Die Zuwendungen vom Bezirk werden um 64 100 Euro über vier Jahre gekürzt

Wilhelmsburg. Schon die Betreffzeile des Schreibens ließ nichts Gutes erahnen: "Konsolidierungsbeitrag der Bezirksämter in den Haushaltsjahren 2011-2014". Absender war das Bezirksamt Hamburg-Mitte, Dezernat Soziales, Jugend und Gesundheit - Fachamt Sozialraummanagement; Adressat die Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg in der Mengestraße.

Das Schreiben ist in abstraktem Beamtendeutsch gehalten, die Botschaft für das Bürgerhaus aber deutlich und sehr unerfreulich: Die Zuwendungen des Bezirks für das Bürgerhaus werden von 2011 bis 2014 um insgesamt 64 100 Euro gekürzt - 2011 um 11 800 Euro, 2012 um 15 600 Euro, 2013 um 16 900 Euro und 2014 um 19 800 Euro.

"Wir bedauern diese Maßnahme und können nachvollziehen, dass die Reduzierung der institutionellen Förderung für ihre Einrichtung - besonders im Hinblick auf die allgemeinen Kostensteigerungen - nicht einfach zu kompensieren ist", gibt das Bezirksamt Mitte dem Bürgerhaus als Trostpflaster mit auf den Weg.

Der Vorstand des Hauses ist entsetzt

Tatsächlich hat der Bezirk Mitte gar nicht Schuld an dem finanziellen Einschnitt für das Bürgerhaus. Bereits am 16. Juni dieses Jahres hatte der Hamburger Senat den Bezirksämtern per Drucksache 2010/01343 Einsparungen auferlegt, die ab dem Haushaltsjahr 2011 zu erfüllen sind. Dabei hat es jetzt auch das Bürgerhaus Wilhelmsburg getroffen.

Bürgerhaus-Vorstand Bettina Kiehn, 44, ist entsetzt: "64 100 Euro weniger Förderung - das wird zu spürbaren Einschränkungen unserer Arbeit auf allen Ebenen führen. 64 100 Euro - das ist Peanuts für Hamburg, aber ein kaum zu bewegender Brocken für uns in Wilhelmsburg."

Ein, zwei Jahre lang, sagt Bettina Kiehn, hätte das Bürgerhaus die Kürzungen vielleicht verkraften können und etwa auf Instandhaltungen verzichtet. "Aber Kürzungen über einen so langen Zeitraum gehen an die Grundstruktur unseres Hauses. Wir müssen alles daran setzen, dass wir keinen Angebotsbereich schließen müssen."

Bettina Kiehn fragt: "Sollen wir die Öffnungszeiten reduzieren? Die Gruppennutzungen mit einem Preisschild versehen? Oder die Eintrittspreise und Kursusgebühren verdoppeln?"

Auch der Veddeler Mitte-Abgeordnete Klaus Lübke (SPD) ist entsetzt. "Wir machen um die Internationale Bauausstellung und die Gartenschau einen Riesenbohei und geben dafür Abermillionen aus. Und gleichzeitig gibt es Pläne, die Mittel für das Bürgerhaus zu kürzen oder es ganz zu schließen. Das passt doch nicht zusammen!"

Denn auch dieser "schlimmste Fall" ist noch nicht ausgeschlossen: Die Hamburger Bürgerhäuser stehen auf der sogenannten Reserveliste der Streichvorschläge von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU). "Das Bürgerhaus in Wilhelmsburg ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Elbinseln", sagt derweil der Sozialdemokrat Lübke. "Wenn man heute die Wilhelmsburger fragt, ob sie lieber auf den Millionen teuren Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt oder auf das Bürgerhaus verzichten wollen, dann würde die Antwort ganz klar zugunsten des Bürgerhauses ausfallen."

Im Großen Saal finden 730 Menschen Platz

Das Bürgerhaus Wilhelmsburgs ist das größte Bürgerhaus in Hamburg. Im Großen Saal können 730 Menschen Platz nehmen - das reicht (noch) für Veranstaltungen gegen neue Straßen auf der größten Flussinsel Europas und war auch der Piratenpartei im Juli 2009 für deren ersten Bundesparteitag groß genug. 160 000 Besucher kamen 2009 insgesamt ins Bürgerhaus. Schon jetzt muss das Bürgerhaus ganz genau aufs Geld schauen: Die Personal- und Betriebskosten sind von 356 000 Euro (1986) über 613 000 Euro (1996) auf 645 000 Euro (2009) gestiegen. Die Programmkosten einschließlich der Projekte stiegen von 85 000 Euro über 98 000 Euro auf 205 000 Euro. Gleichzeitig ging die Förderung des Bezirks von 426 000 Euro über 559 000 Euro auf 482 000 Euro zurück.

"Unsere Mitarbeiter müssen deshalb immer mehr Mittel akquirieren", sagt Bettina Kiehn. So stiegen die eigenen Einahmen von 115 000 Euro über 217 000 Euro auf 363 000 Euro - der Eigenfinanzierungsgrad wuchs damit von 21 Prozent über 28 Prozent auf 43 Prozent.