Die Winsener Grünen wollen das Autoteilen so schnell wie möglich einführen. Es fehlen aber die konzeptionellen Voraussetzungen.
Winsen/Buchholz. In der Autofahrer-Nation Deutschland mag es für viele unbehaglich klingen, sein Vehikel mit fremden Menschen zu teilen. Doch das sogenannte "Carsharing" ist eine sinnvolle und akzeptierte Idee. Das zeigt der bundesweite Erfolg des Autoteilens. Vor allem in Großstädten und dicht besiedelten Gebieten erfreuen sich die Autos für Jedermann wachsender Beliebtheit. In 260 Städten und Gemeinden stehen rund 3000 Fahrzeuge an zentralen Punkten bereit und können je nach Bedarf gebucht werden - stunden- oder tageweise.
Der Landkreis Harburg ist diesbezüglich allerdings ein "weißer Fleck" auf der Landkarte. Kein kommerzieller Anbieter konnte sich bislang dazu durchringen, seinen Fuhrpark auf das Kreisgebiet auszuweiten. Die nächsten Stützpunkte liegen in Lüneburg, Hamburg oder Bremen. Und auch private Initiativen wie etwa eine Autoteiler-Gemeinschaft in Schierhorn stecken eher in den Kinderschuhen, als dass sie Initialzündung für klima- und kostenbewusste Mobilität waren.
Doch die Grünen-Fraktion im Harburger Kreistag will das Carsharing nun vorantreiben. In einem Antrag stützen sich die Grünen auf das 2009 verabschiedete Klimaschutzkonzept des Landkreises, in dem es auf Seite 32 heißt: "Die Kreisverwaltung prüft mit den Städten Winsen und Buchholz die Rahmenbedingungen wie Nachfrage und Standorte für ein Carsharing-Angebot." Potenzial wird vor allem an den beiden passagierstärksten Bahnhöfen des Landkreises gesehen. Deshalb beauftragten die Winsener Grünen die Stadtverwaltung, dem Kreis mitzuteilen, dass Winsen ein solches Angebot begrüßt. Und: Dieser Punkt konnte schnell abgehakt werden. Die Verwaltung findet "die Idee gut", wie Christian Riech, Erster Stadtrat.
Viel schwieriger sei es momentan, Fahrzeuganzahl und den Zeitpunkt der Einführung abzuschätzen. "Der Kreis hat die eigentliche Projektidee noch nicht eingeleitet. Deshalb können wir noch keine konkreten Angaben zu Angebot und Nachfrage machen", sagt Riech. Auch Heinrich Helms, Stadtsprecher in Buchholz, sagt: "Der Kreis ist bisher nicht auf uns zugekommen."
Die Erklärung dafür gibt Kreissprecher Georg Krümpelmann: "Unsere neue Stabstelle 'Klimaschutz' hat gerade die Arbeit aufgenommen. Und bisher haben wir bei der Umsetzung unseres Klimaschutzkonzeptes das Carsharing nicht als dringlichste Aufgabe angesehen." Deshalb sei der Vorstoß der Winsener Grünen richtig, aber etwas zu früh. Denn: Erst seit Februar verfolgen im Kreishaus Klimaschutzmanagerin Ulrike Tolkmitt und Energieberaterin Daniela Harendt das Ziel, das Konzept des Landkreises zu begleiten und fortzuschreiben. Die Stabstelle "Klimaschutz" sei eine der ersten in Niedersachsen, die von der Förderung des Bundes profitiere, aber die Vorlaufzeit sei für ein detailliertes Konzept zum Carsharing zu kurz gewesen.
Unterdessen haben die Grünen in Winsen konkrete Vorstellungen wo die Wagen des Autoteil-Dienstes stehen könnten: Öffentliche Parkplatzflächen an der Plankenstraße und am Bahnhof könnten ihrer Meinung nach als Standorte dienen. Was das angeht, hat die Verwaltung auch keine Bedenken, sie würde die Flächen zur Verfügung stellen. "Vielmehr ist die Frage, ob ein hochmotorisierter Landkreis wie Harburg den Bedarf für ein solches Angebot hat", sagt Christian Riech. Denn für die Anbieter - in Deutschland gibt es rund 100 Organisationen - müssten sich die Standorte lohnen. Obwohl Riech die Idee begrüßt, sagt der Erste Stadtrat: "Meiner Einschätzung nach, ist das Umfeld hier schwierig." Ein Indiz dafür sei, dass noch kein professioneller Anbieter den Sprung in den Landkreis gewagt habe.
Gleichwohl warte die Stadt den politischen Willen ab. Am 8. April wird der Grünen-Antrag im Umweltausschuss diskutiert. Ob er beschlossen wird, ist nicht sicher. Eines hingegen steht laut Christian Riech fest: "Wenn sich kein kommerzieller Anbieter findet, werden es weder Landkreis noch Stadt allein finanzieren können." Dann müssten private Initiativen wie in Schierhorn einspringen. Doch auch dort klappt das Autoteilen nicht reibungslos. Aber das ist eine andere Geschichte - über die die Rundschau berichten wird.