Frank-Walter Steinmeier warnt davor, den Euro auf den “Schrotthaufen der Geschichte“ zu werfen
Harburg. Europäische Ratingagenturen sollen geschaffen werden und somit ein Gegengewicht zu dem Diktat der amerikanischen Unternehmen setzen, die derzeit die Kreditwürdigkeit von Staaten beurteilen. Das hat Frank-Walter Steinmeier beim Herrenabend des Wirtschaftsvereins im Hamburger Süden gefordert.
Amerikanische Ratingagenturen würden europäische Traditionen nicht berücksichtigen. Es könne nicht sein, sagte der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende, dass eine Software-Idee besser bewertet werde als ein traditionsreiches mittelständisches Unternehmen aus Baden-Württemberg.
Europa stehe am Abgrund. Sollte Italien zahlungsunfähig werden, käme die Rückabwicklung der Europäischen Union auf die Tagesordnung, so Steinmeier.
Die Wirtschafts- und Finanzkrise könnte zu einer Krise der Demokratie ausufern. Menschen gingen auf die Straße, weil sie überzeugt seien, dass Politik nicht mehr handlungsfähig sei. Dieser Vertrauensverlust, sagte Steinmeier mit Blick auf die Occupy-Bewegung und die Wahlerfolge der Piratenpartei, sei bedenklich.
Deutschland ziehe große Vorteile aus der Europäischen Währungsunion. Steinmeier warnte entschieden davor, den Euro auf den "Schrotthaufen der Geschichte" zu werfen. Das habe er nicht verdient.
Seit 1947 führt der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden Unternehmer, Politiker und leitende Verwaltungsbeamte zusammen. Er vertritt mehr als 220 Unternehmen mit 40 000 Beschäftigten.
Der Herrenabend des Wirtschaftsverein, jedes Jahr ein gesellschaftliches Ereignis in Harburg, ist mittlerweile eine Zusammenkunft mit Damen. Auch der Vorstand wird weiblicher: Er hat jetzt Franziska Wedemann zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden und Uta Rade zur Geschäftsführerin des Vereins ernannt.