Dubberke in der Bremer Straße ist die letzte Drogerie in der Stadt. Feinkost Cohrs in der Knoopstraße gibt es seit mehr als 100 Jahren. Mögliche Nachfolger für das Geschäft sind abgesprungen - zu viel Arbeit.

Harburg. Harburg verliert in diesem Monat zwei alteingesessene Fachgeschäfte: Mehr als 100 Jahre existierte der von Emma Cohrs gegründete Feinkostladen in der Knoopstraße - jetzt gibt ihr Enkel Hans-Jürgen Wittig (68) das Geschäft auf. Und mit der Firma Dubberke in der Bremer Straße schließt Harburgs letzte verbliebene Drogerie. In beiden Fällen gehen die Inhaber in den Ruhestand und haben keinen Nachfolger finden können.

Die Drogerie Dubberke verschwindet - für Oldtimer-Besitzer in schier unersetzlicher Verlust. Denn der jetziger Inhaber Joseph Ehrigsen (66) besitzt die seltene Gabe, von Hand Farbtöne von Autolacken mischen zu können, die heute gar nicht mehr produziert werden. Der gelernte Drogist mischt "nach Auge", wie er sagt, und trifft Zwischentöne und Nuancen offenbar genauer als der "Kollege Computer", mit dem heute in der Branche hantiert wird. So kam der Fachhandel aus Harburg zu einem Kunden in Russland. "Ich sollte die Farbe für eine ganz bestimmte Maschine herstellen", erinnert sich Joseph Ehrigsen. Und auch die Hells Angels hätten sich vom ihm den Blauton für ihre Motorräder mischen lassen.

"In der Branche sind wir mal als zweitbeste Drogerie unserer Größenordnung in Deutschland ausgezeichnet worden", sagt Joseph Ehrigsen stolz. 1963 stieg er als Lehrling in den Betrieb ein, den sein Onkel Karl Dubberke am 3. Dezember 1952 gegründet hatte. 1979 übernahm Joseph Ehrigsen dann das Geschäft. Heute ist seine Frau Monika (60) sein einziges Personal.

36 Drogerien habe es 1960 in Harburg gegeben - übrig geblieben ist nur noch Dubberke. Die Entwicklung in der Branche beschreibt Joseph Ehrigsen so: "Wir hatten mal eine Goldmine, dann eine Silbermine und jetzt haben wir immerhin noch eine Kupferhütte." Das Geschäft laufe, betont der Drogist. Einen Nachfolger konnte er trotzdem nicht finden. Zwei Kandidaten hätten nach acht Wochen das Handtuch geworfen. "Sie wollten nicht so viel arbeiten." Über sich sagt Harburgs letzter selbstständiger Drogist: "Ich habe dreieinhalb Jahre Überstunden." So hält sich die Wehmut in Grenzen. Am 31. Dezember ist Schluss. Joseph und Monika Ehrigsen gehen in den Ruhestand. Dann ist mehr Zeit für die Hobbys: das Pistolenschießen und die Rahlstedter Motorrad Oldies. Ehrigsen fährt eine alte BMW R 50. Die Räume des Traditionsgeschäftes wolle der Vermieter zu Wohnungen umbauen.

Ein zweites Harburger Fachgeschäft schließt bereits in 14 Tagen: Die Regale in Hans-Jürgen Wittigs Feinkostladen in der Knoopstraße sind schon sichtbar leer. Einst standen hier mehr als 100 Sorten Whisky. Damit sich der Räumungsverkauf nicht so trist auswirkt, verkauft Wittig neben Wurst, Konserven und belegten Brötchen noch teile der Modelleisenbahnsammlung seines Vaters: Loks und Waggons der Marke Märklin - ein einzigartiges Sortiment.

Seit 44 Jahren betreibt Wittig den Feinkostladen, den seine Großmutter vor mehr als 100 Jahren gegründet hat. Das Geschäft hatte seinen Standort immer in der Knoopstraße oder in der Nachbarschaft - ausgebombt nach dem Zweiten Weltkrieg sogar vorübergehend in einer Baracke.

Jetzt geht Hans-Jürgen Wittig in den Ruhestand. Den Supermärkten und Discountern müsse er nicht weichen, sagt er. "Wir haben voll auf Qualität gearbeitet", so der gelernte Einzelhandelskaufmann. Vor allem mit "Wurscht" von verschiedenen Landschlachtereien- auch nach 44 Jahren Harburg hört man noch den süddeutschen Zungenschlag - habe der Feinkostladen seine Nische gefunden. Ein Nachfolger aber fand sich nicht: "Die Arbeit", sagt Wittig, "macht sich keiner mehr. Ich stehe um vier Uhr morgens auf und habe um 19 Uhr Schluss." Im Ruhestand wird er erst einmal Urlaub machen - zum ersten Mal seit acht Jahren.