Östlich des Harburger Bahnhofs gibt es bereits eine Obdachlosenunterkunft und eine Asylunterkunft. Nun soll auch noch eine Zentrale Erstaufnahme für 300 Asylsuchende eingerichtet werden

Harburg. Im Gespräch, das die Bürgerinitiative Wetternstraße am Donnerstagabend mit Innensenator Michael Neumann und Bezirksamtsleiter Thomas Völsch im Harburger Rathaus führte, kam heraus, dass die Entscheidung längst getroffen ist: In dem nur noch in Teilen genutzten Postgebäude an der Harburger Poststraße 1 soll so schnell wie möglich eine Zentrale Erstaufnahme für Asylsuchende eingerichtet werden. Innensenator Michael Neumann hatte gegenüber den Vertretern der BI Wetternstraße deutlich gemacht: „Die Post wird Zentrale Erstaufnahme, egal wie die Bezirksversammlung Harburg in ihrer Sitzung am kommenden Dienstag auch entscheidet.“

Dazu Bezirksamtsleiter Thomas Völsch: „Wir haben in einer guten Atmosphäre mit den Vertretern der BI Wetternstraße die Problemlage erörtert. Die Fachbehörde muss wegen der erheblich angestiegenen Zahl Asylsuchender möglichst rasch zu einem Ergebnis kommen und menschenwürdige Unterkünfte schaffen. Das Postgebäude in Harburg stellt sich mit Größe und Ausstattung als bestens geeignet dar. Für die künftige Nutzung läuft nun ein Anhörungsverfahren, in dem die Bezirksversammlung ihre Stellungnahme abgibt aber selbst keine Entscheidung treffen kann.“

Während die Fraktionen der Linken und der Grünen sich bereits für die Einrichtung einer Zentralen Erstaufnahme in der Post ausgesprochen hatten, positionierten sich CDU und FDP mit ihren Stellungnahmen noch prüfend bis ablehnend, weil das soziale Gefüge im Bezirk und der bereits hohe Migrantenanteil keine zusätzlich Belastung mehr verkraften könnten. Auch die SPD tut sich schwer, in der Angelegenheit zu einer abschließenden Beurteilung zu kommen. In ihrer Fraktionssitzung am Donnerstagabend kamen die Sozialdemokraten zu keinem Ergebnis und wollen nun in ihrer Fraktionssitzung, unmittelbar vor der am Dienstag um 17.30 Uhr im Rathaus beginnenden Bezirksversammlung, ihre Position festlegen.

Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath: „Wir machen uns die Entscheidung wirklich nicht leicht. Wir sehen die Notwendigkeit, dass die Stadt den asylsuchenden Menschen eine vernünftige Unterkunft anbietet, wir sind uns aber nicht sicher, ob gerade dieser Bereich Harburgs noch eine weitere Unterkunft verträgt. Ich verstehe die Besorgnis der Bewohner von der Wetternstraßen-Siedlung. Es sind 110 Menschen, die dort dauerhaft leben und bereits seit Jahrzehnten die Obdachlosenunterkunft Wetternstraße 6 mit inzwischen 210 ständig wechselnden Bewohnern vor ihrer Haustür haben. In unmittelbarer Nähe ist jetzt auch die Asylunterkunft Lewenwerder mit 110 Plätzen eingerichtet. Das Postgebäude ist sicherlich eine geeignete Immobilie für die Unterbringung von Asylsuchenden. Aber es befindet sich auch nur wenige Hundert Meter von der Wetternstraße entfernt und soll 300 Menschen aufnehmen. Das Postgebäude ist in Ordnung aber es befindet sich am falschen Fleck.“

Iwona Mazurkiewicz, Sprecherin der Bürgerinitiative, hat in dem Zusammenhang eine leise Hoffnung: „Der für das Gebiet geltende Bebauungsplan Harburg 38/Neuland 8 beschreibt die Flächennutzung für Gemeinbedarf wie Schule oder Kindergarten aber nicht für Wohnen. Wenn für Wohnzwecke der Bebauungsplan geändert werden müsste , wäre das eine Angelegenheit des Bezirks und könnte von der Fachbehörde nicht übergangen werden“, sagt sie, wobei sie nicht sicher ist, ob Informationen hundertprozentig richtig sind.

Zur Sitzung der Bezirksversammlung werden die Bewohner der Wetternstraße zahlreich erscheinen, kündigt sie an. Und sie wollen, wenn möglich, dort auch ihre Sicht der Dinge vortragen. Mazurkiewicz: „Die Senatsentscheidung erfolgt ohne Rücksichtnahme auf die Menschen, die dauerhaft hier in Harburg angesiedelt sind. Wir Anwohner haben das Problem, dass wir nicht nur täglich an der Obdachlosenunterkunft vorbei gehen müssen, und schon häufiger mit Besuchern der Einrichtung Auseinandersetzungen hatten, die von Polizei, Politik und Verwaltung leider nicht ernst genommen werden, für uns aber außerordentlich belastend sind. Auf dem Weg zum Bahnhof oder in die Stadt kommen wir zwangsläufig an der Post vorbei. Da werden dann künftig viele der 300 ständig wechselnden Bewohner auch abends auf dem Platz vor der Post und dem Bahnhof stehen. Das ist eine erschreckende Vorstellung.“

In der Zentralen Erstaufnahme sollen etwa 300 Asylsuchende während ihres drei Monate dauernden Prüfverfahrens untergebracht werden. Das Postgebäude soll für zehn Jahre gemietet werden. Die Hamburger Aufnahmeeinrichtungen sind bereits überbelegt.