Das Raumordnungsprogramm stellt die Gemeinde Seevetal vor ein ernstes Problem: Eine Vorrangfläche für Windenergie überschneidet sich mit einer für ökologische Ausgleichsmaßnahmen für Baumaßnahmen.
Winsen/Seevetal. Die Ausweisung neuer möglicher Standorte für Windenergieanlagen beschäftigt die Kreispolitiker weiter – und immer neue Fässer werden dabei aufgemacht. In der Sitzung des Kreisbauausschusses am Donnerstag wurde deutlich, dass die Festlegung von Vorrangflächen für Windenergie in der Neuauflage des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) der Gemeinde Seevetal ein ernstes Problem bereitet.
Denn eine Windenergie-Fläche zwischen Horst und Ohlendorf, östlich der A7 gelegen, überschneidet sich zu einem Teil mit einem Ökoflächenpool, den die Gemeinde für ökologische Ausgleichsmaßnahmen in Zusammenhang mit Bauvorhaben bereithält.
Die Seevetaler SPD-Kreistagsabgeordnete Brigitte Somfleth machte deutlich, dass eine Beschneidung dieser „Ökokontofläche“ Auswirkungen auf die Bebauungspläne in Seevetal haben könnte. Das Gesetz sieht vor, dass für Baumaßnahmen aller Art, die einen erheblichen Eingriff in die Natur darstellen, an anderer Stelle eine ökologische Ausgleichsmaßnahme erfolgen muss.
Die Gemeinde Seevetal hält hierfür eine Fläche bereit, die dadurch nach und nach ökologisch verbessert wird. Seevetals Bauamtsleiter Gerd Rexrodt führte den Konflikt darauf zurück, dass man beim Landkreis wohl davon ausgegangen sei, dass die besagte Fläche am Rübenberg landwirtschaftlich intensiv genutzt werde, was aber seit Jahren nicht mehr der Fall sei.
Gemeindesprecher Andreas Schmidt teilte dazu mit, dass die Gemeinde den Landkreis schon 2012 auf den Konflikt hingewiesen, aber auch auf Nachfrage im Jahr 2013 keine Stellungnahme erhalten habe. Bürgermeisterin Martina Oertzen (CDU) findet das „sehr schade“, und kündigt an: „Wir werden jetzt in fachlicher und rechtlicher Hinsicht unseren Standpunkt nochmals untermauern.“ Nach Angaben von Schmidt sind bereits 70 Prozent dieser Ökokontofläche mit Ausgleichsmaßnahmen aus neun Bebauungsplänen „abgebucht“.
Landkreis-Sprecher Johannes Freudewald sagte dagegen, die Problematik sei beim Landkreis bekannt. Es gehe aber in der jetzigen Phase des RROP darum, so viel Raum wie möglich für Windenergiestandorte zu definieren. Konflikte, die sich daraus ergeben, könnten zu einer späteren Phase, beispielsweise im Zuge der öffentlichen Auslegung, behandelt werden.
Und offenbar gibt es noch mehr Klärungsbedarf. So kritisiert die Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzverbände im Landkreis Harburg, dass die Windkraft-Vorrangflächen teilweise bis auf 60 Meter an Waldränder heranreichen. Die Naturschützer sehen darin eine Bedrohung für Vögel und Fledermäuse.
Zudem kritisierte Reinhard Riepshoff (SPD), dass im Landschaftsrahmenplan in großem Maße Grünland ausgewiesen sei, was Windkraft an diesen Stellen von vornherein ausschließe. Er schlug weitere Ortstermine vor, um bestimmte Grünflächen nochmals zu überprüfen. Davon riet die Verwaltung jedoch ab – das würde die Fertigstellung des RROP um ein Jahr verzögern.
Darüber hinaus stellte die SPD-Fraktion den Antrag, die Höhe von Windanlagen in Relation zum Abstand zur Siedlungsbebauung zu setzen. Dies stünde aber dem Landesrecht entgegen, teilte die Verwaltung mit, berichtete aber davon, dass eine Gesetzesänderung in Planung sei, die den Kommunen mehr Handlungsspielraum geben soll.
Ein Antrag der CDU-WG-Gruppe wurde mit Mehrheit empfohlen: Bei der Diskussion um Windkraftvorrangflächen soll auch berücksichtigt werden, welche Leistungen die Windenergieanlagen haben werden.
Dagegen scheiterte die FDP-FW-Gruppe mit ihrem Antrag, die besonders strittigen Flächen in Toppenstedt und Gödenstorf aus dem RROP zu streichen. Die Herausnahme einer Fläche in Heidenau wurde dagegen empfohlen. Der Heidenauer Abgeordnete Riepshoff schlug außerdem vor, mit der angesprochenen Grünland-Betrachtung zu prüfen, ob stattdessen eine andere Fläche in Heidenau, näher an der A1 gelegen, denkbar sei.
Dem Entwurf des RROP – an dem noch einige Veränderungen vorgenommen worden waren – stimmte der Ausschuss mit Mehrheit zu, lediglich die Grünen stimmten mit Nein. Das weitere Verfahren: Bis zur Kreistagssitzung am 5. Mai soll der Satzungsentwurf vorliegen.
Wenn der Kreistag diesem zustimmt, folgt die öffentliche Auslegung, die wegen der dann bevorstehenden Sommerferien über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen erfolgen soll. Mit Berücksichtigung der Eingaben soll das RROP dann 2015 beschlossen werden.