In Niedersachsen gibt es 30 Tiere. 2000 Besucher mit vielen Kindern bei der Themennacht im Tierpark Schwarze Berge
Die Wölfe sind zurück. „Sie werden künftig wohl auch durch den Landkreis ziehen“, ist Britta Habbe überzeugt. „Ob sie dort jedoch bleiben, lässt sich heute noch nicht absehen,“ so die promovierte Biologin am Sonnabend bei der Nacht des Wolfes im Wildpark Schwarze Berge. Es ist eine langsame Rückkehr der Tiere nach gut 100 Jahren. Zuvor waren sie fast ausgerottet. Zwar sei die Gefahr für Menschen gering, denn Wölfe weichen bei Begegnungen in der Regel scheu zurück. Doch ihre Anwesenheit ist dennoch längst Diskussionsthema. Habbe, die seit drei Jahren als hauptamtliche Wolfsbeauftragte für die Landesjägerschaft Niedersachsen arbeitet, erlebt dies immer wieder: „Ich habe noch niemanden getroffen, der sich nicht zum dem Thema geäußert hätte.“
Bundesweit dürften derzeit wieder 400 Tiere in 25 Rudeln sowie einige Paaren unterwegs sein, die sich – einmal zusammen – bis zu ihrem Lebensende treu bleiben. In der Nähe des Landkreises leben 30 Tiere. Es sind Rudel auf den Truppenübungsplätzen in Munster und Bergen sowie im Wendland, ein Pärchen bei Eschede im Landkreis Celle sowie eine Fähe (ein Weibchen) bei Cuxhaven. Die Tiere beanspruchen jeweils ein eigenes Territorium. Diese Gebiete umfassen zumeist 200 bis 300 Quadratkilometer, so dass selbst die beiden Übungsplätze bei Munster mit ihren zusammen 175 Quadratkilometern nicht reichen. Insgesamt geht die Landesjägerschaft davon aus, dass die Wölfe seit dem Jahr 2000 ausgehend von Polen verstärkt in nord-westlicher Richtung in für sie neue Lebensräume vordringen.
Der in Hannover angesiedelte Verband trägt für Niedersachsen die Daten über die Tiere zusammen und behält auch die bundesweite Entwicklung im Auge. Nachdem die Wölfe auch europaweit vor dem Aussterben standen, setzte in den 70er-Jahren ein internationales Umdenken ein. Über das Washingtoner Artenschutzabkommen von 1977 und die 1992 erlassenen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien sind die Tiere heute streng geschützt und dürfen nicht gejagt werden. Verbunden mit diesem Schutz fordert die EU ein Management der Populationen und lässt sich alle sechs Jahre berichten. Zudem informieren die Jäger das niedersächsischen Umweltministerium sowie den Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz. „Wir beobachten die Verbreitung der Tiere, wobei es ausschließlich um zugewanderte Tiere und ihren Nachwuchs geht. Eine Wiederansiedlungen mit Wölfen aus Tierparks gibt es nicht“, sagte Habbe, die alle ihr zugehenden Meldungen auswertet.
Wölfe von Hunden zu unterscheiden fällt Laien schwer. Erkennen lassen sich die Tiere an ihren Fährten, bei denen sich Doppelabdrücke bilden. Hintergrund: Ein Wolf läuft im geschnürten Trab mit seinen Hinterläufen in die Spuren der Vorderbeine. Im Kot der Tiere sind oftmals Haare, Knochenreste, Hufe oder Zähne zu erkennen. Bei gerissenen Tieren sind die Wunden kleiner als etwa bei Hunden, weil Wölfe mit einem gezielten Biss die Blut- und Sauerstoffzufuhr zum Hirn unterbrechen und so wenig Blut austritt. „Aus dem Beutetier sollten bis zu fünf Kilogramm Fleisch aus dem Rücken oder im Bereich der Rippen fehlen. Dann kann man davon ausgehen, dass ein Wolf der Jäger war“, sagt Habbe.
In Gefahr sind vor allem Rehe, Hirsche und Wildschweine. Nur 0,6 Prozent der gerissenen Tiere in Deutschland sind derzeit Haustiere, vor allem leicht zu erbeutende Schafe. „Daher vermitteln wir an Schäfer Herdenschutzhunde“, sagt Horst Pohl, Ansprechpartner für Schleswig-Holstein, Hamburg und das nördliche Niedersachsen von der von Bayern aus bundesweit gesteuerten Gesellschaft zum Schutz der Wölfe. Diese Schutztiere sind mit einer Herde aufgewachsen, trainiert und „fühlen sich wie ein wehrhaftes Schaf“, sagt Pohl, 74, ein ehemaliger Stabs-Bootsmann der Marine. In Schweden werden derzeit Lamas für dieselbe Aufgabe getestet. Auch Esel gelten als geeignet, weil sie beißen und nach allen Seiten auskeilen können.
„Das Interesse am Thema Wolf wird größer“, versichert auch Sarah Klindworth, Sprecherin des Tierparks Schwarze Berge, der allein mit seinen Eintrittsgeldern wirtschaftet. Daher gehören Konzepte wie die „Nacht des Wolfes“ zum Marketing. Die Aktion startete am Sonnabend zum dritten Mal, jedes Mal war Biologin Habbe dabei. Dieses Mal kamen 2000 Besucher mit vielen Kindern. Am Abend applaudierten im Freigehege noch 200 Zuschauer der Show des Duos Flammenspuck zum Thema „Rotkäppchen und der kleine Wolf“ – trotz Nieselregens.
Die Zukunft der Wölfe hängt davon ab, wie sich die Tiere vermehren. Für einen „günstigen Erhaltungszustand“ werden bundesweit 1000 Tiere nötig sein. Derzeit schätzt Habbe der Zahl der geschlechtsreifen Wölfe auf 150. Erreicht die Population irgendwann die gewünschte Größe, könnten die Tiere aus dem Schutz herausfallen. Die Biologin weiß: „Das muss dann die EU in Brüssel entscheiden.“