Gewerkschaftsbund macht auf die schwierige Situation von Kindern in Harburg aufmerksam. Demonstration durch die Innenstadt. Redner appellieren an Teilnehmer, zur Europa-Wahl zu gehen.

Harburg. Das Gewerkschaftsmotto für den 1. Mai „Gute Arbeit - soziales Europa“ hat der Harburger DGB-Vorsitzende Detlef Baade für ein Plädoyer für gerechtere Löhne und höhere Einkommen genutzt. „Gute Arbeit heißt auch ein Lohn, von dem man leben kann. Niedriglohn und Leiharbeit sowie prekäre Beschäftigung schaden unserem Sozialstaat“, sagte Baade am Donnerstag im Kulturzentrum Rieckhof nach einer Demonstration der Gewerkschaften durch die Harburger Innenstadt. An dem Treffen hatten, begleitet von den Trommeln der Samba Gruppe Baianada – zusammengesetzt aus zehn Brasilianern – gut 250 Menschen teilgenommen, wie Polizei und Ordner gleichlautend bestätigten.

Die Demonstranten hatten sich gegen 10 Uhr am Sand getroffen und waren dann in einer knappen Stunde bis zu dem Kulturzentrum gezogen. An der Spitze der Gruppe liefen neben Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) und Baade auch der ehemalige Ver-di-Landeschef Wolfgang Rose, den Baade als Gastredner gewonnen hatte. Im Rieckhof wartete dann das Tom Bailey Duo, das nicht nur für den musikalischen Rahmen sorgte, sondern auch mit einer Ziehharmonika das die Veranstaltung abschließende Singen von „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ begleitete.

Zuvor hatte Baade auf die Lage Harburgs als „Armenhaus der Hamburger Bezirke“ verwiesen. So seien allein in Neuwiedenthal 63 Prozent der Kinder bis 15 Jahre auf die Mindestsicherung angewiesen. In Neugraben-Fischbek betrage diese Quote bei Kindern bis sieben Jahren 30,5, in Hausbruch 35,8 Prozent. Insgesamt lebten in Harburg 29 Prozent der Kinder in Armut, so der regionale DGB-Chef, der sich auf die jüngsten Daten des Statistischen Landesamtes von 2012 beruft.

„Zur Armut zählt auch die Erwerbsminderungsrente“, sagte Baade weiter. Sie liege derzeit für Neuzugänge bei 634 Euro im Monat. „2001 betrug sie im Durchschnitt aber schon einmal umgerechnet 724 Euro.“

Nach Grußworten von Bezirksamtsleiter Völsch, der auf den starken Anteil der Industrie in Harburg verwies, und dem niederdeutschen Vortrag von Horst Voßberg erinnerte Rose daran, dass am 19. Juni 2004 beim Landesparteitag der SPD ein Antrag des Kreises der Harburger SPD diskutiert wurde. Sein Thema: Mindestlohn. Die Verabschiedung des Antrags als ersten bei einem Landesverband der SPD sei eine „politische Pionierleistung“ gewesen, so Rose. „Darauf könnt ihr in Harburg stolz sein.“ Derzeit wird damit gerechnet, dass die Einführung des Stundenlohns von mindestens 8,50 Euro im Juli beschlossen wird.

Für die Gewerkschaften sei die Entscheidung nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern habe auch historische Bedeutung. „Sie gibt der Arbeit ihren Wert und ihre Würde zurück“, sagte der ehemalige Hamburger Ver.di-Chef. Von der Einführung der Lohnuntergrenze sollen rund fünf Millionen Menschen profitieren. „Damit steigt die Kaufkraft bundesweit um 195 Milliarden Euro“, sagte Baade.

Sowohl der DGB-Ortsverbands-Chef als auch Rose setzten sich in ihren Reden für die Teilnahme an der Europa- und der Bezirkswahl am Sonntag, 25 Mai, ein. Baade warnte dabei ebenso wie Rose vor einem europaweiten Rechtsruck. Bei der Wahl gehe es darum, eine soziale, demokratische und ökologische Politik durchzusetzen und nicht dem freien Wettbewerb alle Einkommens-, Arbeits- und Sozialstandards zu opfern“, sagte Rose. Zudem gelte: Je höher die Wahlbeteiligung, desto geringer seien die Chancen für „die rechten Rattenfänger , ihren Honig aus der Krise zu saugen“, so Rose. „Das dürfen wir nicht zulassen.“