Vor zehn Jahren wurde bereits der Turm der Heimfelder Sankt-Paulus-Kirche saniert. Der ist Wind und Wetter besonders ausgesetzt. Nun sind es die Steine am Kirchenschiff, die ausgetauscht werden müssen.

Heimfeld. Der Zahn der Zeit muss zum Gebiss des Teufels gehören, sonst würde er nicht an Gotteshäusern nagen. Weil er das aber tut, werden Gotteshäuser dann und wann zu Baustellen, so wie jetzt die Sankt-Paulus-Kirche in Heimfeld. Das 1906 errichtete Gebetsgemäuer bestimmt das Heimfelder Ortsbild und ist Keimzelle des Quartiers. Alle Hauptstraßen Heimfelds laufen auf das Gebäude zu. Die Kirche ist in norddeutscher Neo-Backsteingotik gestaltet – und da liegt das Problem: Die Verblendung der Außenmauern beginnt zu bröckeln. Bevor Stücke abfallen, muss der Bausanierer ran. 450.000 Euro wird die Instandsetzung kosten. Bis zum Frost will und muss man fertig sein.

Wie zum Beweis für die Notwendigkeit der Sanierung bricht das Mauerstück, das Maurermeister Jens Schaper in die Tischmitte hält. Mit lauten Poltern landen zwei Drittel des Stückes auf die Tischplatte, Kugelschreiber hüpfen auf Notizblöcken, Seltergläser klirren aneinander. Schaper zeigt, das Problem: Während der Kern der Kirchenmauern aus groben ganzen Ziegeln besteht, sind die Verblendersteine dünner: Hier sind Riemchen und Viertelsteine verbaut. „Das Problem ist nicht der Stein, sondern die Fuge“, sagt Schaper. „Die Verblender sind Klinker und ziemlich wetterbeständig. Durch die Fugen kann mit der Zeit allerdings Wasser ins Mauerwerk eindringen. Wenn das gefriert, dehnt es sich aus und die Verblender lösen sich von der Mauer.“

Architekt Bernd Reidath vom Büro „Werk & Stadt“ vergleicht das mit der Erhaltung alter Autos: Wenn man weiß wo der Rost anfängt, kann man rechtzeitig vorbeugen, bevor man schweißen muss. Könnte man absehen wann die Fugen anfangen, Wasser einzulassen, hätte man rechtzeitig die Fugen sanieren können. „Da sich aber, wie bei einem Auto, die Wartungsintervalle mit der Zeit immer weiter verkürzen, ist der Schaden manchmal schon da, wenn die nächste Inspektion anliegt.“

Vor zehn Jahren musste deshalb bereits der Turm der Paulus-Kirche saniert werden. Der ist Wind und Wetter besonders ausgesetzt. Nun sind es die Steine am Kirchenschiff, hauptsächlich an den Strebpfeilern, die wie Stützen von den Mauern abgehen. 12.000 der 100.000 Backsteine müssen ersetzt werden. Welche, fanden Jens Schaper und seine Mitarbeiter durch Hämmern und Hinhören heraus: Am Klopfklang der Klinker erkannten sie, welche abgeschlagen werden müssen. Schaper und seine Leute können das: Sie sind auf Bauwerkserhaltung spezialisiert. In eineinhalb Tagen war die Inventur der 100.000 Ziegel erledigt.

Damit schlug die Stunde des nächsten Spezialisten: Jörg Fuhrhop. Er besitzt eine Spezial-Ziegelei in Lüneburg und stellt dort Ziegel neu her, die wie alte aussehen: „Ich klopfe einen Stein auf, um zu sehen, wie der Originalfarbton des Tons war, bevor der Stein verwitterte. Danach suche ich den Ton aus, aus dem ich den Stein brenne“, sagt er. „Ich habe da verschiedene Quellen, bis nach Süddeutschland und Polen.“

Neben der Farbe muss auch die Form stimmen: Nur etwa 10.000 der 12.000 benötigten neuen Steine haben Standardmaße. Knapp 2000 sind so genannte Formsteine, die an Gesimsen, Vorsprüngen, Ecken und Verzierungen gemauert waren. 22 verschiedene Modelle musste Fuhrhop nachformen. Für die Sondersteine fertigt er Brennformen aus Gips an. Mittletweile hat Fuhrhop geliefert, Schaper kann loslegen.

Der Aufwand, den Architekten, Maurer und Ziegelmacher betreiben, ist groß und nicht billig. 450.000 Euro kostet die Sanierung – Geld, das die Gemeinde aufbringen muss, denn im Finanzgefüge der evangelischen Kirche obliegt die Pflege der einzelnen Gotteshäuser eben den einzelnen Gemeinden, die dafür Rückstellungen aus ihrem Etat zu bilden haben. Dieses Verfahren ist meistens sinnvoll, wenn die Kosten die Rücklagen übersteigen, fangen allerdings die Probleme an.

Die Paulus-Gemeinde hat sich entschlossen, die finanzielle Aufgabe zu stemmen: „Die Alternative wäre ja, die Kirche zu sperren und verfallen zu lassen“, sagt Pastor Frank-Ulrich Schoeneberg. Das wollte man nicht, auch wegen der Identifikation der Heimfelder mit dem Bauwerk. Um die Sanierung zu finanzieren, hat die Kirche ihr Gemeindehaus vermietet und teilt sich nun eines mit der benachbarten Petrus-Gemeinde. Außerdem gab es insgesamt 35.000 Euro Zuschüsse vom Denkmalschutzamt und der Nordkirche sowie 25.000 Euro aus 180 Privatspenden. „Weitere Spenden sind natürlich willkommen“, sagt Schoeneberg. Spenden können auf folgendes Konto überwiesen werden: Kirchenkreis Hamburg-Ost, Konto-Nummer 110012440 bei der Evangelischen Darlehensgenossenschaft Kiel, Bankleitzahl 21060337. Verwendungszweck: Spende Sanierung Sankt Paulus