Gerade mal zwei indische Restaurants haben sich in Buxtehude und Lüneburg niedergelassen. Wir nehmen beide unter die Lupe.
Buxtehude/Lüneburg
Deutschland entdeckt sein Herz für Inder. Bollywood boomt und Oscar-Absahner "Slumdog Millionär" fasziniert die Massen. Wer nach dem Kinobesuch authentisch essen möchte, muss auf die Suche gehen. Nur zwei indische Restaurants existieren in den Landkreisen Stade und Lüneburg, doch die sollten Sie unbedingt mal probieren.
India Haus
In der Lüneburger Altstadt haben drei Brüder von Familie Ahmad aus Pakistan im Jahr 2000 den Grundstein gelegt für ihr kleines indisches Imperium. Mittlerweile wurden in Hannover, Hildesheim und Peine India Häuser eröffnet. Im Sommer soll eines in Stade hinzukommen.
Ihr Konzept ist immer gleich: An verschiedenen Orten dieselbe Speisekarte mit größtmöglicher Authentizität. Dafür werden die Köche direkt aus Indien geholt und bekommen Vierjahresverträge. Danach kommen die nächsten. Der Gast kriegt davon nichts mit, auf ihn warten Geschmacks-Erlebnisse aus einer fremden Welt. Kardamom, Koriander und Kurkuma - Gewürze, die es bei Muttern zu Hause nicht gibt. Das Ritual im India-Haus ist eingespielt: Mit der Karte bekommt der Gast hauchdünnes Knusperbrot namens Papadam serviert, etwas lieblos auf Porzellan und ganz schön scharf. Das steigert Durst und Getränkeumsatz. Danach kämpft sich der Laie durch ein recht unübersichtliches Angebot aus Gerichten für Vegetarier, Hühnerfreunde, Lammverkoster und Grillfans. Weniger wäre mehr. Hilfe tut Not. Auf Empfehlung von Restaurantleiterin Sergina Beit-Allahverdi ordern wir eine der vielen Spezialitäten-Platten mit Best-of-Programmen subkontinentaler Esskultur. Nun heißen die Platten zwar Platten, haben aber mit der Grillplatte beim Griechen wenig gemein. Genau genommen ist unsere India-Haus-Platte für 41,90 Euro und zwei Personen ein stattliches 5-Gänge-Menü.
Als Starter serviert Lena Ott, Azubi des Hauses, einen Pflaumenwein, den ich am Ende eines Essens beim Chinesen genauso überflüssig finde wie jetzt, dazu ein ziemlich deutscher, gemischter Salat. Indien schmecke ich erst bei der köstlichen Mandelcremesuppe. Danach wird's ernst: Die als Vorspeise deklarierten Garnelen und Lamm sehen in ihrer typischen Gusspfanne aus wie ein Hauptgericht, das man sich dann einfach teilt. Geschmack tadellos, auch wenn eine Schärfewarnung für empfindliche Gaumen angebracht gewesen wäre. Das eigentliche Problem: Wir sind satt und der Höhepunkt kommt erst noch. Vielleicht liegt es auch am Timing. Die Gänge kommen zu schnell hintereinander, wir brauchen eine Pause. Nach genügend Entspannung und Genuss indischen Weins wird aufgetafelt: drei kleine Kupferkessel mit je einem Hühner-, Fisch- und vegetarischem Gericht in verschiedenen Schärfegraden. Dazu Safranreis und leckeres Bhatura, ein fritiertes Brot, das schmeckt wie Schmalzgebäck ohne Puderzucker. Eine überzeugende Vorstellung mit ganz kleinen Schwächen. Ratsam ob der Mengen: die Tupperdose für zu Hause.
Jogi
Gurinder Singh Gothra kocht seit 18 Jahren in Deutschland. Und obwohl er in dieser Zeit unter-schiedlichste Länderküchen zubereitete, hat er erst im März 2007 ein indisches Restaurant eröffnet. Aus den Rezepten seiner Heimat entstand das Konzept von Jogi. Die uralte Heilslehre mit zahlreichen ayurvedischen Einflüssen ist Bestandteil vieler Gerichte, die hier inmitten der Buxtehuder Altstadt auf drei Ebenen präsentiert werden. Einheimische kennen das Fachwerkgebäude noch als Fisch- und Steakhaus.
Ganze drei indische Familien leben in Buxtehude. Auf seine Landsleute kann der Chef nicht zählen, um die 60 Plätze regelmäßig zu füllen. Der deutsche Gaumen soll erobert werden. Freundlicherweise wird in der Karte vorgewarnt: "Bitte sagen Sie unserem Personal, ob die Speisen europäisch mild, scharf oder indisch scharf serviert werden sollen." Auf den Vergleichstest verzichten wir. Obgleich die indischen Joghurt-Drinks namens Lassi Schärfe wunderbar mildern. Es gibt sie ab 3 Euro, süß oder salzig serviert im kühlen Kupferbecher. Vorsorglich kommen zum Nachwürzen Ingwer, Knoblauch und frische Chilis als Dips auf den Tisch.
Das Ambiente erscheint im Vergleich zu Lüneburg ein Stück weit moderner. Dunkles Holz, Tücher bunt wie Bollywood-Filme, an der Wand Ganesha, der Gott mit Elefantenkopf. Auch die Karte wirkt ambitionierter. Pluspunkt in der Küche: ein Original Tandoori-Lehmofen, quasi der stromlose Volksherd Indiens. In ihm werden Fleisch- und Fischspieße gegart, an seinen Wänden unterschiedliche Brotspezialitäten gebacken. Traditionell gelten indische Restaurants als Paradiese für Vegetarier. Vieles, was Patron Gotha an vegetarischen Rezepten noch im Kopf hat, passt gar nicht auf die Speisekarte. Bereits jetzt widmet sich ein großes Kapitel fleischloser Kost. Zum Beispiel Panzer Jogi, Rahmkäse mit Rosinen, Mandeln, Kokosnuss und Früchten (11,50 Euro), der vor Ort selbst hergestellt wird. Reis und Brot kommen automatisch dazu. Vorweg empfehlen sich die unterschiedlichen Pakoras. Das sind Gemüse, die mit Gewürzen in einer Panade aus Kicherbsenmehl gebacken werden. Der Hausherr liebt Gewürze. Über 50 Sorten werden in seinen Gerichten verarbeitet. Koriander- und Peperonisamen züchtet Gurinder Singh Gothra im eigenen Garten und erntet frisch für seine Gäste. Und auch bei ihm heißen die Menüs Platten, die keine sind, und bieten mit verschiedenen Schwerpunkten gute Geschmackserlebnisse für Einsteiger. Ab 30 Euro bekommen zwei Personen recht viel fürs Geld, inklusive Garantie zum Sattwerden. Tupperschüssel nicht vergessen!