Seit 15 Jahren wird in Harburg um ein neues stilles Örtchen im Innenstadtbereich gestritten. Und ein Ende ist noch immer nicht in Sicht.
Harburg. Die Debatte um den Standort für eine neue öffentliche Toilette im Harburger Innenstadtbereich (das Abendblatt berichtete) erhitzt weiter die Gemüter. "Seit 15 Jahren wird dieses Thema jetzt diskutiert, ohne dass etwas passiert wäre. Das ist kaum noch zu vermitteln", sagt Ralf-Dieter Fischer, CDU-Fraktionschef in der Bezirksversammlung. Das sieht sein SPD-Pendant Jürgen Heimath ebenso: "Wir werden uns mit Nachdruck für eine schnelle Lösung des Problems einsetzen."
Die scheint trotz aller öffentlichen Bekundungen nicht Sicht, auch wenn Citymanager Matthias Heckmann im Abendblatt kürzlich beste Aussichten konstatierte, dass sich bald etwas bewegen werde. Denn nach wie vor besteht absolut keine Einigkeit darüber, wo die Toilette denn nun platziert werden soll.
Festgelegt haben sich FDP und GAL: Beide Fraktionen plädieren für den Standort am Schillerdenkmal. "Aus unserer Sicht wäre das optimal. Die vorhandene Toilette kann modernisiert und darüber ein attraktiver Baukörper geschaffen werden. Ebenerdig können hier eine behindertengerechte Toilette und eine neue Markttoilette ihren Platz finden", argumentiert der FDP-Fraktionsvorsitzende Carsten Schuster. Und erhält Rückendeckung durch Ronald Preuß von der GAL: "Für uns hat dieser Vorschlag Priorität allein schon wegen des Kostenfaktors. In Zeiten knapper Kassen sollten bereits vorhandene Installationen genutzt werden."
Für die SPD-Fraktion ist dieser Standort "nicht akzeptabel", wie Jürgen Heimath wissen ließ: "Wir reden hier über einen Neubau mit einer Grundfläche von 100 Quadratmetern, also in der Größe eines kleinen Einfamilienhauses. Das wäre vor allem für die Commerzbank und die Sparkasse Harburg-Buxtehude eine Zumutung." Mit Blick auf die beiden Bankfilialen begründet auch Fischer die Vorbehalte der CDU-Fraktion: "Da gibt es offenbar massiven Widerstand." Weil sich aber insbesondere die Sparkasse sehr für die Innenstadt-Entwicklung engagiere, könne man sich über ihr Veto kaum hinwegsetzen.
Einen eigenen Vorschlag bleiben die beiden Fraktionen bislang indes schuldig. Die Standortfrage sei schon wegen der schieren Größe der benötigten Fläche ein Problem, erklären Heimath und Fischer unisono. Denn es gehe ja nicht nur um eine öffentliche Toilette, getrennt für Männer und Frauen, sondern auch um Extrabereiche für Behinderte und die Marktbeschicker. Dies alles unter einem Dach zu realisieren, sei nicht möglich. Ralf-Dieter Fischer geht noch einen Schritt weiter: "Ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept für Sand und Rathausplatz samt neuen Plätzen für Müllbehälter und Fahrradständer kann der Toilettenneubau eigentlich nicht angegangen werden."
Das Konzept habe die SPD bereits in einem Antrag vom Juni 2011 von der Verwaltung nachdrücklich gefordert, sagt Heimath. Doch erst im Dezember seien vom Baudezernenten dann entsprechende Pläne vorgestellt worden. Mit etwas gutem Willen aller Beteiligten hätte die Kuh längst vom Eis sein können. "Aber da ist allzu oft verschleppt und blockiert worden in den vergangenen Jahren. Dass sich Verwaltung und Politik gegenseitig die Verantwortung zuschieben, muss aufhören. Das sind wir vor allem den Bürgern unserer Stadt schuldig", sagt Heimath.
Die Notwendigkeit, endlich zu substanziellen Entscheidungen zu kommen, unterstreicht auch Ronald Preuß. Dass dies zeitnah passieren wird, sieht er aber nicht: "Es gibt in der momentanen Diskussion keinen einzigen Standort, der auf ungeteilte Zustimmung trifft." Eine öffentliche Toilette störe offenbar immer und überall.
Wohl auch deshalb brachte jüngst Baudezernent Jörg Heinrich Penner die Idee ins Spiel, den Toilettenneubau als Solitär mitten auf den Sand zu setzen. Wie bereits berichtet, stößt der Vorschlag bei den Marktbeschickern auf wenig Gegenliebe: Er würde die angestrebte Neustrukturierung des Wochenmarktes erheblich erschweren.
Gegen den Standort im Tunnel zwischen Sand und Rathausplatz gab es massive Gegenwehr einer Einzelhändlerin, die dort ein Bekleidungsgeschäft betreibt. Auch beim erwogenen Umbau der ehemaligen Arko-Filiale am Sand sind Proteste der benachbarten Geschäfte programmiert. Und dass der "Bolero-Komplex" demnächst einem attraktiven Neubau weichen könnte, in dem ebenerdig eine umfassende Toilettenanlage das als "Tropfsteinhöhle" verschriene Marktklosett ersetzen könnte, wie es Citymanager Matthias Heckmann vorschwebt, erscheint momentan als die unwahrscheinlichste Option. So darf man gespannt sein, welcher (neue) Vorschlag am 16. Februar zur Diskussion stehen wird, wenn das Thema im Stadtplanungsausschuss einmal mehr auf der Agenda steht.