten dem Muttertier unbemerkt wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente, die es deshalb auch nicht über die Muttermilch an ihr Lämmchen weitergeben konnte. Eine erste Abhilfe verschafften zwei Aufbauspritzen, doch für eine optimale Versorgung ist es nun notwendig, dass Mailo mit der Flasche wieder aufgepäppelt wird.
Diese Aufgabe übernimmt seit dem 1. Mai Saskia Kupfermann, die hauptsächlich für alle schaf- und ziegenartigen Tiere im Park zuständig ist. „Die ersten Tage mit Mailo waren ein Kampf, aber dann hat er verstanden, dass da was Leckeres aus der Flasche herauskommt“, erzählt sie. Die Aufzuchtmilch enthalte alles, was Lämmer brauchen, um groß und stark zu werden.
Als ein Wildtier war das kleine Mufflon anfangs noch ziemlich scheu. Schnell wurde Mailo aber zutraulich und inzwischen sind seine Ersatz-Mama und er ein unzertrennliches Paar. Das Lämmchen weicht seiner Saskia nicht mehr von der Seite und darf sie bei den meisten ihrer täglichen Aufgaben im Wildpark begleiten. „Wenn ich aber beispielsweise zu den Füchsen gehe, muss Mailo allein in seiner Box bleiben. Das wäre sonst zu gefährlich für ihn.“ Bei den Ausflügen auf dem Parkgelände kann sich Mailo jedoch frei bewegen. Dabei erweist er sich als sehr neugierig und knabbert gerne an Dingen herum, die er noch nicht kennt. Das können Stöckchen und Zaunpfähle oder aber Schnürsenkel an den Schuhen der Besucher und Kinderwägen sein. Neuerdings probiert er auch mal verschiedene Gräser, die ihm zunehmend gut zu schmecken scheinen. Dennoch befindet er sich auf seinen Entdeckungstouren immer in der Nähe seiner Pflegerin und reagiert sogar auf ihre Rufe.
Trotz der engen Bindung zwischen den beiden, bleibt das Ziel, Mailo wieder in die Herde zu integrieren. Das sollte möglichst schnell geschehen, denn schließlich sind Mufflons Herdentiere. Saskia Kupfermann sagt, dass ihr kleiner Schützling dafür aber erst noch kräftiger werden muss, um im Gehege mit den Anderen mithalten zu können. „Wir warten lieber einen Tag zu viel als einen zu wenig, damit ihm nichts zustößt.“ Zusätzlich hat Mailo durch das zwischenzeitlich viele Liegen an einem Hinterbein eine Sehnenverkürzung, die ihm das Laufen erschwert. Dadurch ist er noch etwas staksig unterwegs. Jeden Abend muss er deshalb eine Art Krankengymnastik zur Dehnung des Beines machen. „Mailo findet das weniger lustig, aber da muss er jetzt durch.“
Da die Flaschenaufzucht nicht im Gehege erfolgen kann, wurde Mailo dort herausgeholt. Seine Mutter könne man nicht mitnehmen, denn schließlich sei sie ein Wildtier und verhalte sich auch entsprechend. Aus diesem Grund ist das Lamm momentan komplett von seiner Mutter getrennt. Diese zeigt trotzdem noch Interesse, wenn Mailo auf seinen Spaziergängen bei den Mufflons vorbeikommt. Trotzdem ist es nicht sicher, ob sie ihr Junges noch annehmen wird. Ansonsten könnten sich aufgrund des Herdenzusammenhalts auch andere Mutterschafe für Mailo verantwortlich fühlen und ihn beispielsweise vor den ausgewachsenen Mufflonwiddern beschützen. Denn erst im Alter von fünf bis sechs Monaten wird er in der Lage sein, sich selbst zu behaupten. Bis dahin ist er bei Ersatz-Mama Saskia oder einem der Schafe gut aufgehoben.