Viele Feinschmecker haben “ihren Lieblings-Italiener“. Die Harburger Rundschau hat drei sehr unterschiedliche Lokale besucht.
Harburg/Stade/Buchholz. Bei Regen bringt vielleicht italienisches Essen etwas Sonnenschein ins Leben. Für Sie getestet haben wir einen Italiener an der Ecke, einen auf dem Wasser und einen im Wald.
L'anseatico da Valerio & Andrea
Das L'anseatico liegt an der Ecke Cuxhavener Straße/Süderelbebogen in Neugraben. Tausende Autos fahren auf der B 73 täglich vorbei. Lohnt die Einkehr?
Das Aquarium am Eingang ist leer, der Hummer darauf aus Plastik. Valerio Tonini bedauert. Das Geld fürs Kühl-Aggregat fehle. Seine Gäste müssen auf das edle Krustentier nicht verzichten. 500 Gramm Hummerfleisch kommen mit Spaghetti und Venusmuscheln für 25 Euro aus der Küche. Auf der Edelfischplatte (19,50 Euro) ist der Hummer einer von mehreren Hauptdarstellern. Das L'Anseatico ist kein Edel-Restaurant. Es ist vielmehr das Resultat einer Liebesgeschichte zwischen Valerio aus Venedig und Andrea aus Hamburg. Nachdem er 1969 "der ersten deutschen Frau hinterhergelaufen" sei, sind die beiden seit einigen Jahren auch ein gastronomisches Gespann. Sechs Jahre hatten sie das Marktcafe am Hamburger Fischmarkt. Die Mischung aus italienischer Küche und deutschen Gerichten haben sie Anfang 2006 nach Neugraben importiert. Pannfisch mit Bratkartoffeln, Scholle Finkenwerder und Matjes nach Hausfrauen-Art schmecken deutsch. Die meisten Gäste wollen es mediterran. Und auch, wenn Gnocchi, Torteloni oder Parpadelle selbstgemacht sind - ein Künstler ist hier nicht am Werk. Gleichwohl ein guter Handwerker.
Allerdings könnte das Ambiente ein bisschen mehr Frische vertragen. Meeresbewohner aus Plastik in Fischernetzen über den Köpfen der Gäste sind nicht mehr zeitgemäß. Die Erwartungen der Hungrigen werden erfüllt, der Überraschungseffekt bleibt aus. Immerhin kann der Chef mit einem 1974er Barolo, bis zu 16 Jahre altem Whisky und einer ordentlichen Auswahl an Grappe richtig angeben.
Al Porto
Sandro Zonca ist ein Künstler. Seit er vor 27 Jahren aus Sardinien nach Deutschland kam, ist die Küche sein Atelier. Zwölf Flammen lodern für seine Gäste. Deren Ansprüche sind hoch, schließlich sitzen sie nicht nur überm Wasser des Burggrabens, sondern auch in einem der besten drei Restaurants von Stade (zusammen mit dem Knechthausen und Barbarossa). Die Atmosphäre ist fantastisch. Bei schönem Wetter baumelt die Seele im selbst angelegten Gastrogarten. Die 70 Außenplätze verstecken sich in lauschigen Ecken.
Vieles erntet der Küchenchef hier am frühen Morgen: Thymian, Rosmarin und Salbei aus der Kräuterfraktion und sogar Mangold, Feigen und Honigmelonen. Ehefrau Patricia managt den Service. Die drei Töchter helfen. Unsere Entspannungstherapie beginnt mit Biolachs auf grüner Feige, daneben Büffelmozzarella mit San-Marzano-Tomaten. Zweiter Genussakt: Jakobsmuscheln in Safransoße auf geschmortem Rucola. Dann die Trilogie von hausgemachten Ravioli: einer mit Trüffel gefüllt auf frischen Pfifferlingen, ein anderer mit Ricottaspinat und der letzte mit Hummer in einer zu scharfen Soße. Das Menü hat Niveau. Danach nochmal Hummer und Rotbarbe in einer klaren, säuerlichen Weißweinsuppe und selbst geernteten Baby-Zucchini. Und als Hauptgang Rinderfilet auf Auberginen-Zucchini-Feigen-Gemüse unter gratiniertem Parmesan. Fantastico! Nach der Tartufokugel mit Limoncello und Minze stört noch nicht mal die Rechnung. 38 Euro für 4 Gänge muss der Feinschmecker einplanen.
Das alles mit Spitzenprodukten, aber einfach zubereitet. Kein Schaum, kein dicke Soße. Gekocht von einem , dem die Kreationen schon mal nachts im Bett einfallen.
Il Sole
In Buchholz gibt's auch so einen "Kochverrückten". Enzo Salerno steht für kompromisslose Qualität. Seine Inspiration für die tagesfrische Tafel holt er sich auf dem Fischmarkt. Die Liebe zur Arbeit in der Küche hat er von der Mama geerbt. Für elf Kinder musste sie zu Hause kochen. Drei davon arbeiten im Il Sole. Neben Küchenchef Enzo sein Bruder Giochhino als Restaurantleiter und Schwester Maria, die für die selbst gemachte Pasta zuständig ist. Außerdem belebt Schwager Giovanni den Service, der schon mal die Gäste mit italienischen Liedern überrascht. "Sie sind unsere Könige", sagt Enzo. Und das seit elf Jahren. Zwei Gabeln im Michelin und treue Wiederholungsgenießer sind der Lohn. Das, was am und auf dem Herd entsteht, sei "mediterrane Küche ohne Tricks".
Gäste steuern das Restaurant am Besten über den Seppenser Mühlenweg an, um nicht die ganze Holperpiste Lohbergenstraße befahren zu müssen. Früher war hier mal ein Naturfreibad. Und was steht heute auf der Tafel? Vorweg ein Polipo-Carpaccio mit Wildlachskaviar (13,50 Euro). Zwischendurch Ravioli gefüllt mit Scampi und Pfifferlingen, den Stars der Saison (12 Euro). Als Hauptgericht Seeteufelmedaillons mit Gartenkräutern auf mediterrane Art (25 Euro). Hervorragend!
Zum Mitnehmen verkaufen die Salernos direkt importierten Vino aus der Heimat, sizilianische Kaffeebohnen und von den Brüdern Pietro und Lillo produziertes Olivenöl. Wir freuen uns schon auf die Steinpilze, deren Auftritt hier bald zelebriert wird und kommen wieder.