„Fair Glühen“ Der Harburger Weltladen lädt zu Glühwein, Punsch und einem weihnachtlichen Geschenkestöbern in das kleine Geschäft neben dem Rathaus ein.
Harburg. Im Weltladen wirkt Bernd J. F. Kähler, als ob er zum Inventar gehört. Nicht dass er den Eindruck erweckt, tote Materie zu sein, aber er passt einfach hierher. Das hängt wohl damit zusammen, dass er von Anfang an dabei ist. In einer Zeit, in der der Weltladen noch gar kein Laden war, sondern eine kleine Initiative in der Johannisgemeinde und er dort der Pastor war. Das war in den 80er-Jahren.
„Ich hatte mich schon vor meinem Theologiestudium in der Dritte-Welt-Politik engagiert“, sagt er, „und habe eine Zeitlang als Entwicklungshelfer gearbeitet.“ Als Pastor unterstützte er die Initiative, die sich für einen fairen Handel mit Entwicklungsländern einsetzt, mehr, als er mitarbeiten konnte. Jetzt als Ruheständler bringt er sich hier ein. Er ist einer von 12 Freiwilligen, die in dem kleinen Laden an der Julius-Ludowieg-Straße Lebensmittel, Genussmittel und schöne Dinge aus unterprivilegierten Ländern verkaufen.
Was früher „Dritte-Welt-Laden“ hieß, heißt heute einfach nur Weltladen. „Es hat ja ein Wechsel der Sichtweisen stattgefunden“, erklärt Kähler. „Früher hielten wir die westlichen Industrieländer für die erste, die kommunistischen Länder für die zweite und den Rest für die dritte Welt. Einige Idealisten glaubten damals, dass sich aus der Entwicklung der dritten Welt ein Vorbild für die erste und zweite ergeben könnte. Das ist ja so nicht eingetreten und auch die zweite Welt gibt es nicht mehr. Heute sehen wir die ganze Welt als eine einzige Welt.“
Weil es zwischen reichen und armen Ländern aber immer noch nicht gerecht, sondern eher im alttestamentarischen Sinne brüderlich zugeht, sehen die Betreiber der Weltläden auch immer noch die Notwendigkeit, fairen handel zu propagieren. Sie wollen, dass die Produzenten ihrer Ware von den verkauften Produkten anständig leben können und Zugang zu Bildung und zum Gesundheitswesen haben.
Die Preisdiktate westlicher Großeinkäufer und lokaler Großhändler verhinderten dies oft. Gerade bei den beliebten Genussmmitteln Kaffee und Kakaoleben die Produzenten oft in großer Armut. In manchen Regionen machen kleine Kaffeebauern derzeit sogar Verluste. Fair-Trade- Initiativen versuchen, den Großhandel zu umgehen und durch ein eigenes System mit geringerem Profit zu ersetzen. Aus der geringeren Marge und dem höheren Verkaufspreis ergeben sich Einkaufspreise, von denen die Bauern auch etwas haben.
Genussmittel sind längst nicht alles, was fair gehandelt werden kann: Handtaschen, Obstkörbe, Meditationsschalen, Schmuckstücke, Tonträger und Spielzeuge gehören genauso zum Sortiment des Weltladens. „Oft kommen Leute rein und bummeln einfach staunend die Regale entlang“, sagt Kähler. „Meistens kaufen die dann auch etwas.“ Neben der Laufkundschaft verfügt der Harburger Weltladen über ungefähr 600 Stammkunden.
Für Sonnabend, 7. Dezember, lädt der Weltladen zu einer besonderen Aktion ein: Es gibt Glühwein, mit Zutaten aus fairem Handel. Von 10 bis 14 Uhr kann man in dem Geschäft gleich neben dem Harburger Rathaus den Genuss mit einem ruhigen Gewissen und einem weihnachtlichen Regalbummel verbinden: Das Motto: „Fair Glühen".