Die Straße bei Finkenwerder ist so gut wie fertig. Fußgänger und Radfahrer können den 5,5-Kilometer-Bau am Sonntag begutachten.
Finkenwerder. Mehr als 30 Jahre lang waren viele der gut 12 500 Bewohner der früheren Elbinsel Finkenwerder auf den Beinen und demonstrierten für den Bau einer Umgehungsstraße, die das Ortszentrum vom zunehmenden Durchgangsverkehr (etwa 25 000 Fahrzeuge täglich) entlasten sollte. Jetzt ist es soweit: Nach gut drei Jahren Bauzeit ist die Umgehungsstraße Finkenwerder, bislang noch kurz UFI genannt, fast fertiggestellt.
Zum Kennenlernen der 5,5 Kilometer langen, zweispurigen Stadtstraße gibt es vor der offiziellen Eröffnung bereits am kommenden Sonntag, 9. Dezember, 10 bis 16 Uhr, ausschließlich für Fußgänger oder auch Radfahrer einen "Tag der offenen Straße", sofern das Winterwetter die Besichtigung zulässt. Die eigentliche Eröffnung und Verkehrsfreigabe ist für Mittwoch kommender Woche vorgesehen. Später soll die Straße auch einen offiziellen Namen erhalten.
Noch wird an der Strecke gearbeitet, Verkehrsschilder mit der Tempobegrenzung 50 km/h oder 60 km/h werden montiert. An der UFI-Anschlussstelle Finkenwerder Straße/Auedeich sind Männer vom Energieerzeuger Vattenfall dabei, die Kabel für Straßenlaternen anzuschließen. Im Hakengraben neben der Umgehungsstrecke prüfen Bauingenieure vom Schlauchboot aus die Wassertiefe. Holzbefestigungen werden ins Grabenufer gepresst zum Schutz vor Bisamratten, die in dem Gebiet schon viele Löcher gegraben haben. Der 2,5 Kilometer lange und zwei Meter hohe Sichtschutzzaun zum Naturschutzgebiet Alte Süderelbe, einem Rückzugsort zahlreicher Vogelarten, steht ebenfalls vor der Vollendung. Im Abschnitt des Naturschutzgebiets gibt es keine Straßenbeleuchtung. Neben der Straße befindet sich auch kein durchgehender Geh- und Radweg. Eine Wegeverbindung zweigt zur Hohenwischer Straße nach Francop ab, auf einem Teilstück befindet sich ein Schauweg, parallel zum Hakengraben.
Der Bau der Umgehungsstraße hat nicht nur Jahrzehnte für Trassenfindung und Planung in Anspruch genommen. Auch nach der Trassenfestlegung - südliche Umfahrung der Alten Süderelbe und der Hafenschlickdeponie Blumensand/Francop - gab es fast fünf Jahre Stillstand. 40 Obstbauern, die nicht nur für die UFI insgesamt 7,5 Hektar ihrer Plantagen hergeben mussten, sondern auch 80 Hektar für den geplanten Bau der Autobahn A26, hatten 2005 einen Baustopp erwirkt. Außer finanzieller Entschädigung hatten sie auch Ersatzflächen für den Obstanbau gefordert, um in ihrer Existenz nicht gefährdet zu sein. In der Verhandlung hatten sie Geschlossenheit gezeigt: Entweder alle würden entsprechend entschädigt oder keiner gebe für den Straßenbau sein Land her.
Reinhard Stadie, 61, UFI-Projektleiter der Hamburger Realisierungsgesellschaft (ReGe) erinnert sich: "Am 31. März 2009 waren alle Forderungen erfüllt und der letzte Vertrag war unterzeichnet. Wir konnten den zuvor schon angefangenen Bau fortsetzen." Für die Abwicklung des Verfahrens war der mit 42 Millionen Euro bestückte Treuhandfonds Süderelbe eingerichtet worden. Für die Planung der UFI ist der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) zuständig, für die Abwicklung des Bauprojekts, wozu auch der Grundstückskauf gehört, die ReGe. Das gesamte Bauprojekt kostet etwa 100 Millionen Euro.
Für das Geld gibt es je Richtung nicht nur einen jeweils 3,25 Meter breiten Fahrstreifen, sondern auch insgesamt sechs Brückenbauwerke - zwei zur Überquerung von Alter Süderelbe und Hakengraben sowie vier Brücken, um Tieren einen sicheren Revierwechsel zu bieten. Die zwischen Naturschutzgebiet und Obstplantagen verlaufende Straße bietet auch einen fest installierten Schutzzaun für Kröten und Frösche, ein sogenanntes Amphibien-Leitsystem. Die etwa 30 Zentimeter hohe Blechwand soll verhindern, dass die Tiere auf die Fahrbahn hüpfen, leitet sie zu zahlreichen Tunneln, die unter der Fahrbahn hindurch führen.