Die Bewohner sowie die Stadtplaner haben ein Zukunftsbild für das Quartier entworfen. Der Bezirk Mitte soll die Planung übernehmen.
Georgswerder. Künstler öffnen ihre Ateliers, wenn Markttag ist. Mehrere Händler, ein Friseur und ein Bäcker haben sich an der Plaza im Ortskern angesiedelt. Hamburger kommen mit dem Fahrrad, machen einen Ausflug auf den 40 Meter hohen Energieberg mit Blick auf den Hamburger Hafen. An dessen Fuß forschen Wissenschaftler nach neuen Umwelttechnologien. Geht es nach jetzigen Bewohnern im Norden der Elbinsel Wilhelmsburg, könnte ein ganz normaler Tag im Jahr 2025 in dem beinahe vergessenen Ortsteil Georgswerder genau so aussehen.
Die Gesellschaft Internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg hat zusammen mit Einwohnern und Stadtplanungsbüros ein halbes Jahr lang ein Zukunftsbild für Georgswerder entworfen. Das Ergebnis haben Einheimische und Projektkoordinatorin Simona Weisleder jetzt im IBA-Dock auf der Veddel vorgestellt. Nach diesem Wunschbild soll sich Georgswerder bis 2025 zu einem einzigartigen Quartier entwickeln, weil man nirgendwo sonst in Hamburg so citynah in grüner Landschaft wohnen könne. Die Menschen in Georgswerder träumen von neuen Nachbarn, einem Café, mehreren Lebensmittelhändlern, einem Grillplatz, einem Bootsverleih, dem Erhalt ihrer bedrohten Grundschule und der Natur, einem Künstlerhaus, sanierten Häuserfassaden und Straßen.
Voraussetzung dafür sei der Zuzug neuer Bürger, sagt der Ingenieur René Perio, der seit 33 Jahren in Georgswerder wohnt. Nur so könne der Ortsteil, in dem mehr als 2000 Menschen leben, attraktiv für die Ansiedlung von Geschäften sein. Und nur so könne die Grundschule überleben. Wer herzöge, müsse solvent sein, sagt Perio. Große Mietshäuser sollen die Bebauungspläne also nicht vorsehen. Schritt für Schritt soll der Zuzug nach Ansicht von Andrea Schwegler, 51, aus Georgswerder erfolgen. Erst für 200, dann vielleicht für 400 Menschen. Im Westen fahren alle Züge, die Hamburg in Richtung Süden verlassen, an Georgswerder vorbei. Im Osten verläuft eine Autobahn. Zusätzlichen Lärmschutz zu schaffen, sagt René Perio, sei deshalb wichtig, um das Quartier attraktiver zu machen.
Jahrzehntelang hat ein Deponiehügel den Ortsteil in Verruf gebracht. Das Zukunftsbild 2025 soll helfen, das Image aufzupolieren. Aus der Deponie ist inzwischen ein Ausflugsort geworden, an dem erneuerbare Energien gewonnen werden. Auf dem Energieberg wird im kommenden Jahr ein Rundweg eröffnet, von dem man sogar den Michel sehen kann. 22 Hektar, eine Fläche so groß wie die Binnenalster, werden Ausflügler betreten können.
Das Zukunftsbild sieht kurzfristige Maßnahmen zur Aufhübschung bis zur Eröffnung der IBA 2013 vor. Bewohner und Stadtplaner schlagen vor, den Sendemast am Ortseingang von einem Künstler gestalten zu lassen. Plakatwände sollen wie in einem Potemkinschen Dorf den hässlichen Bauzaun an der Einfahrt Fiskalische Straße verstecken. Stadtplaner raten, den Ortseingang überhaupt erkennbar zu machen.
Mittelfristig bis etwa zum Jahr 2020 sollen Häuser saniert und am Niedergeorgswerder Deich Mehrfamilienhäuser in Größe der vorhandenen Gebäude gebaut werden. Möglichst noch schneller soll eine neue Mitte mit Plaza und Künstlerhaus entstehen. "Ein Dorfplatz nahe der Schule mit Café und Wochenmarkt, dort könnten sich auch ein Schlachter und ein Bäcker ansiedeln", sagt Kristin Osterhoff, 36, die vor eineinhalb Jahren aus Bahrenfeld nach Georgswerder gezogen ist. Langfristig soll eine von Einheimischen gewünschte Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Norderelbe gebaut werden.
Nicht alles werde möglich sein, warnt Bodo Hafke, Baudezernent im Bezirksamt Hamburg-Mitte, vor zu hohen Erwartungen. Die notwendigen Verhandlungen mit Grundeigentümern, ihre Häuser zu sanieren, seien schwierig und würden sich wohl jahrelang hinziehen. Die Sanierung aller Straßen gelte als unwahrscheinlich. Auch das Investitionsvolumen habe noch niemand kalkuliert, so René Perio.
Dennoch soll sich das von IBA und Bürgern erarbeitete Wunschbild zu einem verbindlichen Plan entwickeln. Der Stadtplanungsausschuss im Bezirk Hamburg-Mitte wird sich damit befassen, kündigt Hafke an. Ziel der Einwohner ist, dass der Bezirk das Zukunftsbild als seine Planung für Georgswerder übernimmt.
Die Bürger in Georgswerder haben deutlich gemacht, dass sie weiter mitreden und Einfluss nehmen wollen. Die vor Kurzem initiierte Stadtwerkstatt "Zukunftsbild Elbinseln 2013+" soll das Forum dazu sein.