Unser Restauranttest führt heute zu ehemaligen Herrensitzen, die heute der Gastronomie dienen
Hermannsburg, Deinste, Bardenhagen. Gutshöfe, die Freizeitangebote und eine ansprechende Gastronomie bieten, sind beliebte Ziele für Ausflügler. Wir haben drei Landsitze südlich der Elbe getestet
Das Pferdeparadies auf Gut Landliebe
Wo Reiter ihre Pferde unter ein Solarium stellen können kann kein schlechter Ort sein. Für 18 Euro übernachten sie in Gastpferdeboxen inklusive Futter, Ausmisten, Weidegang, Führanlage sowie der Nutzung von Reithalle und Dressurplatz. Bei soviel Wellness für Vierbeiner soll auch der Mensch nicht zu kurz kommen.
Obwohl sein Name etwas konstruiert klingt, hat das Gut Landliebe nichts mit Milch oder Joghurt zu tun. An dieser Stelle gab es gut 400 Jahre lang ein landwirtschaftliches Gut. Dann kamen 1970 die Pferde mit ihren Besitzern und fast 40 Jahre später hat Siegward Tesch aus dem Reiterhof ein Heidehotel gemacht. Der Manager überlässt Yvonne Meewes die Betriebsleitung. Die meisten Gäste buchen ein ganzes Arrangement und bleiben über Nacht. "Hufeisen Spezial", "Romantik-Tage" und "Der Picknicker" heißen einige der Pauschalangebote ab 160 Euro pro Person. Mal ist ein GPS-Gerät leihweise darin enthalten, die Benutzung der Außensauna oder ein gefüllter Picknickkorb inklusive Fahrradkarte. Di Gäste haben die Wahl zwischen zehn Massagen. Zum Beispiel 60 Minuten "Lomi Lomi Nui" aus Hawaii.
Das Restaurant überrascht mit einem Hin- und Durchgucker. Siegward Tesch hat aus Schloss Gottorf die Original-Kutsche von Heidedichter Herman Löns erworben. Das Gefährt aus dem 19. Jahrhundert steht nun mit seinen roten Samtpolstern dekorativ zur Schau. Für interessante Einblicke sorgen die Fenster zur Reithalle.
Mit altmodischer Heide-Gastronomie hat das Gut nichts am Hut. Licht und Farben sind bewusst inszeniert. Die Köche setzen auf bewährt Bodenständiges. Der super-zarte Heidschnuckenrücken überzeugt durch exzellente Fleischqualität. Gratulation an den benachbarten Lieferanten Schnuckenhof Kuhlmann! Mit Gemüse-Ratatouille bereitet Koch Matthias Hofmann daraus einen leckeren Lokalmatador für nur 13,50 Euro.
Fischen auf dem Gut Deinster Mühle
Was für die einen Pferde und Heidschnucken, sind für die anderen Forellen und Bachsaiblinge. Sie werden in unzähligen Teichen gezüchtet, um sich in der Gutsküche veredeln zu lassen. Die Wasserbewohner sind eine wichtige Motivation der Gäste bei ihrer Mahlzeit in Deinste, sieben Kilometer von Stade entfernt.
Die Ursprünge des Gutes gehen zurück bis ins 13. Jahrhundert. Damals wurde die Mühle erstmals im Lehnsregister des Kloster Corvey erwähnt. Seit dem 17.Jahrhundert bewirtschaftet Familie Steffens das 160 Hektar große Areal. Bereits 1969 hatte Seniorchef Johann Heinrich Steffens die Idee, Forellen zu züchten, zu räuchern und sie an der Straße zu verkaufen. Als die Mühle vor gut 30 Jahren stillgelegt wurde, eröffnete das eigene Restaurant.
Mittlerweile legen Genießer lange Wege zurück, um die Fische fangfrisch zu verspeisen. Forellen gebraten, gebacken oder gedünstet. Kleine Portionen ab 11,50 Euro. Unser Tipp aus der Forellen-Verwandtschaft: Bachsaibling auf Penne. Dafür werden seine Filetstreifen im Ofen gegart und mit Pesto, getrockneten Tomaten, Frühlingszwiebeln und Knoblauch im Tausch gegen 12,90 Euro aufgetischt. Momentan befindet sich eine Störzucht in der Testphase. Der Knochenfisch ohne Gräten besitzt zwar wenig Filet, ist daher teurer, aber bietet viel Geschmack.
