“Walisische Weihnacht“ hat Premiere im Harburger Theater

Harburg. Zunächst wäre da die Hand des geübten Meisterregisseurs. Michael Bogdanov hat seine "Erinnerung an eine Walisische Weihnacht" perfekt auf den Punkt inszeniert, Blicke, Bewegungen, Gesten - alles passt. Poetisch entrollt sich auf der Bühne des Harburger Theaters die Erinnerung an das Weihnachten der Kindheit: Mal glaubt man den klebrigen Lakritz am Zahn zu spüren, dann den Duft von Datteln, Zimt und Karamell zu riechen.

Es ist die Poesie der Miniaturen, die das autobiografische Stück aus der Feder des walisischen Dichters Dylan Thomas und die Inszenierung von Michael Bogdanov liebevoll machen: das frostige Fenster am Morgen, die Amsel im tiefen Schnee, die Kirchenglocken, die dicken Onkel und Tanten, die Mistelzweige, die Geheimbundpläne, kindlichen Märchen und Gruselgeschichten - und natürlich die mit wichtiger Geste gerauchten Zuckerzigaretten.

Die Schauspieler legen eine beachtliche Musikalität an den Tag: Mandoline, Akkordeon, Blockflöte und Mundharmonika bringen die schneefrostige Bühne zum glockenhellen Klingeln. Soweit der Zauber: Doch da wäre auch ein Haken.

Das Stück als Aneinanderreihung verklärt-romantisierter Kindheitsanekdoten, erzählt aus der Perspektive des erwachsenen Dylan (Konstantin Graudus), vor dessen Augen die kleine Welt von früher noch einmal aufersteht (den Part des jungen Dylan übernimmt Peter Theiss), taugt eigentlich nicht zum abendfüllenden Theater.

Die Schauspieler in Wollpullis, mit bunten Schals, zauseligen Haaren und Mützen beschwören zwar stimmungsvoll eine Bilderwelt à la Bullerbü und einen Hauch kollektive Erinnerung, drohen jedoch an dem Theaterabend auch immer wieder ins Belanglose umzukippen.

Statt zauberhafter Nostalgie droht manchmal der regressive Reigen. Indes machen alle Schauspieler ihre Sache gut, die Traummaschine Theater hätte vielleicht aber ein anderes, ein "theatraleres" Stück gebraucht als Dylans nicht für die Bühne bestimmte Novelle.

Das Harburger Publikum beklatschte den in Harburg anwesenden Regisseur Michael Bogdanov ausdauernd und freundlich, aber nicht euphorisch.