Seit mehr als zehn Jahren wandelt sich das ehemals industriell genutzte Harburger Binnenhafengebiet in ein Quartier für Hightech-Firmen, Freizeit und Wohnen mit etwa 10.000 Menschen. Bislang fehlt ein Lebensmittelmarkt.
Harburg. Am liebsten hätte Frank Lorenz, Geschäftsführender Gesellschafter des Hamburger Projektentwicklungsunternehmens Lorenz+Partner, für sein im Harburger Binenhafen geplantes Bauvorhaben mit Namen „Brückenquartier“ in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses sofort grünes Licht erhalten.
Das bekam er aber nicht. Die CDU will zuvor noch ein Gutachten zur Einzelhandels-Situation studieren und voraussichtlich in der kommenden Sitzung am Montag ihre Entscheidung treffen.
Keine Frage: Harburgs Bezirksverwaltung, die SPD und auch die Grünen sind ohne Wenn und Aber Befürworter des vier- bis sechsgeschossigen Bauvorhabens, das neben Raum für Wohn- und Büronutzung auch Flächen für Einzelhandel vorsieht. Als Besonderheit sind gut 1.300 Quadratmeter für einen Lebensmittel-Vollsortimenter wie Edeka oder Rewe vorgesehen.
Eine derartige Ladengröße gibt der für das Gebiet geltende Bebauungsplan Harburg 59 aber nicht her. Bei 800 Quadratmeter Ladenfläche ist Schluss. Um den gewünschten Vollsortimenter unterbringen zu können, muss nun für das gesamte Projekt eine Ausnahmeregelung geschaffen werden. Deshalb wird ein separater, vorhabenbezogener B-Plan „Harburg 70“ vorbereitet.
Und um das Verfahren zu beschleunigen soll auf eine Öffentliche Plandiskussion verzichtet werden. Stattdessen ist eine Informationsveranstaltung im Rahmen der „Begleitgruppe Harburger Binnenhafen“ am 25. Juni vorgesehen. Carl-Henning von Ladiges, Fachamtsleiter für Stadt- und Landschaftsplanung, erklärte: „Von einer Öffentlichen Plandiskussion kann abgesehen werden, weil eine allgemeine Betroffenheit nicht vorhanden ist und die betroffenen Grundeigentümer bereits in die Planungen einbezogen wurden. Wir werden den Termin der Informationsveranstaltung öffentlich plakatieren.“
Der Hamburger Projektentwickler Lorenz+Partner hat sich im Harburger Binnenhafen auf die Überholspur begeben und hat vermutlich schon mehr Immobilien geschaffen als zuvor Unternehmer Arne Weber mit den Projekten im „Channel Hamburg“.
Antonius Wallschlag, bei Lorenz+Partner zuständiger Projektentwickler für das „Brückenquartier“ nennt folgende bisher geschaffene Gebäude: Kaispeicher, Marina auf der Schloßinsel, Parkhaus-Neubau sowie Parkhaus-Erweiterung am Veritaskai, davor und daneben das Kontorhaus und die Gesundheitsinsel.
Und südlich vom Parkhaus, mit Zufahrt von der Theodor-York-Straße, die Hafencampus-Wohngebäude. Der größte Teil der Neubauten befindet sich auf dem Gelände des früheren Harburger Güterbahnhofs, zwischen Östlichem Bahnhofskanal und Schellerdamm.
Die Projektgesellschaft Aurelis Real Estate GmbH & Co. KG hatte das 7,5 Hektar große Bahngelände übernommen, saniert und unter dem Namen „Harburger Brücken“ an Bauinteressenten verkauft. Inzwischen sind fast alle Grundstücke vergeben.
Erst kürzlich waren von Aurelis zwei insgesamt 6575 Quadratmeter große, nebeneinander liegende Grundstücke an die „Projektgesellschaft Brückenquartier Harburg mbH“ verkauft. Gesellschafter sind die Lorenz Consulting und die Franzen Group. Beide hatten auch schon das Quartiers-Parkhaus am Veritaskai zusammen gebaut.
Die Grundstücke für das Brückenquartier befinden sich gegenüber des Veritas Beachclubs, grenzen an die Straßen Veritaskai und Theodor-York-Straße sowie an den Östlichen Bahnhofskanal.
In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses stellte Torben Sell vom Hamburger Stadtplanungsbüro Claussen-Seggelke die bisherigen Grundzüge des Bauvorhabens vor. Nach wie vor ist das auf der anderen Seite des Kanals gelegene Chemieunternehmen Brenntag als Störfallbetrieb eingestuft.
Wegen Betriebsumstellungen ist nun aber auch Wohnen in 200 Meter Abstand möglich. Die beiden Gebäude sollen für ihre Bewohner und Büronutzer eine gemeinsame Tiefgarage bekommen. Für die Kunden des Lebensmittel-Vollsortimenters sowie weiterer Ladengeschäfte, darunter Drogeriemarkt, soll ein Parkplatz mit 70 Stellflächen auf der Erdgeschossebene der Häuser geschaffen werden.
Die rot geklinkerten Gebäude sollen vier geschossig werden, darauf zwei versetzt aufragende Etagen. Bei der Wohnnutzung geht es um öffentlich geförderten Wohnungsbau. Harburg will damit einen Beitrag zum Wohnungsbauvertrag zwischen Senat und den Bezirken leisten.
Der Binnenhafen zählt bisher Firmen mit etwa 6000 Beschäftigten. In Zukunft sollen etwa 4000 Menschen in dem Gebiet wohnen. Bedarf für einen Vollsortimenter sei vorhanden urteilte Andreas Gustafsson vom Beratungsunternehmen bulwiengesa, ohne Auswirkungen auf Harburgs Innenstadt.