Mit dem Bhakti Yoga Zentrum sind drei Weltreligionen dicht beieinander im Harburger Zentrum vertreten. Harburg gilt als Hochburg des Hinduismus in Hamburg. 1000 Anhänger der Religion sollen hier leben
Harburg. Nur wenige hundert Meter Luftlinie voneinander entfernt sind in Harburgs Zentrum gleich drei Weltreligionen vertreten. Deutlich sichtbares Zeichen der Christen ist die Evangelisch-Lutherische St. Johanniskirche mit ihrem 40 Meter hohen Glockenturm an der Bremer Straße. Drei islamische Gebetsräume, versteckt in Wohnungen oder Gewerbebauten, liegen in unmittelbarer Nachbarschaft. Neu hinzugekommen ist ein hinduistischer Tempel am Krummholzberg.
Nur ein weißes Blatt Papier mit der Aufschrift „Bhakti Yoga Zentrum“ an der Fensterfront des Gebäudes am Krummholzberg 9 weist auf die verborgene heilige Stätte der drittgrößten Weltreligion in Harburg hin. Am Freitag, 13. September, werden Hindus in Harburg mit einer Prozession in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen. Etwa 800 Hindus werden erwartet, wenn sie vor dem Rathaus dem Gott Ganesh huldigen, dabei Lieder singen und eine aus Indien importierte Statue aus Reismehl auf einer Sänfte tragen werden. Der Halbgott mit dem Elefantenkopf ist bei den Gläubigen besonders beliebt. Er gilt als Verkörperung von Glück und Erfolg.
Das Bhakti Yoga Zentrum in Harburg ist der dritte Hindu-Tempel in Hamburg. Afghanische Hindus haben eine Gemeinde in Rothenburgsort. Im Januar 2012 wurde der Jyoti-Maiyya-Tempel am S-Bahnhof Stellingen eingeweiht. Den früheren Tempel des Bhakti Yoga Zentrums an der Eiffestraße in Hammerbrook wollen Hindus übernehmen. Er soll das vierte hinduistische Gotteshaus in der Freien und Hansestadt werden.
Diese Entwicklung zeigt: Der Hinduismus gewinnt offenbar an Bedeutung in Hamburg. „Vor 40 Jahren waren wir Exoten“, sagt Rolf Peters, der spirituelle Leiter des Bhakti Yoga Zentrums. Heute sei die Öffentlichkeit mit zentralen Begriffen des Hinduismus wie die Vorstellung der Wiedergeburt, Karma oder vegetarische Ernährung vertraut.
Etwa 6000 Hindus leben laut dem Bhakti Yoga Zentrum in Hamburg – davon allein 1000 in Harburg. Die meisten von ihnen stammen aus Südindien, sagt Rolf Peters, und arbeiten im Airbus-Werk Finkenwerder. Täglich würden der Flugzeugbauer seine Facharbeiter mit dem sogenannten „Curry-Express“ aus Harburg abholen. Ein indischer Supermarkt am Lüneburger Tor unmittelbar an der Harburger Fußgängerzone ist Ausdruck der Entwicklung.
Die starke Hindu-Kolonie in Harburg sei ein Grund, dass das Bhakti Yoga Zentrum seinen Tempel aus Hammerbrook nach Harburg verlegt hat. Das Gebäude am Krummholzberg biete noch einen anderen Vorteil: Im Erdgeschoss, direkt unter dem Tempel, wäre Platz für ein vegetarisches Restaurant, das die Hamburger Hindus dort gerne einrichten würden, sobald sie es finanzieren können. International sei die Verbindung von Tempeln und Restaurants für Vegetarier üblich, sagt Rolf Peters. „Wir sind eine Religion, die viel Wert auf das Kochen legt“, sagt er.
Der Tempel sei nach der uralten Vastu-Lehre eingerichtet, dem Feng Shui des Hinduismus sozusagen. Das Bhakti Yoga Zentrum plant nach der Architektur-Analyse, den Eingang zu versetzen. In der jetzigen Form strahle er negative Energien aus, sagt Rolf Peters. Eine frühere geplante Nutzung des jetzigen Tempel-Gebäudes war in der Öffentlichkeit umstritten: Ein muslimisches Kaufhaus scheiterte daran, dass der Betreiber nur Muslimen Zutritt gewähren wollte.
Der Hindu-Tempel dagegen steht auch Andersgläubigen offen. Einzige Bedingung: Im Tempel hat jeder Besucher die Schuhe auszuziehen. Jeden Sonntag von 16 bis 20 Uhr kommen im Hindu-Gebetshaus laut Rolf Peters 50 bis 100 Menschen zusammen. Das seien Inder, Deutsche, Russen, Ukrainer Menschen aus den Baltikum. Bei der Zeremonie singen sie Lieder, hören einen Vortrag und nehmen am Ende ein vegetarisches Mahl ein.
Der 61 Jahre alte Rolf Peters lebt in Hittfeld-Emmelndorf und betreibt ein Fahrradgeschäft im Hamburger Universitätsviertel. Der spirituelle Leiter des Hindu-Tempels in Harburg ist von einem Guru in den Hinduismus eingeweiht worden und gilt damit als Priester. Er lehrt an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg und gibt bei Fortbildungen sein Wissen an Behördenmitarbeiter und Polizisten weiter, die viel mit Migranten zu tun haben. Das Bhakti Yoga Zentrum bietet Schulklassen eine Einführung in den Hinduismus an.