Neues Programm: Nach dem Aus für den Jazzclub soll das “Stellwerk“ im Harburger Bahnhof zum angesagten Musikclub für Pistengänger werden.
Harburg. Die neuen Programmmacher des Clubs "Stellwerk" im Harburger Bahnhof stellen die Weichen zu einem ambitionierten Musikclub, in dem auch verschiedene Kleinkunstgenres ihren Platz haben. Wohin die Reise der Bahnhofsbühne geht, zeigt der Auftritt von Mirko Machine am 21. Januar. Wenn einer der bekanntesten DJs der HipHop-Szene Deutschlands in Harburg auflegt, dürften auch Pistengänger, die sich sonst in Altona und St. Pauli tummeln, den Weg auf die andere Seite der Elbe finden.
Viel HipHop, dazu gepflegter Soul, Funk und ab und an Jazz - dafür steht das neue "Stellwerk" nach dem Aus des Jazzclubs. Die neuen Vorsitzenden des Trägervereins, Stephan Röhler und sein Stellvertreter Alexander Grieschat, haben gestern im "Stellwerk" erstmals erläutert, wie sie ihren kulturellen Auftrag verstehen.
Harburg erhält einen neuen Dichterwettstreit. Der "Kampf der Künste", Hamburgs größter Poetry-Slam-Veranstalter, wird ab der Premiere am 11. Januar regelmäßig im "Stellwerk" zu Gast sein. Geplant sind auch Filmabende, spezielle Abende für Studenten oder Fußball-Übertragungen während der Europameisterschaft im Sommer. Zwei bis drei Kickertische sollen ab Januar die Aufenthaltsqualität in dem früheren Wartesaal für Dritte-Klasse-Reisende erhöhen.
Bewährtes aus sechs Jahren "Stellwerk" bleibt bestehen: Thorsten Bärs Comedy-Club, Jazzkonzerte, die Reihe "Musik im Gespräch" oder die erfolgreiche Plattdeutsch-Matinee "Piste" mit Sandra Keck gehören weiter zum Programm der Bahnhofsbühne.
Ein Programm für verschiedene Zielgruppen also - die neuen Programmmacher sprechen deshalb von ihrem "Bau-Stellwerk" als Zustandsbeschreibung. Noch bauen sie an der kulturellen Ausrichtung des Harburger Clubs. "Wir probieren einiges aus", sagt Alexander Grieschat, "und schauen, worauf das Publikum Lust hat."
Wer sind die neuen Clubchefs, die beweisen wollen, dass Pistengänger auch in Harburg etwas erleben können? Alexander Grieschat, 28, veranstaltet seit Jahren Konzerte und Partys in bekannten Hamburger Clubs wie dem "Uebel & Gefährlich", "Waagenbau" oder "Haus 73". Der Veranstaltungskaufmann lebt in Heimfeld und hat wie sein Freund Nandor Olah, 34, besonders gute Kontakte in die HipHop-Szene. "Wir haben da eine Exklusivität", sagt er, "die auch für Nordelbier eine Einladung sein dürfte, einmal nach Harburg zu kommen."
Stefan Röhler, 27, hat das Clubhandwerk im Hamburger "Knust" gelernt. Der Veranstaltungskaufmann aus Rothenburgsort gilt als besonders sorgfältig und deshalb als Finanzminister des Trägervereins "Stellwerk".
Ein bekannter Name aus der Hamburger Clubszene berät das "Stellwerk": Karsten Schölermann, Clubchef im "Knust", übernimmt die Rolle des Mentors. Er will den Beweis antreten, dass kultureller Auftrag und kommerzieller Erfolg eines Clubs vereinbar seien. Das besondere neue Betreibermodell der Harburger Bahnhofsbühne, ein Konstrukt aus ehrenamtlichen Trägerverein und kommerzieller Veranstaltungsagentur, böte gute Chancen dafür. Das Zwei-Säulen-Modell könne zum Überlebensmodell für die Clubszene werden. Das "Stellwerk", sagt Schölermann, habe einen großen Standortvorteil gegenüber anderen Clubs: Im Bahnhof drohen keine Nachbartstreitigkeiten wegen Lärms.
Damit das "Stellwerk" seinen Kulturauftrag finanzieren kann, vermieten die Clubmacher den Saal auch an Dritte. Zur Abgrenzung nennen sie die Veranstaltungsschiene "Gleis 3 ½". Beispiel dafür ist eine Abiturfeier im Januar.
Für Alexander Grieschat und Nandor Olah ist der Club in Harburg eine Herzensangelegenheit. "Wir sind Harburger und hier gibt es ein kulturelles Vakuum", sagt Nandor Olah. Auf ihrer Liste der Dinge, die sie einmal im Leben machen wollen, stehe ein eigener Club ganz oben.
"Soundcheck" mit "Jales & Knopf" und "Temmy Ton & Das Bouncebüro", Dienstag, 20. Dezember, ab 19 Uhr, "Stellwerk" im Bahnhof Harburg, Eintritt frei.