Die Kreisdelegiertenversammlung der Harburger SPD verspricht spannend zu werden. Der Kreisvorsitzende Frank Richter stellt sich erneut zur Wahl. Anders als beim letzten Mal hat er jetzt allerdings einen Gegenkandidaten

Harburg Die Kreisdelegiertenversammlung der Harburger SPD Ende März verspricht spannend zu werden. Der Kreisvorsitzende Frank Richter stellt sich erneut zur Wahl. Anders als beim letzten Mal hat er jetzt allerdings einen Gegenkandidaten: Der SPD-Distrikt Eißendorf nominierte seinen Vorsitzenden, den Bürgerschaftsabgeordneten Matthias Czech, für das Parteiamt. Erklärtes Ziel der Eißendorfer: Czech soll die Risse, die sich in der Harburger SPD in den lezten Jahren gebildet haben, kitten.

„Matthias Czech hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er es schafft, verschiedene Meinungen zusammen zu bringen, Kompromisse zu finden und einen hervorragenden Wahlkampf für die SPD zu führen“, begründet Distrikstvize Olaf Paulsen die Entscheidung, den Vorsitzenden ins Rennen zu schicken.

Es gibt unter dne Sozialdemokraten durchaus Mitglieder, die der Auffassung sind, dass ein Kreisvorsitzender der SPD in Harburg besonders große Leidensfähigkeit haben muss. Doch hat der Amtsinhaber in jedem Fall einen Sitz im SPD-Landesvorstand und damit beste Kontakte, um höhere Ziele zu verfolgen. Frank Richter hat das bislang nichts genützt: Seine Bemühungen um die Bundestagskandidatur im Wahlkreis Harburg/Wilhelmsburg/Bergedorf scheiterten, als der Wilhelmsburger Metin Hakverdi zum Kandidaten gekürt wurde.

Im Wahlkampf für Hakverdi hatten die Harburger Genossen geschlossen an einem Strang gezogen, auch die, die lieber Frank Richter als Kandidaten gesehen hätten. Danach begannen die Süd-Sozialdemokraten augenscheinlich wieder, sich gegenseitig weniger zu gönnen. Dass Frank Richter im SPD-Kreis nicht den vollen Rückhalt hat, hatte sich schon bei der letzten Vorsitzenden-Wahl gezeigt: Richter war ohne Gegenkandidaten und erhielt trotzdem nur knapp über die Hälfte der Stimmen.

Als graue Eminenz der Richter-Gegner gilt einigen Beobachtern der Vorsitzende des SPD-Distrikts Harburg Ost, Torsten Fuß. Fuß selbst hat sich allerdings noch nicht offen oder gar öffentlich positioniert und wer zu seinem Dunstkreis gezählt wird, gibt sich meist erstaunt, wenn er darauf angesprochen wird. Fuß wird nachgesagt, eher zu den Polarisierern im Kreisverband zu gehören. Derzeit ist es ihm nach einem Parteiordnungsverfahren untersagt, Parteiämter zu bekleiden. Was genau vorgefallen ist, bleibt parteiintern. Fuß ist allerdings berüchtigt dafür, die Grenzen des guten Tons zu verletzen. Bis zur Kreisdelegiertenversammlung ist Fuß’ Bann allerdings abgelaufen. Zu Richters parteiinternen Gegnern zählt allerdings ganz sicher Michael Ulrich. Der Ex-Bezirksamtsleiter und Kreisvorsitzende bekleidet zwar keine Ämter mehr, gehört aber zu denen, die Metin Hakverdi unterstützten, nicht nur bei der Kandidatenkür, sondern auch schon vorher. Michael Ulrich machte sich in der SPD für die Einrichtung des Arbeitskreises Migration und Vielfalt stark. Richter war zunächst dagegen und versuchte später, den Arbeitskreis durch eigene Kandidaten zu besetzen.

Bei der Aufstellung der Wahlkreiskandidaten für die Bezirksversammlung sorgten die Animositäten zwischen Richter-Freunden und Richter-Gegnern für einigen Wirbel: So stellte die SPD Harburg-Mitte statt des Richter-Freundes Jürgen Heimath – derzeit immerhin Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung – den kommunalpolitisch bislang unbeleckten Martin Celik als Spitzenkandidaten auf. Im Alten Land verlor Richter-Gegner Günter Piehl seinen Wahlkreis-Spitzenplatz. Auch er ist ein erfahrener Kommunalpolitiker, ebenso wie der Stadtplanungsauschussvorsitzende Muammer Kazanci, der auf seiner Wahlkreisliste auch nicht vorne steht.

Matthias Czech wurmt so etwas: „Wir können doch als Partei nicht auf so erfahrene Leute wie Jürgen Heimath verzichten“, erklärt er. „Dieser Streit muss aufhören.“

Der SPD-Distrikt Eißendorf schlägt deshalb vor, Jürgen Heimath auf Platz Eins der Bezirksliste zu setzen. Damit ist Eißendorf nicht alleine, auch andere Distrikte haben dies schon vorgeschlagen. Auf Platz Drei soll nach Willen der Eißendorfer Muammer Kazanci kandidieren. Er wird dem anderen parteiinternen Lager zugerechnet.

„Das verdeutlicht, dass wir die Lager zusammenbringen wollen“, sagt Czech. „Als Kreisvorsitzender würde ich gerne eine geschlossene SPD in den Bezirks- und Europawahlkampf führen.“ Ob ihm das gelingen kann, ist unklar. Matthias Czech wird selbst dem Fuß- und Ulrich-Lager zugerechnet, weil er sich ebenfalls für die AG Migration einsetzte. „Wenn wir in einem Bezirk, wie Harburg die Migranten nicht in die Politik integrieren, vertreten wir doch große Teile der Stadtbevölkerung gar nicht“, begründet er sein Engagement.

Bis zur Kreisdelegiertenversammlung will Matthias Czech versuchen, wenigstens bei der Aufstellung der Bezirkskandidatenliste Einigkeit unter den Genossen zu schaffen und sich so als Integrationsfigur zu etablieren. Sollte Czech gewählt werden, bleibt ihm nicht viel Zeit, die Truppen zu einen und den Wahlkampf zu führen: Die Wahl zur Bezirksversammlung findet am 25. Mai, parallel zur Europawahl statt, nur zwei Monate nach der Kreisdelegiertenversammlung.

Sollte Frank Richter gegen Matthias Czech gewinnen, hat er diesmal tatsächlich eine Mehrheit, die auch psychologisch eine wichtige Legitimation darstellt. Das Rennen ist eröffnet und die Kreisdelegiertenversammlung verspricht in jedem Fall sehr spannend zu werden.