Mit dem zweiten Standbein des Gutsbetriebes bewies Familie Steffens bereits 1966 visionäre Kraft. Auf dem Gelände wurde eine 18-Loch-Golfanlage errichtet. Neugierige können ein Essen im Restaurant Alte Lohmühle oder dem kleineren Golf-Lokal Eysten mit einem Schnupperkurs verbinden. Müde Golfer und Genießer übernachten in den schönen Zimmern im Landhausstil. Aus einem Mühlenbetrieb an der Kreuzung früherer Handelswege ist ein Treffpunkt für genussvolle Freizeitgestaltung geworden.
Was in den letzten Jahren in dem kleinen Ort Bardenhagen bei Lüneburg geschah, erscheint als Musterbeispiel für die Umwandlung eines alten Gutes in einen außergewöhnlichen Gastronomie- und Hotelbetrieb.
Gut Bardenhagen wurde umgewandelt
Ursprünglich wollte Ines Müller aus Sylt ihrem Sohn Jan Hendrik Rose eine berufliche Perspektive eröffnen, erwarb 2002 das 100 Jahre alte Gutsgebäude und ließ es restaurieren. Mit Hilfe finanzieller Mittel des europäischen Wirtschaftsfonds wurden nach und nach weitere unter Denkmalschutz stehende Gebäude des Anwesens umgebaut. Mit rund acht Millionen Euro entstand eine Mischung aus Hotel, Restaurant, Café, Kulturforum und Tagungszentrum.
Die frühere Wagenremise mit ihren großen Torbögen dient als Kulisse des Arkadensaals. Als Innenarchitektin beweist Ines Müller großes Talent beim Zusammenführen von alt und neu. "Cross-Culture", nennt sie diesen Stil. "Die Inszenierung soll bestimmte Spannungen verursachen in einem gesamtharmonischen Umfeld", beschreibt sie ihre Philosophie. "Wir wollen Vielfalt schaffen durch unterschiedliche Farben, Formen und Materialien." Alles hat seinen Platz, nichts steht zufällig herum. Diese Lebensqualität spürt man besonders an einem lauen Sommerabend im Hofgarten. Der erinnert dank seiner Olivenbäume und Lavendel, umrahmt von alten Gutsmauern, an Südfrankreich. Damit Essen und Optik auf demselben Niveau stattfinden, verpflichtete man Tim Matthiesen als Küchenchef. Der Schleswiger wurde bereits mit 24 Jahren mit einem Michelin-Stern geadelt. Jetzt kocht er im Restaurant TafelGUT fantasievolle Saisonküche, à la carte allerdings nur von Donnerstag bis Sonntag. Wer sein meisterliches Handwerk kennenlernen möchte, dem sei der eigenwillige Sonntagsbrunch empfohlen. Kein langweiliges Buffet, sondern ein raffiniertes Verwöhnprogramm. Vier Gänge lang werden dem Gast unterschiedliche Thementeller serviert, inklusive Prosecco und Heißgetränken für 28 Euro. Gesamtfazit auf Gut Bardenhagen: Geschmackvoller kann man Gastronomie nicht inszenieren.
GUT LANDLIEBE: Postweg 2, 29320 Hermannsburg/Weesen, Telefon 05052 - 2088, www.gut-landliebe.de , Öffnungszeiten: täglich 12 -14 Uhr und 18 - 21 Uhr
GUT DEINSTER MÜHLE: Im Mühlenfeld 30, 21717 Deinste, Telefon 04149 - 92 50, www.allesistgdm.de , Öffnungszeiten: täglich 11 - 21.30 Uhr
GUT BARDENHAGEN: Bardenhagener Straße 3-9, 29553 Bienenbüttel/Bardenhagen, Telefon 05823 - 954 849, www.gut-bardenhagen.de , Öffnungszeiten Restaurant Do - Sa 18 - 22 Uhr, Sonntag 11 - 22 Uhr