Auswahl: Menschen mit geringem Einkommen, Rentner und Arbeitslose können am Küchgarten günstig einkaufen.
Harburg. Ursula Rabus (46) stellt im Café des neu eröffneten Sozialkaufhauses vom katholischen Bildungsträger In Via am Küchgarten 19 Gläser mit Orangensaft, Sekt und Mineralwasser auf ein Tablett. "Zwölf Jahre war ich arbeitslos, hatte in einer Schokoladenfabrik gejobbt", erzählt sie, während sie vorsichtig die Treppen zum Erdgeschoss hinuntergeht. Allerdings machte die Firma plötzlich pleite, "und ich stand wieder vor dem Nichts. Danach habe ich für das Obdachlosenmagazin "Hinz und Kunzt" Zeitungen verkauft. Ich musste etwas zu tun haben", sagt sie. Sie bietet Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg, der mit Bürgerservice-Dezernent Bernhard Schleiden zur Eröffnung gekommen ist, ein Glas Saft an. "Es ist gut, dass es in Harburg Einrichtungen gibt, in denen Menschen mit geringem Einkommen einkaufen aber sich auch eine neue Berufsperspektive erarbeiten können", sagt Meinberg. 53 Beschäftigungslose werden hier für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht. Einige arbeiten in einer Näh- und Holzwerkstatt des 700 Quadratmeter großen Gebäudes gebrauchte Möbel und Textilien mit kleinen Fehlern wieder auf. Andere Fairkauf-Mitarbeiter bestücken die Regale mit Deko-Artikeln, Büchern und Kinderspielzeug sowie Bekleidung. Ursula Rabus ist fürs Café im ersten Stock zuständig, nimmt an einer Gastronomie-Schulung teil.
Meinberg und Schleiden besichtigen unterdessen die Kinder-Abteilung. "Hier kaufen vorwiegend Alleinerziehende ein. Mütter und Väter, die auf Hartz IV angewiesen sind, können sich nicht so leicht neues Spielzeug für ihre Kinder leisten", berichtet Renate Anhaus, Geschäftsführerin von In Via. Die Spielgeräte, Plüschteddys und Textilien stammen wie auch die anderen Verkaufsgegenstände im Laden aus Spenden. "Wir haben heute am ersten Tag schon erstaunlich viel Spielzeug verkauft", sagt Maria Lehnert (25). Die junge Harburgerin ist mit ihrem sechsjährigen Sohn Brian ebenfalls auf Sozialleistungen angewiesen, war drei Jahre ohne Job und will künftig als Verkäuferin arbeiten. "Ein Roller kostet 3,50 Euro, für einen gut erhaltenen Fahrradhelm haben wir drei Euro verlangt. Diese Angebote können sich auch Menschen mit geringem Einkommen leisten", sagt sie.
Leute, die bei Fairkauf einkaufen wollen, müssen bei Rosita Ramcke (52) im Kassenbereich ihre Bedürftigkeit nachweisen. Hartz-IV-Empfänger zeigen hier ihre Leistungsnachweise vor, und Geringverdiener ihren Lohnbescheid, der 800 Euro netto nicht überschreiten darf. Aber auch BAföG-Bezieher und Senioren mit schmaler Rente können sich bei Fairkauf eindecken. Ramcke ist selbst arbeitslos, war lange Zeit Kosmetikerin, dann als Ein-Euro-Kraft in einem Theater tätig. Sie könnte sich gut vorstellen, in Zukunft in einem Einkaufszentrum am Info-Stand zu arbeiten. Ob es offene Stellen gibt, darüber kann sie sich im ersten Stock an Computer-Terminals informieren. Und sollten Probleme bei der Arbeitssuche auftauchen, steht Hilfesuchenden eine Sozialberaterin zur Seite. Konkurrenz zum gegenüber ansässigen Spendabel-Sozialkaufhaus fürchtet In-Via-Geschäftsführerin Renate Anhaus nicht. "In Harburg werden diese Einkaufsstätten gebraucht. Es gibt viele bedürftige Menschen, da kann ein wenig Auswahl nicht schaden", sagt sie. Und Bezirksamtsleiter Meinberg nickt.
Fairkauf am Küchgarten hat montags bis freitags jeweils ab 10 bis 19 Uhr und sonnabends von 10 bis 14 Uhr geöffnet.