Beim Phoenix-Cup des Bürgerzentrums Feuervogel belegt der acht Jahre alte Niclas im heißen Abendblatt-Flitzer den fünften Platz. Insgesamt gingen elf Kisten an den Start.

Harburg. Die letzten Minuten vor dem Start sind für Niclas unerträglich. Er sitzt längst in der grünen Kiste des Hamburger Abendblatts und wartet ungeduldig auf den Startschuss des Seifenkistenrennens im Phoenix-Viertel beim Bürgerzentrum Feuervogel. „Wann geht es endlich los, Mama?“, fragt der Achtjährige. Als es dann soweit ist, kniet sich Amelie Nevermann, 27, die sich als Sozialarbeiterin von der Familienhilfe des Margarenhorts um Niclas’ Familie kümmert, hin und raunt ihm zu: „Ich drück dir ganz doll die Daumen, du kleiner Sportler.“

Die Kiste geht auf die Rampe, Niclas mit der Startnummer Vier steigt ein. Das Startzeichen fällt. Gummi geben, heißt es dann nur noch. Konzentriert schaut Niclas auf die Rennstrecke, fixiert das Ziel und lenkt souverän die grüne Kiste um die Kurve. Die Seifenkiste rauscht den 150 Meter langen Mopsberg hinunter. Die Zeitmesser schauen auf ihre Geräte. 21,46 Sekunden. „Bestzeit“, ruft der Moderator Reiner Jodorf, 60, wenig später in sein Mikrofon. Niclas strahlt.

Schon die Probefahrten vor dem Start hatte der Junge gekonnt gemeistert. Gleichzeitig zu lenken und zu bremsen war für ihn kein Problem. „Hat er toll gemacht“, sagt die Mama Yvonne Schneider, 33, stolz. Niclas hält beide Daumen hoch, als ihn der Stiefvater Norman Lüders, 24, nach Niclas’ Rennen wieder den Mopsberg hochschiebt. Momente wie diese, in denen Stiefvater und Sohn etwas Gemeinsames stemmen, sind von enormer Bedeutung für den Jungen. Niclas hat ein seelisches Handicap und traumatische Erfahrungen mit seinem leiblichen Vater hinter sich. Die Beziehung zum Stiefvater zu festigen, spielt eine zentrale Rolle bei der Arbeit von Familienhelferin Amelie Nevermann.

Ein aufregender Tag also für alle Beteiligten. Und so ganz reibungslos verläuft das Rennen auch nicht. Eine Seifenkiste muss wegen eines technischen Fehlers ausscheiden. Während der Probefahrt ist die Lenkung einer Kiste zu Bruch gegangen. Aber Mitstreiter überlassen ihre Kiste dem unglücklichen Fahrer. „Dass dieses Fair-Play so gut funktioniert, dass andere Teams ihre Fahrzeuge zur Verfügung stellen, finde ich toll“, sagt Moderator Reiner Jodorf.

Bei dem Rennen wird in zwei Klassen unterschieden. In der Kategorie Leichtgewicht nehmen Fahrer teil, die mit der Seifenkiste 90 Kilo nicht überschreiten. Im Schwergewicht, bei dem meistens Eltern und Kinder oder Geschwister gemeinsam fahren, sind bis zu 150 Kilo erlaubt. Niclas muss sich gegen zehn weitere Seifenkisten in seiner Kategorie behaupten. Insgesamt nehmen 25 Fahrer an dem Rennen teil.

Einrichtungen wie das Freizeitzentrum Mopsberg und das Haus der Jugend haben Seifenkisten zusammengebaut und gestellt. Manche sind aber auch das Gemeinschaftswerk von Opa und Enkel oder Vater und Sohn. Der Ideenreichtum ist groß. Die Fahrzeuge reichen von einer lang gestreckten Stretchlimousine bis zu Seifenkisten, auf denen etwa vorne eine Teufelsgabel oder auch eine silberne Maus in Anlehnung an den Mercedes-Stern prangt.

„Wir achten darauf, dass die Seifenkisten sicher sind, dass die Fahrer lenken und bremsen können und es keine scharfen Ecken und Kanten gibt“, sagt Rennleiter Ronald Röpnack, unter dessen Anleitung in der Holzwerkstatt des Freizeitzentrums Mopsberg bereits mehrere Seifenkisten entstanden sind. „Für die Kinder aber ist das Aussehen das Wichtigste.“

Und schnell müssen die Kisten sein. Damit es von der Rampe mit Schwung volle Fahrt voraus geht, hat der Freizeitverein Mopsberg, der das Rennen veranstaltet, einen sanfteren Übergang von der Rampe auf die Straße geschaffen, indem der Verein die Rampe um 30 Zentimeter erhöht und um ein Element erweitert hat. „Dadurch sind die Kisten schneller geworden“, sagt DerClaus Scheffler, 55, der beim Rennen aushilft und fotografiert.

Für Niclas scheint sich das auszuzahlen. Nach dem ersten Durchgang ist nur ein Fahrer schneller als er. Am Nachmittag vor dem zweiten Durchgang versammeln sich immer mehr Menschen am Mopsberg. Die einen oder anderen versuchen sich ein paar kreativen Ideen zur Gestaltung von Seifenkisten zu holen wie ein 48 Jahre alter Vater aus Hamburg-Lurup eingesteht. „Mit den Augen zu klauen ist ja erlaubt“, sagt er.

Auch Karen Gay, 44, aus Heimfeld, die zusammen mit Tochter Emma, 11, und Sohn Paul, 10, das Seifenkisten-Rennen besucht, ist beeindruckt: „Die Autos sind toll.“ Neben dem Seifenkistenrennen zieht auch das Stadtteilfest beim Bürgerzentrum Feuervogel, in dem der Phoenix-Cup eingebettet ist, die Besucher an. Am Ende ist Rennleiter Röpnack sehr zufrieden: „Es waren viele Leute da. Alle Teilnehmer hatten ihre kleine Aufregung und ihr Rennvergnügen, und das ist das Wichtigste.“

Und Niclas? Der saust den Mopsberg mit dem Abendblatt-Flitzer im zweiten Rennen fast so schnell runter wie im ersten Durchlauf. 21,48 Sekunden legt er hin. Er wird Fünfter.