Kunden fragen in den Läden nach der Herkunft der Ware

Harburg/ Wörme. Weiße, braune und hellbraun-gefleckte Eier von freilaufenden Hühnern sind am Stand von Wochenmarkthändlerin Dörte Gonsior am Sand zu haben. "Seit Dioxin in Eiern nachgewiesen wurde, sind viele Harburger verunsichert und fragen nach, ob meine Ware denn unbedenklich verzehrt werden kann", sagt sie. Nur ihre Stammkunden würden sich darüber keine Sorgen machen. Die Eier bestellt sie bei einem Hof in Elstorf. Auf die Frage, wie genau die Hühner denn gefüttert und gehalten werden, kann sie nicht recht antworten. "Ganz normal eben." Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung habe sie unter dem Ladentisch deponiert. "Mit diesen Eiern war nie irgendetwas. Die sind sauber."

Die Obsthändler Birgit und Holger Martens haben sich gleich nach Bekanntwerden bei ihrem Großhändler Seidel darüber informiert, ob sie gar giftige Überraschungseier im Sortiment haben. Ein Info-Blatt, das die beiden an ihren Stand gehängt haben, besagt, dass die angebotenen Eier "kein Dioxin beinhalten und den Legehennen nicht mit Fetten der Uetersener Firma Harles &Jentzsch gefüttert werden. "Viele Kunden fragen nach, und das ist ja auch verständlich", sagt Birgit Martens. Was für die Martens selbstverständlich ist, ist für den Edeka-Markt am Sand ein Tabu-Thema. Auf die Nachfrage, wie es sich denn mit den dort verkauften Eiern in Sachen Herkunft und Fütterung verhält, hieß es: "Kein Kommentar", so der Filialleiter.

Da ist Thomas Jörck, der den Naturkostladen "Bioinsel" an der Julius-Ludowieg-Straße betreibt, sehr viel aufgeschlossener. "Mir haben die Horrormeldungen 50 Prozent mehr Kundschaft beschert", sagt er. 360 Eier erhält er vom Hofladen Wörme pro Woche. Am Mittwoch hat er schon gegen 12 Uhr keine Eier mehr. "Die sind ausverkauft." Denn der Hof Wörme, ein Demeter-Hof, füttert die Hühner mit Kartoffeleiweiß, Luzernegrünmehl, Weizen und Grünfutter. "Wenn die zukaufen, dann ist es stets Demeter- oder Bio-Zertifiziertes Futter und garantiert kein Industrieschmiermittel", sagt Jörck, dessen Geschäft es bereits seit 28 Jahren in Harburg gibt. Er ist sauer über das miese Geschäft mit verseuchten Lebensmitteln. "Es geht diesen Leuten nur ums Geldverdienen. Das ist verantwortungslos."

Er hofft, dass "die Menschen nun umdenken und stärker darauf achten, was in den Einkaufskorb kommt." Billiger sei eben nicht besser. 35 Cent kostet bei ihm ein Ei. "Klar, es gibt auch Eier zu 15 Cent das Stück. Was man da bekommt, weiß man ja jetzt. Und die Lebensmittelkontrollen haben sich ja auch nicht gerade als das Gelbe vom Ei herausgestellt", sagt der Bio-Laden-Chef.

"Unsere Hühner können auch nicht mehr als legen", sagt Hofmitarbeiterin Clara von Hörsten vom Hof Wörme. 1000 Hennen legen durchschnittlich ein Ei pro Tag. Zu wenig für den Kunden-Boom. "Seitdem bekannt wurde, dass Bioware unbedenklich ist, wird auch bei uns mehr eingekauft. Eigentlich bräuchten wir 2000 Hühner, um dem Bedarf gerecht zu werden", so von Hörsten. Sie glaubt, dass der Trend nicht lange anhalten wird. "Diesen Skandal haben die Menschen doch in ein paar Tagen wieder vergessen."

Wer wissen will, ob er belastete Eier im Kühlschrank hat, sollte auf den Erzeugercode, der auf jedes Ei gestempelt ist und dessen Herkunftsbetrieb verrät, achten. Insgesamt sechs Nummern betroffener Ställe haben die Agrarministerien bisher veröffentlicht. Es sind die Codes 2-DE-0355461, 3-DE-0312141, 2-DE-0312142 und 2-DE-0312151 aus Niedersachen sowie 2-DE-0513912 und 3-DE-0514411 aus Nordrhein-Westfalen. Der Dioxin-Skandal hat keine Auswirkungen auf die Biobranche. Denn die verseuchten Mischfette, die ins Tierfutter gelangten, dürfen nach den Biovorschriften gar nicht verwendet werden. Ob es sich um ein Bio-Ei handelt, erkennt der Kunde an der ersten Ziffer des Erzeugercodes, dort steht eine Null für Biohaltung. Bei den Zahlen 1, 2 und 3 handelt es sich um Freiland-, Boden- und sogenannte Kleingruppenhaltung, die alle betroffen sein können.