Bis zur internationalen Gartenschau 2013 soll die Wilhelmsburger Reichsstraße Vergangenheit sein. Noch ist aber kein Ersatz in Sicht.
Wilhelmsburg. Sie soll weg. Und zwar schnell. Die Tage der Wilhelmsburger Reichsstraße scheinen gezählt. Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, Anja Hajduk (GAL), sieht vorrangigen Bedarf für eine schnelle Entscheidung und ist im Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium. "Ja", sagt BSU-Sprecher Björn Marzahn, "in fünf Jahren, zur internationalen Gartenschau und zur internationalen Bauausstellung soll die Straße schon nicht mehr vorhanden sein. Das würde Platz schaffen für eine völlige Neugestaltung der Wilhelmsburger Mitte."
Ohne die Wilhelmsburger Reichsstraße (B4/75) sind alle bisherigen Bebauungsplan-Entwürfe (Wilhelmsburg 89/90/91 und 92) schon Makulatur. Bei einem Workshop der internationalen Bauausstellung (iba) und der internationalen Gartenschau (igs) wurde der Entwurf des luxemburgisch-niederländischen Stadtplaners Jo Coenen und der "agence ter" als Grundlage für den Masterplan "Neue Mitte" prämiert. Bis Ende August soll der Flächenbedarf für den neuen Masterplan ermittelt werden. Dann liegen möglicherweise auch schon detaillierte Ansichten der Planung vor.
In der jetzigen Darstellung bleibt das Wilhelmsburger Schwimmbad beispielsweise dort, wo es ist - an der Ecke Dratelnstraße/Neuenfelder Straße - und wird nicht mehr auf das igs-Gelände südlich der Neuenfelder Straße verlegt. Der geplante Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), nördlich der Neuenfelder Straße, bekommt ebenfalls eine neue Anordnung. Beplant wird nun das gesamte Gebiet vom Spreehafen im Norden bis Aßmannkanal im Westen, Bahnlinie im Osten und igs-Gelände im Süden. Gartenschau und Bauausstellung können ohne die Reichsstraße auch Geld sparen.
Im Bereich des Ausstellungsgeländes müsste sonst teurer Lärmschutz gebaut werden.
Aber: Kommt es wirklich so weit? Kann auf die Wilhelmsburger Reichsstraße überhaupt verzichtet werden? Noch gibt es keine Ausweichstrecke für die täglich mehr als 60 000 Autofahrer. Die Verhandlungen zwischen Hamburg und dem Bundesverkehrsministerium zum Bau einer Hafenquerspange (Autobahnverbindung A1/A7/A26) sind noch nicht entscheidungsreif - möglicherweise aber im Herbst. Im Masterplan-Entwurf zur neuen Mitte verlegte Jo Coenen die Reichsstraße auf das Bahngelände und sieht auch einen Abzweiger der Hafenquerspange durch den Wilhelmsburger Norden vor - eine inzwischen bereits als zu teuer eingestufte Variante. Als kostengünstiger gilt die Südtrasse: A1/Stillhorn, Kattwyk-Süderelbetunnel, A7/A26-Moorburg. In diesem Straßenverlauf befindet sich die marode, halbseitig gesperrte Brücke der Straße Kornweide über die Wilhelmsburger Reichsstraße. Sie ist mit Blick auf die ungewisse Entscheidung bislang nicht erneuert worden.
Ronald Dittmer, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und Mitglied des Wilhelmsburger Regionalausschusses: "Ich fürchte, dass die nur noch knapp fünf Jahre bis zur Ausstellung kaum noch reichen, die Vorhaben zu verwirklichen. Die Beteiligten dürfen sich nun nicht mehr verzetteln. Ich erwarte von neuen aufzustellenden Bebauungsplänen eine Nachhaltigkeit von mindestens 50 Jahren."