Das Besondere am Seeve-Rockfestival ist das Selbstverständliche: Im Harburger Kulturzentrum treten Harburger Bands auf. Immer vier, jede eine Stunde lang, inklusive Umbau.

Harburg. Jörn Hansen und Jens Bergeest kennen sich, seit sie gemeinsam ihre Zuckertüten in die Rönneburger Dorfschule trugen. „Das war 1962, wir sind ja schon alte Säcke“, sagt Jörn Hansen. Noch heute haben die beiden miteinander zu tun, in letzter Zeit sogar immer häufiger. Rieckhof-Chef Hansen und Musiker Bergeest organisieren seit eineinhalb Jahren zusammen das „Seeve-Rock-Festival“ im Rieckhof. Am Sonnabend, 29. März geht es zum vierten Mal über die Bühne.

Das Besondere am Seeve-Rockfestival ist das Selbstverständliche: Im Harburger Kulturzentrum treten Harburger Bands auf. Immer vier; jede eine Stunde lang, inklusive Umbau. Denn Zeit ist ein knappes Gut im Rieckhof: Die Anwohner haben durchgesetzt, dass Konzerte um Mitternacht beendet sein müssen, vor 20 Uhr anfangen kann man jedoch auch nicht, es sei denn man möchte die erste Band vor halbleerem Saal spielen lassen, während sich das Publikum zu Hause noch die Haare föhnt. Die Kürze der Auftritte sieht Jens Bergeest jedoch nicht als Nachteil an: „So spielt jede Band ein kompaktes und knackiges Programm mit ihren allerbesten Stücken“, sagt er.

Die Idee zum Festival hatte Jörn Hansen. Allerdings wollte er nicht mit dem Rieckhof als alleiniger Veranstalter auftreten, sondern die Musiker selbst mit ins Boot holen „Und da kam ich auf Jens“, sagt er. Denn auch, wenn sich die Wege der Schüler Jörn Hansen und Jens Bergeest nach der vierten Klasse wieder trennten, liefen sie sich doch ständig wieder über den Weg und bekamen miteinander zu tun. „Ich habe immer Jens’ lange Haarmatte bewundert“, erinnert sich Hansen, der schon in jungen Jahren eher zur „vernünftigen“ Frisur neigte. Beide Männer sind Sozialpädagogen. Hansen ging mit einer allgemeinen Hochschulreife ins Studium, machte sein Praktikum im Freizeitzentrum Nöldekestraße und wurde vom Verein Freizeitzentrum 1984 mit der Leitung des Rieckhof betraut. Diese Position hat er bis heute inne. Jens Bergeest ging über die Erzieherausbildung ins Studium, war auf Abenteuerspielplätzen und als Wohngruppenleiter tätig und ist nun beim Harburger Gesundheitsamt für Menschen mit Gemütsauffälligkeiten zuständig. Sein Haarlängenvorsprung auf Hansen beträgt heute nur noch wenige Millimeter .

Außer Sozialpädagoge ist Jens Bergeest allerdings auch Musiker. Er spielt Gitarre, seit er zehn Jahre alt ist. Im selben Jahr, in dem Hansen den Rieckhof eröffnete, gründete Bergeest die „Delta Doppelkorn Bluesband“. Dass die Harburger Kultcombo seitdem des öfteren den Rieckhof rockte, versteht sich so fast von selbst. Allerdings ist er Rieckhof mit seinen bis zu 1000 Plätzen für die meisten Harburger Bands schlicht zu groß. Um die örtlichen Musiker trotzdem unterstützen zu können, erdachte sich Jörn Hansen das Festival. „So kommen die Anhänger mehrerer Bands zusammen und die Stimmung im Saal stimmt“, sagt er.

Den Namen Seeve-Rock-Festival hat sich Hansen selbst ausgedacht, so wie auch den Namen Seeve-Viertel für das Quartier, in dem sein Kulturzentrum liegt. „Hier ist der Seeve-Kanal und der Seeveplatz, der Name lag also nahe“, sagt er.

Das vierte Seeve-Rock-Festival ist für Jens Bergeest das erste, bei dem er nicht selber mit einer seiner beiden Bands, der „Delta“ oder Ronjas Räuber“ spielt. Trotzdem hat er sich für die Harburger Musiker als fester Ansprechpartner für das Festival etabliert und macht deshalb weiter. „Es macht ja auch Spaß“, sagt er. „Die meisten anderen Musiker kennt man ja schon lange persönlich. Da ist die Koordination mehr Klönschnack, als Konflikt.“

Das vierte Seeve-Rock-Festival bestreiten diesmal „Die Gäste“, die „Celtic Cowboys“, „Multigroove“ und „AC Voltage“

Die „Gäste“ bieten selbstgetexteten deutschen Rock, instrumentiert mit Schlagzeug, Bass und drei Gitarren. Die Formation entstand vor einigen Jahren, als an einem Harburger Eck-Tresen mehrere gestandene Rock’n’Roller ihre Gemeinsamkeiten entdeckten.

„Multigroove“ ist eines der vielen Projekte, die aus der Musik-Arbeit der Goethe-Stadtteilschule entstanden. Eine offizielle Schulband ist das Quintett allerdings nicht. Die Teenager haben mittlerweile ihre erste eigene CD produziert und vertreiben diese auch. Die Stilrichtung ist melodischer Rock, clever durcharrangiert.

Die „Celtic Cowboys“ tun für die Country-Musik das, was die Pogues dereinst für den Punkrock taten: Sie holen Irish Folk mit ins Genre und haben einen Mordsspaß dabei. Just im Februar sorgten sie für einen fast ausverkauften Ballroom im Phoenix-Viertel.

„AC Voltage“ ist eine so genannte Tribute-Band. Das heißt, dass sie die Stücke einer berühmten Band mit einer eigenen Interpretation nachspielen. Vorbild für AC Voltage ist die australische Hardrock-Ikonen-Band AC/DC. Man darf sich also auf ein lautes Finale des Abends einstellen.

Das vierte Seeve-Rock-Festival wird nicht das letzte sein. Im Herbst wird der Rieckhof 30 Jahre alt. Die Delta Doppelkorn Bluesband auch. Wenn sich das nicht wieder für eine Zusammenarbeit der Zuckertütenkollegen von einst anbietet.