17 Familien gingen bei der Platzvergabe im Neu Wulmstofer Neubaugebiet leer aus. Sie klagen jetzt über eine schlechte Planung.
Neu Wulmstorf. Kerstin Klauck hatte versucht, alles richtig zu machen. Ihre Tochter Lena war gerade im März geboren, und die Mutter suchte schon kurz darauf regelmäßig das Internet nach einem Anmeldeformular für die Kita ab, die im Neu Wulmstorfer Neubaugebiet Apfelgarten gebaut werden soll. Die 37-Jährige wollte den Anmeldestart nicht verpassen und ganz sicher gehen, dass sie einen Platz ergattert.
Denn ihrem Arbeitgeber in Heimfeld hatte die EDV-Dozentin zugesagt, im kommenden Jahr wieder zu arbeiten. Ihre Kita-Anmeldung war unter den ersten zehn. Aber am Ende hat sie doch eine Absage bekommen. So erging es insgesamt 17 Familien, die im Apfelgarten ihre Häuser gebaut haben. Und das, so sagen die Mütter, obwohl die LEG Entwicklungs GmbH als Grundstücksvermarkter mit der Kita im Neubaugebiet massiv geworben habe.
Diese Episode macht deutlich, wie sehr die ausgerufene Krippenbetreuungsquote von 35 Prozent zu kurz greift. Nach dem Kinderförderungsgesetz besteht bundesweit ab August 2013 ein Rechtsanspruch für alle unter Dreijährigen auf einen Krippenplatz. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass es ausreichen wird, für 35 Prozent der Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren eine Betreuung anzubieten, um diesen Rechtsanspruch abzudecken.
Die Realität sieht anders aus. In fast jeder Kommune im Landkreis Harburg ist die Nachfrage höher, der tatsächliche Bedarf teilweise noch nicht gedeckt. Die Gemeinde Neu Wulmstorf erfüllt schon seit 2010 die vorgeschriebene Quote. Aber der Bedarf liegt viel höher, wie am Beispiel Apfelgarten deutlich wird. Jetzt haben die Zugezogenen eine Elterninitiative gegründet und hoffen, dass die Kita einen Container aufstellt.
Ob es dazu kommt, ist noch unklar. Die Gemeindeverwaltung verweist darauf, dass neben der neuen Krippe im Apfelgarten mit bis zu 15 Plätzen noch eine weitere Krippengruppe mit 15 Plätzen in der bestehenden Kita am Stieglitzweg eingerichtet wird. Mit diesen zusätzlichen Gruppen erzielt Neu Wulmstorf 2013 einen Versorgungsgrad von 50 Prozent. "Wir gehen davon aus, dass am Ende alle Kinder in einer Krippe untergebracht werden", sagt der Erster Gemeinderat Jörg Schröder. Da die Platzvergabe der anderen Kitas erst Ende des Jahres starte, sei noch völlig offen, wie viele freie Plätze es dort gebe.
Für Kerstin Klauck ist die Unterbringung in einer anderen Kita keine echte Alternative. Das würde für sie bedeuten, eine halbe bis zu eine Stunde Fußweg in Kauf nehmen zu müssen. Zeit, die ihr am Ende zum Arbeiten fehlt. Ganz abgesehen davon, dass ihr Traum vom gemeinsamen Aufwachsen ihrer Lena mit den Nachbarskindern platzt. Dieser Traum aber spielte eine große Rolle, als sich das Ehepaar Klauck vor einem Jahr entschied, von Neuenfelde nach Neu Wulmstorf zu ziehen. Und bislang lief alles so gut: Seit drei Monaten treffen sich acht Mütter jeden Montag, damit ihre Kinder sich schon im Babyalter kennenlernen. Dass ihre Kleinen bald in unterschiedlichen Kitas in ganz Neu Wulmstorf verstreut sind, ist für sie unvorstellbar.
Für Elena Lotyschewa, 30, ist es schon das zweite Mal, dass sich die Hoffnung auf eine Betreuung in der Kita Apfelgarten zerschlug. Sie bekam weder jetzt für ihre sechs Monate alte Tochter Maya einen Platz noch für ihre heute fünfjährige Tochter Leka. Die Rettung kam mit einem Spielkreis, in dem sie Leka unterbringen konnte, um wieder als Logistikerin zu arbeiten. Kerstin Klauck macht das sprachlos: "Es ist doch logisch, dass das Neubaugebiet junge Familien anzieht. Und jetzt sind alle überrascht, dass es hier so viele Kinder gibt." Fehlendes Losglück war der Grund dafür, dass die Mütter keine Betreuungsplätze bekommen haben. Die Vergabe erfolgt nach einem Punktesystem, bei dem soziale Kriterien maßgeblich sind. Viele Punkte gibt es beispielsweise für Alleinerziehende sowie Mütter und Väter, die beide berufstätig sind. Die Familien mit der Höchstpunktzahl haben laut Gemeindeverwaltung Krippenplätze bekommen. Doch dann standen die Lutherkirche als Träger der Kita und die Gemeinde vor dem Dilemma, dass mehrere Familien die gleiche Punktzahl erzielten. Sie mussten losen. "Mir fällt auch heute keine bessere Lösung ein", sagt Pastor Hans Dittmar.
Der Bau der Kita sei viel zu spät eingeleitet worden, sagt er. "Vor drei Jahren standen hier schon die ersten Häuser. Aber die Kita kommt erst jetzt." Statt im April soll sie nun voraussichtlich im August eröffnet werden. Die Infrastrukturplanung hinke hinterher, so der Pastor. "Wenn es um soziale Dinge geht, wird in Neu Wulmstorf stets hinterher geplant. Die Leute müssen immer warten." Die Verwaltung hat versprochen, Alternativen zu entwickeln. Diese sollen in der nächsten Jugendausschusssitzung am 28. November, 19.30 Uhr, im Ratssaal des Neu Wulmstorfer Rathauses, vorgestellt werden.