Ulrich von Bonin ist überzeugter Bio-Landwirt und betreibt den Arpshof mit Demeter-Zertifizierung. Er begegnet den Tieren mit Respekt. Die Kühe behalten ihre Hörner, die Schweine ihre Schwänze.

Dierstorf. Der Landwirt Ulrich von Bonin erinnert etwas an den Mann aus der Marlboro-Werbung. Mit Cowboyhut und in Jeans steht er vor dem Auslaufplatz der Schweine und zieht an seiner Zigarette. Kein Stress, keine Hektik. Hinter ihm wühlen sich Angler-Sattelschweine mit ihren Rüsseln durch die Erde, kauen schmatzend das frische Gras, schnauben und grunzen.

So wie Ulrich von Bonin Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, wirken auch die Tiere zufrieden. Es sind nicht viele. Platz bietet der Stall gerade mal für 60 Mastschweine. Das ist eine der strengen Vorschriften des Biosiegels Demeter – dass die Tiere in kleinen Herden gehalten werden.

Allein wie Ulrich von Bonin über Hof und Tiere spricht, zeigt, wie sehr sich seine Sichtweise von der konventioneller Landwirte unterscheidet. Er redet von Spaß und Schönheit. Im vergangenen Jahr hatte er extra eine Blumenwiese angelegt, um durch ein Blütenmeer zum Hühnerstall laufen zu können. Nötig war es nicht, aber hübsch – auch für die Tiere.

Ulrich von Bonin ist Teil der Hofgemeinschaft des ökologischen Arpshofes in Dierstorf. Der Betrieb besteht aus mehreren Sparten: Gärtnerei, Hofladen, Wochenmarktbedienung, Lieferservice und eben Landwirtschaft mit angeschlossener Bäckerei. Der 34-jährige Landwirt ist Pächter des landwirtschaftlichen Teils und wacht über Schweine, Kühe, Hühner, über Kartoffeln und Getreide.

In Zeiten, in denen alle von Bio reden und Massentierhaltung von Verbrauchern verurteilt wird, in denen aber auch viele Bauern über Schwierigkeiten im Bio-Betrieb klagen und wieder zur konventionellen Landwirtschaft zurückkehren, fragen wir: Was treibt Ulrich von Bonin an, den Öko-Weg zu gehen? Warum hat er sich gegen einen konventionellen Betrieb entschieden? Man könnte auch fragen, warum tut er sich das alles an?

Denn als Betrieb mit Demeter-Zertifizierung unterliegt der Arpshof strengen Regeln, die noch über die der Öko-EG-Kontrolle hinausgehen. Abgesehen davon, dass er keinen Kunstdünger streuen oder keine synthetischen Spritzmittel einsetzen darf, muss Ulrich von Bonin noch schärfere Vorschriften einhalten.

Um als Demeter-Hof anerkannt zu werden, darf der 34-Jährige zum Beispiel ausschließlich biologischen Mist zum Düngen benutzen. Mindestens die Hälfte seines Futters muss von seinem Hof stammen.

Für Ulrich von Bonin ist der Öko-Betrieb kein Neuland. Seine Eltern waren Ende der 60er-Jahre einer der ersten Landwirte in Schleswig-Holstein, die ihren Betrieb in der Nähe von Grömitz von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umstellten. Doch nicht nur das hatte Einfluss auf seine Entscheidung, der Öko-Linie treu zu bleiben.

Für ihn ist der Mensch als Teil des Naturmosaiks nicht bloß ein Bild. „Wer Lebensmittel herstellt, hat eine große Verantwortung“, sagt er, „den Menschen gegenüber und auch dem Ganzen gegenüber.“ In der Konsequenz heißt das für ihn, so zu wirtschaften, dass er Flora und Fauna vitalisiert.

Schon allein deshalb verschmäht er Pflanzenschutzmittel. Während seiner Ausbildung, die er zum Teil auch in einem herkömmlichen Betrieb absolvierte, sagte er sich schnell: „Ich will kein Bauer sein, der spritzt.“ Stattdessen betreibt er eine ausgeklügelte Kompostwirtschaft.

