Ex-Michel-Pastor Helge Adolphsen appelliert an das Überwinden von Berührunsängsten
Auch der Harburger Hospizverein ist an der Hospizwoche beteiligt. Seit über zehn Jahren engagieren sich Viele, besonders das Hausbrucher Ehepaar Dr. Heike und Hartwig Buck. Alle stehen nun kurz vor dem Ziel: Gemeinsam mit dem DRK, dem kompetenten Träger, fiebern sie der Eröffnung des Hospizes mit zwölf Plätzen in Langenbeck im Dezember entgegen. Und laden am 26. Oktober d.J. ab 11 Uhr zu Führungen auf der Baustelle im Blättnerring 18 ein. Ein zweites Hospiz nach dem Buchholzer für 300.000 Menschen in der Region von Wilhelmsburg bis Seevetal. Unbedingt wohnortnah soll es sein, damit Angehörige, Nachbarn und Freunde ihre Vertrauten besuchen können. Schwerstkranke brauchen menschliche Wärme.
Der Verein hat nicht nur 300.000 Euro zusammengebracht, sondern auch 35 ehrenamtliche Hospizhelfer ausgebildet. Im nächsten Jahr werden es 50 sein. Da die meisten Menschen sich wünschen, zu Hause zu sterben, ist es die vornehmste Aufgabe des Vereins, Sterbenskranke und ihre Angehörigen in ihren eigenen vertrauten Räumen zu begleiten, nach Fertigstellung des Hospizes auch im neuen Haus. Seit vielen Jahren ist mir die Hospizarbeit vertraut. Im Hamburger Hospiz Helenenstraße habe ich mich engagiert. Ich habe Menschen in anderen Hospizen seelsorgerlich begleitet. In allen gibt es keine „Patienten“. Aber „Gäste“. Ihre Zimmer haben keine Krankenhausbetten. Es sind wohnliche Räume wie zu Haus. Manche mit einem Bettsofa für Angehörige. Ich habe erlebt, dass die Ehefrau eines Freundes dort einzog für die letzten Wochen ihres Mannes. Und mit dem geliebten Hund. Die Häuser haben Gästezimmer, Küchen und Aufenthaltsräume. Sie führen Ausstellungen mit Bildern durch, die die „Gäste“ kreativ gestaltet haben. Immer brennt eine Kerze neben einem Buch, in dem die Namen der Verstorbenen zu lesen sind. Trauer wird sichtbar, die Verstorbenen werden nicht vergessen.
Was Hospizhelfer ambulant und die Fachkräfte in den stationären Hospizen leisten, ist großartig. Der ganzheitliche Ansatz der Begleitung umfasst medizinische Versorgung durch Ärzte von außen, psychosoziale Betreuung, Seelsorge, Musik-, Mal und Schmerztherapie.
Das neue Hospiz hatte nicht nur Förderer und Freunde. Das Hamburger Abendblatt hat vor einiger Zeit über die Einwände und Proteste von Anwohnern im Blättnerring berichtet. Sie sorgten sich um ihre Wohn- und Lebensqualität. In Harburg und ganz Hamburg machte sich Empörung breit über so wenig Verständnis und so viel Egoismus. Leider ein bekanntes Phänomen in unserer Stadt. Klagen von Nachbarn bei Gerichten beim Bau von Kindergärten in Wohngebieten und bei sozialen Einrichtungen wie für benachteiligte Mädchen in Hausbruch haben zu Recht Schlagzeilen gemacht. Gottlob haben die Menschen in Hamburg ein starkes soziales Gewissen und akzeptieren keinen kalten und herzlosen Umgang mit Menschen, die auf Hilfe und Förderung ihrer Lebensqualität angewiesen sind.
Aber inzwischen ist es zu guten Lösungen gekommen. Die Verantwortlichen im Kreisverband des Roten Kreuzes und im Hospizverein hoffen, dass noch vorhandene Berührungsängste mit dem Thema Sterben und Trauern abgebaut werden. Als Seelsorger empfehle ich, an die alte christliche Tradition anzuknüpfen. Nach ihr wird der Tod als ein natürlicher Teil unseres Lebens verstanden. Die „Kunst des Sterbens“ ist im besten Sinne Lebenskunst – ein bewusstes Leben mit der eigenen Endlichkeit. So wie es die amerikanische Nonne Coretta formuliert hat: „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.“ Oder wie es im Psalm 90 heißt: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“
Es ist übrigens nicht klug, diese Lebenskunst auf die Fachkräfte in Hospizen und die Sterbebegleiter abzuschieben. Auch im Hospiz sollten wir die uns lieben Menschen begleiten. In einem der Harburger Hospizbriefe steht das Vereinsmotto: „Gib mir deine Hand. Ich werde sie halten, wenn du einsam bist. Ich werde sie wärmen, wenn dir kalt ist. Ich werde sie streicheln, wenn du traurig bist. Ich werde sie loslassen, wenn du frei sein willst.“