Das Personal der Filialen Wilhelmsburg und Harburg will mehr Gehalt und sichere Arbeitsverhältnisse - und das im Weihnachtsgeschäft.
Harburg. Yasin Yildiz (38) ist schon seit zwölf Jahren bei Marktkauf in Harburg beschäftigt. Heute hat er anstelle seines Arbeitskittels jedoch eine Schürze mit dem Aufdruck "Wir sind das Haus" übergezogen. Zusammen mit 70 weiteren Beschäftigten aus den Marktkauf-Filialen in Wilhelmsburg und Harburg steht er am Seeveplatz vor dem Supermarkt und streikt. "Die Qualität meiner Arbeit und die meiner Kollegen wird nicht mehr geschätzt. Wir sind nur Billigarbeitskräfte", sagt er wütend. Bereits am frühen Morgen haben Yildiz und 500 weitere Marktkauf-Angestellte aus den Filialen in Harburg, Wilhelmsburg, Bergedorf, Buxtehude und Wismar ihre Arbeit niedergelegt. Sie fordern mehr Gehalt und sichere Arbeitsverhältnisse. "Wir wollen, dass sich auch Marktkauf an die im Hamburger Einzelhandel gültigen Tarifverträge hält", sagt Ugur Sedat Cici, Betriebsrat der Harburger Filiale.
Die 180 Marktkauf-Dependancen in Deutschland gehören zum Edeka-Konzern. "Und die dortige Geschäftsleitung will 2,25 Prozent weniger zahlen als andere Unternehmen. Bereits im Juni wurden die Haustarifverträge von uns aufgekündigt. Die neuen Angebote von Edeka können wir nicht akzeptieren", sagt Ver.di-Gewerkschaftssekretärin Heike Lattekamp, die die Streikenden unterstützt. "Nun will man uns statt Zulagen und ein annehmbares Gehalt Warengutscheine geben, die wir dann in den Marktkauf-Geschäften einlösen können. Das ist unverschämt", so Betriebsrat Cici. Auch die Zulagen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sollen wegfallen, wenn es nach den Plänen von Edeka geht - Pläne, die Yidiz wütend machen. "Ich verdiene 1350 Euro netto, habe zwei Kinder zu versorgen, zahle Miete, kaufe ein. Damit wir uns mal etwas gönnen können, brauchen wir die Bonus-Zahlungen", sagt er. Und außerdem sei das zusätzliche Geld "ja auch eine Wertschätzung meiner Arbeit." Trotz Druck seiner Vorgesetzten beteiligt er sich an der Kundgebung. Auch Melanie Heise (24), Auszubildende bei Marktkauf Harburg, ist dabei. "Ich verdiene im zweiten Lehrjahr etwa 325 Euro. Wenn das Unternehmen jetzt noch die Zulagen streicht, wird es eng für mich und meine Kinder. Ob ich bei Marktkauf eine Perspektive habe, weiß ich nicht."
"Alles Polemik", sagt Carsten Koch, Geschäftsführer bei Edeka-Nord. Man habe den Marktkauf-Mitarbeitern eine Erhöhung von 1,25 Prozent angeboten und "Warengutscheine als Dankeschön", sagt er gegenüber dem Abendblatt. Edeka wolle nicht in den Flächentarifvertrag einsteigen, "weil wir in unseren Häusern vor Ort flexibel auf die wirtschaftliche Entwicklung reagieren wollen. Der Kampf um die Kunden ist schon hart genug", sagt er. Deshalb würden die Marktkauf-Filialen - auch in Harburg - "massiv neu aufgestellt werden".
In den Hamburger Filialen geht der Verkauf weiter, während die Mitarbeiter in Harburg demonstrieren. "Die trauen sich was", sagt ein Mitarbeiter und schaut auf die Gruppe, die sich vor dem Marktkauf-Centereingang postiert hat. Marina Meier, Betriebsrätin von Marktkauf Wilhelmsburg, winkt ihm zu. Mitten im lukrativen Weihnachtsgeschäft die Arbeit niederzulegen, komme in der Chefetage nicht gut an. "Hier draußen sind nur die Mutigen", sagt sie.