Einmal im Monat gibt's gute Küche in der Harburger Rundschau. Heute: drei Landgasthöfe mit Tradition und ihren Ostermenüs.
Es gibt Landgasthöfe südlich der Elbe, die befinden sich seit Generationen in Familienbesitz. Ihre Betreiber haben Kriege, Unwetter und Fast Food überlebt und hatten über viele Jahre das Glück, dass immer mindestens ein Erbe geboren wurde, der den Betrieb weitergeführt hat. Hier die drei ältesten.
FROMMANN HOTEL & RESTAURANT
Die längste Gastronomie-Geschichte hat das Haus von Tina und Heiner Frommann in Dibbersen. 2006 feierte die 13. Gastwirts-Generation das 350-jährige Bestehen ihres Betriebes. Mit Christopher und Jessica steht bereits die 14. in den Startlöchern. Das verkehrsgünstig gelegene Haus an der Hauptstraße zwischen Hamburg und Buchholz lebt noch heute davon, dass Napoleon die B 75 als Heerstraße ausgebaut hat. Für das aktuelle Oberhaupt von Familie Frommann ist der Schlüssel zum Erfolg, dass seine Vorfahren es verstanden haben, nie die aktuellen Trends zu verschlafen. Eine vom Gastraum abgetrennte Küche mit separater Belüftung war die Errungenschaft des 18. Jahrhunderts, ein eigener Saal während der Entstehung der Vereinskultur die entscheidende Investition des 19. Jahrhunderts. Fortan sorgten Schützenvereine und Sparklubs für rege Umsätze. Toilletten im Haus, fließend Wasser und eine Zentralheizung sind für uns heutzutage selbstverständlich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das im Gasthaus Frommann als revolutionär gefeiert. Die Landwirtschaft spielt heute keine Rolle mehr. Viehhaltung gehört der Vergangenheit an. Gleichwohl kommen Grützwurst und Sülze immer noch aus eigener Herstellung. Und der allerneueste Trend des Hauses: das Bierbrauen. Lange Zeit ärgerte sich Frommann darüber, dass Gastronomen fürs Industriebier mehr Geld zahlen müssen als der Verbraucher im Getränkemarkt. Deswegen wird hier seit Kurzem hauseigenes Bier gebraut: Christophers Landbier. "Vollmundig und nährstoffreich", verspricht der Chef. Drumherum hat er dafür direkt am kupferfarbenen Sudkessel eine gemütliche "Braustuuv" installiert. Der Gast freut sich, ist das Eigenbräu (0,2 l für 1,50 Euro) doch billiger als das Markenbier. Dazu schmeckt zu Ostern die Lammkeule mit Wacholderrahmsoße, Champignons, Preiselbeeren, Butterbohnen und Kartoffelbällchen für 11,60 Euro - zubereitet von Wilfried Schröder, der als Küchenchef seit fast 35 Jahren für die Frommanns arbeitet.
HOTEL HOLLENSTEDTER HOF
Brigitte und Heinz Meyer-Hoppe feiern mit ihrem Betrieb in diesem Jahr 300-jähriges Bestehen. Zehn Generationen zuvor siedelte sich um 1700 Bartold Hoppe, ein Wandergeselle vom Neugrabener Falkenberg, in Hollenstedt an, heiratete die Tochter des Krugwirts und erbte die Hofstelle. Das Gasthaus namens "Bartelsschuurhus", das er damals baute, musste erst 1932 einer Scheune weichen. Der damalige Gastwirt Hein Hopp war ein echtes Multitalent: Nebenbei arbeitete er als Landwirt, Stellmacher, Fuhrunternehmer, betrieb einen Taxidienst, eine Tankstelle und ein Bestattungsinstitut. Die Gene für Aktivität scheinen bei Familie Meyer-Hoppe von Generation zu Generation weitergegeben zu werden. Auch Heinz Meyer-Hoppe wird es nie langweilig. Am letzten Mittwoch im Mai fliegt er wieder Richtung Holland, um von dort den ersten Matjes der Saison mit seiner einmotorigen Piper nach Deutschland zu holen. In der Freizeit fährt er Motocross- und Wüstenrennen und hat aus seinem Haus ein Moto-Route-Hotel gemacht mit besonderen Angeboten für Motorradfahrer. Und nebenbei ist er auch noch Fallschirmspringer. Was im Hollenstedter Hof seit Jahren beeindruckt, ist das Bemühen seines 20-köpfigen Teams um perfekten Service. Am Tisch wird tranchiert, filetiert und sogar flambiert. Hinter den Kulissen ist Rolf Gauls seit 40 (!) Jahren als Küchenchef für die Speisen verantwortlich. Zu Ostern gibt's Koteletts von Heidschnuckenlämmern in Trester von der Domina-Traube flambiert, dazu Basilikumrahm, Tagliatelle sowie frische Blattsalate in Vinaigrette (22 Euro). Als Menü mit dem ersten heimischen Spargel und vier Gängen für 35 Euro. Ob mit Heyka und Inga Meyer-Hoppe die elfte Generation den Betrieb einmal übernehmen wird, steht in den kalifornischen Sternen. Die beiden Töchter des Hauses leben und arbeiten in den USA.
DEGENHOF
Die Nachfolger-Frage stellen sich auch Elke und Norbert Leben in Schätzendorf. Ihr Sohn Marcus hat in Top-Häusern wie dem Schwarzwälder Hotel Traube Tonbach auf Sterne-Niveau gekocht und macht (noch) keine Anstalten, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. In der Heide wird schließlich anders gegessen als im Schwarzwald, und zwar deftig. Etwa 70 Prozent sind Wild-Bestellungen aus eigener Jagd, vor allem Reh-, Rot- und Schwarzwild. Dazu ein rustikaler Bauernschmaus (14,70 Euro) oder die beliebte Grützwurst von der Heidschnucke mit Bratkartoffeln und saurer Gurke (8,90 Euro). Der Degenhof ist ein niedersächsischer Bauernhof, dessen Chronik bis ins Jahr 1339 zurück reicht. Als Zehnthof des Lüneburger Michaelis-kloster mussten die Vorfahren von Familie Leben ihre Abgaben an die Mönche zahlen. Noch heute werden auf 75 Hektar Raps und Getreide angebaut. Die Schankrechte bestehen seit 122 Jahren. 1911 soll hier Kaiser Wilhelm übernachtet haben. Mittlerweile kommen weniger prominente Gäste auch wegen der herrlichen Lage direkt am Naturschutzgebiet Lüneburger Heide. Zu Ostern sind noch ein paar Doppelzimmer (ab 60 Euro) zu haben. Für Idylle sorgt das renovierte Fachwerkhaus von 1527. Vor ein paar Jahren gab's in Folge der hervorragenden Restaurierung den Preis für Denkmalpflege der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Das Ostermenü von Küchenchefin Elke Leben: Lammrückensteak an Champagnersoße mit Pfifferlingen, Herzoginkartoffeln und einem gemischten Salat für 18,50 Euro.