Ulrich von Bonin zeigt auf den frischen Misthaufen neben dem Schweinestall. „Wenn ich den ausbringe, habe ich ein schnelles Ergebnis am Getreide, aber darum geht es nicht, sondern es geht darum, den Regenwurm zu füttern.“ Also deckt er den Mist ab, lässt ihm Zeit, sich abzusetzen, bevor er auf den Acker kommt.

Er bepflanzt die Felder nie gleich. Sein Ziel ist, dem Boden Kraft zu geben und nicht, ihn auszubeuten. Insbesondere beim Kartoffelanbau sei das wichtig. „Die Pflanze braucht ordentlich Wumms, der was bringt“, sagt er. Diesen „Wumms“ wie er sagt, versucht er mit einer abwechslungsreichen Fruchtfolge zu erreichen. Bevor die Kartoffeln wachsen, baut er Kleegras und dann die Zwischenfrucht Ölrettich an.

Auf den Kartoffelanbau folgt Winterroggen, wieder eine Zwischenfrucht, dann Sommerweizen. Mit dieser Verfahrensweise fährt er eine Ernte von 20 bis 25 Tonnen pro Jahr und pro Hektar ein. Ein herkömmlicher landwirtschaftlicher Betrieb schafft eine doppelte oder sogar dreifache Menge.

„Konventionell kann doch jeder“, sagt Ulrich von Bonin dazu. Und weil es so schön anspruchsvoll ist, hält er nicht nur eine Tierart. Neben Schweinen leben auch Kühe und Hühner auf seinem Hof. Damit fährt er voll auf der Demeter-Schiene. 1100 Legehennen, eine 30-köpfige Kuhherde sowie 35 Mastschweine zählen zu seinem Betrieb. Es gibt aber auch einen ganz anderen Grund für diese Tiervielfalt: Nur von Schweinen kann er nicht leben. Mit den Legehennen und den Mutterkühen kann er „ganz andere Preise“ in der Direktvermarktung erzielen.

Auch wenn der Hof von einer Gemeinschaft geführt wird und Entscheidungen von mehreren Köpfen getragen werden, unterliegt er ganz normalen betriebswirtschaftlichen Zwängen. Ob Öko oder konventionell, der Preis diktiert das Geschäft. Am Ende eines Jahres muss sich jeder Betriebszweig des Arpshofes rechnen.

„Aber wer viel Geld verdienen will, sollte nicht Bio machen“, sagt Ulrich von Bonin. Er jedenfalls schaut nicht darauf, was andere bekommen. Er hält es lieber nach einem Zitat, das ihm aus dem Buch „Der Mann der überlebte“ über George W. Carver von Lawrence Elliott hängen geblieben ist: „Jeder Mensch hat die Chance das zu tun, was die Welt braucht.“ Dazu gehört auch, dass er den Tieren gibt, was sie brauchen.

Die Schweine leben in einem Stall aus Holz mit einem derart hohen Dach, dass Ulrich von Bonin vom Schweinepalast spricht. Er begegnet den Schweinen, Kühen und Hennen mit Respekt und behandelt sie würdevoll. Und so kommt es zu dem seltenen Anblick, dass die Kühe ihre Hörner und die Schweine ihre Schwänze behalten.

Mit Verletzungen in der Kuh-Herde hat der Bio-Bauer dennoch kaum Probleme. Er räumt den Tieren mehr Platz ein, um den schwachen Kühen die Möglichkeit zu geben auszuweichen, wenn es zu Kämpfen kommt. „Man nimmt den Kühen nicht, was ihnen gehört“, sagt der Landwirt.

Eine Tierliebe, die sich sogar an einer Strichliste im Schweinestall ablesen lässt. Waldorfschüler haben die Liste während ihres Praktikums auf dem Arpshof vor anderthalb Jahren geführt.

„Umgefallene Schweine“ steht da neben den Strichen an der Stallwand. Die Jugendlichen haben gezählt, bei wie vielen Schweinen sie es geschafft haben, sie so lange zu streicheln, dass sie vor lauter Entspannung umfielen. Es waren sieben.