Frank Ilse, Leiter der Regionalredaktion Harburg und Umland, geht ab sofort jede Woche mit einer Person aus Harburg oder dem Landkreis frühstücken. Die bringt immer etwas mit, das beim Frühstück unverzichtbar ist.
Harburg – „Grille“ fühlt sich wohl. Prima Luft, Sonne, leichte Brise, die ein oder andere Ente auf dem Wasser verlangt Aufmerksamkeit. Hin und wieder lässt eine wohlmeinende Hand gekochten Schinken rüberwachsen, in Streifen geschnitten, den „Grille“ gekonnt in ihrer wohlgestutzten Drahthaarschnauze verschwinden lässt. Mehr geht nicht. Die fünfjährige Hündin frühstückt mit Genuss.
Dabei ist sie nicht allein, die wohlmeinende Hand gehört Franziska Wedemann, die „Grilles“ Leine um ein Stuhlbein geschlagen hat. „Normalerweise ist auch noch unsere Rauhaardackeline dabei, doch darauf verzichte ich heute, die beiden würden hier sonst zu viel Remmidemmi machen“, sagt sie und lacht. Also heute ohne „Kira“, so heißt die Dackeldame. „Grille“, Deutschdrahthaar aus Schleswig-Holstein, kommt aber auch allein gut klar.
Wir sitzen auf einer Terrasse am Veritaskai und blicken auf den Binnenhafen. Strandkorb dabei – gemütlich. Wir sind sozusagen bei Franziska Wedemann zu Hause, denn das Café gehört ihr. „Hier wollte ich mal etwas richtig Schönes machen, damit Menschen, die mittags ihre Pause verbringen, sich wohlfühlen“, sagt sie. Das ist gelungen, wir fühlen uns wohl, auch schon morgens um 9 Uhr.
Das Ritual mit den Schinkenstreifen ist unverzichtbarer Bestandteil des Wedemannschen Frühstücks. Jeden Morgen bekommen „Grille“ und „Kira“ jeweils eine Scheibe gekochten oder Bierschinken. In Streifen geschnitten. Von Hand. Frei Schnauze.
Abgesehen vom Hundesfrühstück kommt Franziska Wedemann keine Wurst aufs Tablett. Ein Zimtfranzbrötchen und eine große Tasse Milchkaffee, geschäumt, mit Kakaopulver. Das soll alles sein? „Wehret den Anfängen“, sagt sie lächelnd. Das gilt zumindest im Alltag. Als Ausnahme gilt ein Arbeitstag, der schon nachts in der Firma begonnen hat: „Dann geht auch mal ein Mettbrötchen.“
Der Alltag beginnt ohnehin nur selten mit einem gemütlichen Frühstück zu Hause. Franziska Wedemann frühstückt unter der Woche üblicherweise in ihrem Büro im Backhaus, das seit 125 Jahren den Namen der Familie trägt. Morgens um 8 Uhr beginnt sie ihren Arbeitstag, Kaffee und Brötchen bekommt sie dann schon mal gebracht. Eine Stunde auf der Terrasse im Binnenhafen? Undenkbar für die Managerin.
Anders am Wochenende, wirklich zu Hause. Das ist seit einigen Jahren in Maschen. Davor war es Harburg, der Reeseberg genau. Dort ist Franziska Wedemann aufgewachsen. Dort hat sie erlebt, was es heißt, wenn ein Quartier sich wandelt: „Ich kenne viele Wirklichkeiten. Deshalb finde ich es wichtig, jeden Menschen in seiner Ursprünglichkeit und als Individuum zu sehen.“
„Sonnabends und Sonntags habe ich es zu Hause gern gemütlich beim Frühstück. Kaffee, Brötchen mit was Nettem drauf und Zeitung gehören dazu. Ja, richtig aus Papier muss sie sein, ich lese beim Frühstück nicht auf dem Tabletcomputer“, sagt Franziska Wedemann.
Schon gar nicht, wenn sie gemeinsam mit ihrem Mann, „Grille“ und „Kira“ in die Göhrde entschwindet, wo die Wedemanns ihr Jagdrevier haben, Hütte inklusiv. Dort laufen die beiden ausgebildeten Hunde zu großer Form auf und die Firmenchefin lässt die Seele baumeln. „Wenn wir in den frühen Morgenstunden auf dem Ansitz waren und dann in die Hütte kommen ist für mich auch Rührei mit Speck zum Frühstück in Ordnung. Aber dafür muss ich vorher ausgiebig draußen unterwegs gewesen sein“, sagt sie.
In ihrem Revier sind alle wesentlichen Wildarten vertreten, doch das Augenmerk gilt den Schwarzwild. „Wildschweine sind schlau, die imponieren mir. Und sie sind lernfähig. Davon abgesehen finde ich es als Chefin natürlich gut, dass unter ihnen das Matriarchat herrscht“, sagt die passionierte Jägerin. Zugleich beklagt sie die Folgen der „verfehlten Energiewende“ für die Jagd. „Die Schweine leben vornehmlich in den Maisfeldern und tauchen kaum noch im Wald auf. Kein Wunder. Wer auf dem Sofa liegen kann und Chips und Bier gebracht bekommt, steht auch nicht mehr auf, um sich zu bewegen.“