Ausstattung und Speisekarte orientieren sich an der Geschichte der Auswandererhallen. Das genügt nicht unbedingt.
Veddel. Zum Essen "Nach Amerika"? Kann teuer werden, muss aber nicht. In der neu entstandenen BallinStadt auf der Veddel ist Anfang Juli nicht nur Hamburgs historische Auswandererwelt eröffnet worden, sondern mittendrin auch das Restaurant "Nach Amerika".
Rund fünf Millionen Menschen starteten vor mehr als 100 Jahren von hier aus in die Neue Welt. Erzählt werden ihre Geschichten als lebendiges Kapitel Zeitgeschichte. Ohne angestaubten Museumsalltag. Im integrierten Familien-Forschungszentrum können Sie auf die Suche nach Ihren Ahnen gehen, im Souvenirshop einkaufen und im Restaurant satt werden. Aber wie? Lohnt sich die Einkehr auch für Nicht-Museumsbesucher?
Die erste Hürde besteht darin, das Lokal zu finden. Viele Auswandererhallen, aber kein Schild von außen. Gab's früher auch nicht. "So sind nun mal die historischen Vorgaben", erklärt Restaurantleiter Klaus Hemme. "Museumsgäste kommen zwangsläufig hier durch." Nun ja, Auswandern war damals auch nicht einfach, da ist ein modernes Beschilderungsproblem sekundär.
Drinnen stellt sich die Frage: Darf es in einer Halle, wo früher Auswanderer gespeist haben, gemütlich sein? Jein. Natürlich haben die Menschen vor 100 Jahren hier nicht gesessen, um einen schönen Abend zu haben, sondern um satt zu werden. Danach ging's schließlich nicht nach Hause, sondern in eine fremde neue Welt. Kahler Betonfußboden und blanke Holzbänke und -tische erscheinen also folgerichtig.
Gleichwohl: Wer die alten Fotos an den Wänden genau betrachtet, der erkennt weiße Tischwäsche und Servicepersonal. Danach sucht man heutzutage vergebens. Ein Stück Authentizität fällt in der Gegenwart also schon mal den Kosten zum Opfer. Schade eigentlich. Bei der Temperatur sind die Betreiber wiederum konsequent. Auf der historischen Vorlage sitzen die Auswanderer mit Hut und Mantel am Tisch. So richtig warm kann's hier früher nicht gewesen sein. Warum also jetzt den Besucher mit Wärme verwöhnen? Die Hälfte des Publikums behält seine Garderobe gleich an. Apropos: Aktive Senioren bilden hier die große Mehrheit. Schulklassen kommen, Touristen und ein paar Individualisten.
Die Testphase der Speisekarte ist vorbei, der erste Küchenchef schon wieder weg. Jetzt soll Stefan Dahlke ein bisschen mehr Konzept erkochen. Der Mann kennt sich aus mit Erlebnisgastronomie, hat bis vor kurzem hungrige Skiläufer in Bispingens Snowdome beglückt. Alte und Neue Welt sollen auf die Karte.
Hamburger Labskaus mit Rollmops, Spiegelei, Gewürzgurke und Rote Bete (9,50 Euro) erscheint an diesem Ort logisch. Vielleicht auch noch der rustikale Eintopf Irish Stew (4,80 Euro). Penne all'arrabbiata (6,90 Euro) eher nicht. Sei's drum. Nadia Kushi kocht mit Herzblut und ruft die Gäste zum Essen fassen an den Tresen der offenen Küche. Die neue Welt findet sich demnächst mit Burgern und Chili con carne auf der kleinen Karte wieder. Zwei Hauptgerichte, vier kleinere Speisen, ein wechselndes Wochengericht, dazu Suppen und Salate. Es soll schnell gehen. Gemütlichkeit hat hier nichts zu suchen. Ab 11 Uhr wird für Besucher, die frisch gestärkt zum Rundgang starten möchten, ein französisches Frühstück angeboten: Croissant, Marmelade, Honig, Butter und Milchkaffee für 4,90 Euro. Um 18.30 Uhr wird geschlossen, da müsse sich das "Nach Amerika" an die Öffnungszeiten der BallinStadt halten, betont Klaus Hemme.
Der Mann ist nett, vermietet seine Location für geschlossene Gesellschaften auch nach Feierabend. Er hat's nicht einfach. Die Veddel gilt als schwieriges Pflaster. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Hamburgs neue Touristen-Attraktion super zu erreichen (gleich gegenüber dem S-Bahnhof Veddel), eine Integration des Stadtteils findet nicht statt. Wer soll mittags zum Essen kommen, wenn draußen noch nicht mal ein Schild hängt? Noch mal schade.
- "Nach Amerika"
BallinStadt - Auswandererwelt Hamburg, Veddeler Bogen 2, 20539 Hamburg, Telefon 040/319 79 16-0. Öffnungszeiten: täglich 11 bis 18.30 Uhr.
www.ballinstadt.de