Die Reparatur der historischen Kreuzeryacht ist zu teuer. Der Betreiberverein löst sich heute auf
Harburg. Es fehlt an Geldgebern. Die Rettung der von einem Holzpilz befallenen Kreuzeryacht "Artemis" (griech. Göttin der Jagd) ist eingestellt worden. Auf der Werft des Beschäftigungsträgers "Jugend in Arbeit" im Harburger Binnenhafen wird nun der Abtransport der nicht mehr schwimmfähigen Segelyacht vorbereitet.
Als Eigentümerin will die "Stiftung Hamburg Maritim" den 120 Tonnen schweren Kreuzer per Schwimmkran von Harburg an den Sitz der Stiftung bei den 50-er Schuppen auf den Kleinen Grasbrook (Hansa Hafen, Bremer Kai) bringen lassen und dort an Land lagern, bis sich ein Liebhaber gefunden hat, der die Ausgabe für Kauf und Instandsetzung nicht scheut.
Voraussichtlich sind dafür mehr als eine Million Euro notwendig. Christian Hölter, Vorsitzender des Betreibervereins "Freunde der Artemis", kündigt für den heutigen Freitag, die Auflösung des Vereins an. "Ohne Schiff hat der Verein seine Daseinsberechtigung verloren", sagt er.
Der Betreiberverein hatte die "Artemis" lediglich eine Saison, im Jahr 2008, auf Elbe und Ostsee segeln können. Das ursprünglich im Jahr 1900 in Southampton auf der Werft Summers & Payne gebaute Schiff war 1994 in desolatem Zustand aus England nach Hamburg geholt worden, um es in einem Ausbildungs- und Beschäftigungsprojekt wieder herrichten zu lassen. 13 Jahre dauerte die Restaurierung. 62 Bootsbaulehrlinge waren daran ausgebildet worden, 173 Kräfte des zweiten Arbeitsmarkts fanden Beschäftigung. Doch schon bei den Törns der ersten Saison stellte sich heraus, dass der Rumpf nicht dicht war. Wasser drang ein.
Und wie sich dann, zum Ende der Saison, bei der Schadenssuche auf der Werft von "Jugend in Arbeit" herausstellte, waren am Schiffsrumpf nicht nur die meisten aus Kaya-Tropenholz gefertigten Planken vom sogenannten Spaltsporling-Pilzes befallen, sondern auch mehrere Spanten aus Kambalaholz, die tragenden Teile des Rumpfes. Holzgutachter begutachteten die Schadensstellen.
Die Stiftung Hamburg Maritim, die Werft und der Betreiberverein kamen dann im vergangenen Jahr überein, die "Artemis" noch einmal instand zu setzen. Widerstandsfähigeres Afzelia-Holz wurde bestellt. Doch die Wirtschaftskrise hat bisherige Unterstützer aus der Schifffahrtsbranche vorsichtig werden lassen.
Rudolf Ehrenthal, Geschäftsführer von "Jugend in Arbeit", Joachim Kaiser, Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim, und der Betreiberverein beschlossen nun schweren Herzens, das Vorhaben zu beenden. Kaiser: "Unter den jetzigen Voraussetzungen können wir unser Ziel nicht mehr erreichen. Die Artemis blockiert zudem das Schwimmdock von Jugend in Arbeit seit mehr als einem Jahr. Wir wollen das Schiff zu unseren 50er-Schuppen bringen lassen." Dort könnte es dann geschützt zwischengelagert werden, bis sich ein Interessent findet.
Auf der Werft wird die "Artemis" nun für den Transport vorbereitet. Unter anderem muss noch der Großmast gezogen werden. Ihre Fahrt ins Schwimmdock, wo sie untersucht werden sollte, hatte sie Ende 2008 noch ohne fremde Hilfe geschafft. Aber nun, mit offenem Rumpf, ist sie nicht mehr schwimmfähig und muss von einem Schwimmkran angehoben und fortgeschafft werden. Problem: Der Rumpf muss zunächst noch mit einem Stahlgerüst ausgesteift werden. Allein der Schiffskiel aus Blei zerrt mit mehr als 20 Tonnen am Rumpf.
Und noch ein Problem: Ein für den Kraftakt geeigneter Schwimmkran passt nicht durch die Schleuse des Harburger Binnenhafens. So wird überlegt, das Schwimmdock durch die Schleuse an die Elbe schleppen zu lassen, wo die "Artemis" dann vom Schwimmkran übernommen werden könnte. Aber auch für diese Aktion sind noch nicht alle technischen Details geklärt. Voraussichtlich erfolgt der Transport im kommenden Herbst.
Bei der Übergabe von der Werft an die Stiftung am 2. Mai 2008 war die "Artemis" von der damaligen Staatssekretärin im Bundesverkehrministerium, Karin Roth, getauft worden. Glück brachte die Prozedur offenbar nicht. Der Holzpilz hatte vermutlich auch schon zu dem Zeitpunkt Schaden angerichtet.
Im Vergleich zu ihrer ursprünglichen Baugeschichte vor 110 Jahren, als sie innerhalb nur eines knappen Jahres segelfertig war und mit ihrem Unterwasserschutz aus Kupferblech im Salzwasser gefahren wurde, lag die "Artemis" während ihrer zweiten Entstehungsgeschichte viele Jahre im Süßwasser. Das hat nach Einschätzung der Sachverständigen den Wuchs des Holzpilzes begünstigt.