In Harburg stoßen Projekte wie das Neuländer Quarree bereits im Planungsstadium an ihre Grenzen. CDU: “In Sachen Wohnungsbau nimmt die SPD den Mund regelmäßig sehr voll.“
Harburg. Als Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) Anfang Januar die Bilanz der Verwaltung für 2012 zog, feierte er stolz als großen Erfolg auch 743 Baugenehmigungen für verschiedene Arten von Wohneinheiten, die Harburg viele nicht zugetraut hätten. Genehmigt sei zwar noch nicht gebaut, hatte der Verwaltungschef relativierend angefügt, dennoch habe das Bezirksamt 43 Wohneinheiten mehr auf den Weg gebracht, als von der Stadt gefordert. "Und auch 2013 werden wir unsere Sollzahlen erreichen", gab sich Völsch seinerzeit überaus optimistisch.
So viel Zuversicht mögen die hiesigen Christdemokraten derweil nicht teilen. "In Sachen Wohnungsbau nimmt die SPD den Mund regelmäßig sehr voll. Außer großspurigen Ankündigungen ist bislang aber nicht viel passiert", sagt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer. Im Vorfeld der nächsten Sitzung der Bezirksversammlung am 21. Mai hatte seine Fraktion gleich vier neue Anträge zu bekannten Wohnungsbauinitiativen gestellt. Weil es an allzu vielen Stellen "hake" und vehemente Nachfragen dringend geboten seien.
Zu Fischers großer Überraschung sind alle vier Anträge im Hauptausschuss am 7. Mai mit den Stimmen der Sozialdemokraten bereits beschlossen und an den Stadtplanungsausschuss überwiesen worden. "Ein bemerkenswerter Sinneswandel", so Fischer: "Bisher ist das Gros unser Anträge zum Thema von der SPD gleich abgelehnt oder später in den Ausschüssen still beerdigt worden. Offenbar geht in der SPD die Angst um, am Ende der Legislatur nicht genug vorweisen zu können."
Das mag sein Pendant, SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath, nicht unwidersprochen lassen. "Die Vorwürfe der CDU sind nicht zutreffend und weder sachdienlich noch zielführend", sagt Heimath. Während es die CDU vor dem Machtwechsel nicht geschafft habe, den Wohnungsbau voran zu bringen, sei das Thema jetzt auf einem sehr guten Weg. "Die CDU weiß sehr genau, dass die Umsetzung von Bauvorhaben ein komplexer Prozess ist, in den auch Investoren, Projektentwickler und Wohnungsbaufirmen involviert sind. Und dass es immer wieder zu speziellen Problemen kommen kann, die ein Bauvorhaben verzögern kann", so Heimath.
Als prägnantes Beispiel dafür gilt das Projekt Technologiepark Neuländer Quarree. Bereits im März 2012 hatte es Bezirksamtsleiter Thomas Völsch öffentlichkeitswirksam präsentiert. In diesem Jahr sollte es den ersten Spatenstich geben, die Fertigstellung war für 2015 avisiert worden. Dieser Zeitplan dürfte indes kaum noch zu halten sein.
"Wir haben als Bezirk sehr großes Interesse daran, auf dem Gelände an Hannoverscher Straße und Neuländer Straße das Neuländer Quarree mit dem Technologiepark und dem Wohnungsbauabschnitt von einem privaten Investor verwirklicht zu bekommen", sagte Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses. Und Penner bedauerte, dass der bisherige Versuch einer Befreiung vom geltenden Bebauungsplan "Harburg 62" einer juristischen Prüfung nicht standgehalten habe. Für Wohnungsbau ist das ehemalige Bahngelände nach Paragraf 7 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung ausdrücklich nicht freigegeben. Nun soll der B-Plan durch entsprechende Textänderung genehmigungsfähig gemacht werden. Die SPD-Mehrheit stimmte dafür und entschied auch, dass auf eine öffentliche Plandiskussion verzichtet werden soll.
Die CDU trägt die Entscheidungen nicht mit, wünscht ein lückenlos sauberes B-Planverfahren unter Bürgerbeteiligung und weist auf mögliche Gefahren durch das Chemieunternehmen Biesterfeld/Brenntag hin, das sich in Nachbarschaft an der Hannoverschen Straße befindet. Ebenso strittig sind Lärmbelastungen vom nahen Bahngelände für Wohnungsbau. Der Bauinvestor soll ein Lärmgutachten bezahlen. Nun drängt auch die Deutsche Bahn AG. Sie zieht das 45.000 Quadratmeter große Grundstück vermutlich noch dieses Jahr wieder an sich, wenn das Projekt nicht vorwärts kommt.
Der Wohnungsbau ist für den Investor Günter Schönfeldt wegen schneller Rendite notwendig. Appartements und Mietwohnungen für etwa 600 Menschen sollen geschaffen werden, darunter in einem zwölfgeschossigen Hochhaus. Zur Lärmvermeidung soll Verkehr von der Neuländer Straße zur Seevestraße verlagert werden. Dezernent Penner plant dafür eine provisorische Ampelanlage an der Ecke Seevestraße/Hannoversche Straße.