Wer an der Technischen Universität Hamburg Harburg lernt, wohnt lieber in Altona oder im Schanzenviertel
Harburg. Harburg hat eine Technische Universität von internationalem Rang. Die Zahl der Studierenden an der Technischen Universität Hamburg Harburg (TUHH) steigt kontinuierlich. Im Wintersemester 2013/2014 studierten 6678 junge Menschen aus Deutschland und aus der ganzen Welt an der TUHH. Aber die wenigsten von ihnen nehmen den Bezirk Harburg als Wohnquartier mit studentischem Leben wahr. Die Konkurrenz der Stadtteile Altona, Eimsbüttel oder Winterhude ist zu groß.
Und bislang hat der Bezirk Harburg seine Chance, mit dem Pfund TUHH zu wuchern, ungenutzt gelassen. Inzwischen haben dies auch die Parteien in der Harburger Bezirksversammlung erkannt und wollen gegensteuern. Harburgs Politik hat die Studenten als potenzielle Impulsgeber für eine Belebung der Innenstadt entdeckt.
Im Auftrag der Fraktionen in der Bezirksversammlung hat Heinz-Jürgen Rook, Architekt beim Bezirk Harburg, Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung, jetzt eine Bestandsaufnahme zum Thema „Studentisches Wohnen in Harburg“ vorgelegt. Das Ergebnis fällt bescheiden aus. „Im Bereich Wohnraum stehen wir gar nicht so schlecht da. Aber laut einer Umfrage aus dem Jahr 2010 von TuTech, AStA und Harburger Citymanagement, für die 522 Studierende befragt wurden, fanden 72 Prozent der Befragten die Bedingungen des Wohnumfeldes und das Wohnangebot in Harburg nicht ausreichend. Aus ihrer Sicht ist der Bezirk für Studenten nicht attraktiv“, so Rook. Auch wenn diese Umfrage inzwischen fast vier Jahre alt sei, sagt der Stadtplaner, habe sich an den Grundlagen für Harburgs schlechtes Abschneiden bislang wenig bis überhaupt nichts geändert.
Laut Rooks Bestandsaufnahme fehlen in Harburg Studentenkneipen, spezielle Sport- und Freizeitangebote für Studenten und ein Szeneviertel, so wie es beispielsweise im Bezirk Altona der Fall ist. Bei der Umfrage gaben die Studierenden an, es fehle ein Kulturzentrum wie die „Honigfabrik“ in Wilhelmsburg und es fehlten „kulturell hochwertige“ Angebote. „Leider scheint der Rieckhof unter den Studenten in Harburg wenig bekannt zu sein“, schließt Heinz-Jürgen Rook aus der Umfrage. Es mangele darüber hinaus an Außengastronomie und „frei nutzbaren Rasenflächen, um Fußball oder Basketball zu spielen“. 59 Prozent der Befragten äußerten sich negativ zu den Freizeitangeboten, sogar 67 Prozent der Studierenden halten das kulturelle Angebot im Bezirk für unattraktiv. Viele Studierende empfinden Harburg als sozial schwachen Bezirk, in dem es sich gefährlich lebt.
Hinzu komme eine Harburger Besonderheit: die Insellage der drei Standorte der TUHH in der Denickestraße und in der Harburger Schloßstraße, weit ab vom Harburger Zentrum, so Rook. Als Instrumente, diese Insellage und das schlechte Image Harburgs unter Studenten aufzubrechen, schlägt Heinz-Jürgen Rook unter anderem vor, Studentensport im Stadtpark anzubieten oder die Radwegeverbindung zwischen Campus und Harburger Innenstadt aufzuwerten. „Wir brauchen übergeordnete Maßnahmen und müssen an vielen Spektren arbeiten, um Harburg zur Studentenstadt zu machen“, sagte Rook bei der Präsentation seiner Studie im Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung.
Rund 720 Plätze in Studenten-Wohnanlagen hat der Bezirk zu bieten. Dem Wunsch vieler Studierenden, eine Wohngemeinschaft im Bestand zu gründen, aber erteilen viele Harburger Vermieter von vorne herein eine Absage. „Man kann zu dem Schluss kommen, dass unter Harburger Vermietern Studierende als Mieter zweiter Klasse gelten. Wenn wir dazu kommen wollen, dass mehr studentisches Wohnen im Bestand passiert, was begrüßenswert wäre, dann müssen wir für ein besseres Image sorgen und mehr alternative Wohnprojekte im Bestand in Harburg anbieten und fördern“, schließt Rook aus der Umfrage. Derzeit sei die Situation so, dass die Wohnungen in Harburg entweder zu teuer für das Budget von Studierenden seien, oder die Vermieter nicht an Studierende vermieten wollten. Eine Miete von 350 Euro sei für viele Studierenden, insbesondere dann, wenn sie von BAföG lebten, die absolute Obergrenze.
Neben den bestehenden Studenten-Wohnanlagen sind sechs Projekte in der Planung. Am Schellerdamm sollen 200 Plätze, an der Buxtehuder Straße 18, am Bleicherweg 200, an der Hannoverschen Straße 150, an der Reinholdstraße zwölf und an der Schwarzenberg weitere 45 Plätze entstehen. Rund 85 Wohnheim-Plätze würden gerade gebaut. Vor allem ausländische Studierende seien auf günstigen Wohnraum in Campusnähe angewiesen.