Klaus-Dieter Bossow ist der neue Plattdeutsch-Beauftragte des Landkreises Lüneburg. Die Sprache lernte er in einem Dorf bei Rostock.
Kirchgellersen. Vielleicht kann Klaus-Dieter Bossow über den eigenen Berufsstand so ehrlich lachen, weil er eigentlich nie Lehrer werden wollte: "Haben von nix 'ne Ahnung, wissen aber alles besser." Mittlerweile ist der Wahl-Kirchgellerser seit knapp neun Jahren im Ruhestand und kann noch lockerer als ohnehin über seine Zunft sprechen. Seit Ende 2006 ist er in Lüneburg zuständig für den Erhalt der plattdeutschen Sprache - im Landkreis macht er das schon seit sechs Jahren.
Maschinenbauer oder Pilot wollte Klaus-Dieter Bossow werden, als er Mitte der 50er-Jahre nach Westdeutschland kam. Für den Pilotenberuf konnte er zu wenig Englisch, der Rest kostete Geld, "nur das Pädagogik-Studium gab's damals umsonst". Und da der junge Mann ohne seine Familie aus der DDR geflohen war, blieb ihm keine Wahl.
Ganz einfach war die Flucht damals noch: "Ich brauchte nur ein Zugticket von Berlin-Friedrichstraße nach Potsdam zu lösen und aus Versehen in West-Berlin auszusteigen. Tja, was soll man da machen." Die Mauer gab's noch nicht, und so machte Bossow eine Prüfung, um sein DDR-Abitur im Westen anerkennen zu lassen und studierte in Osnabrück Lehramt für die Volksschule.
Geboren in Hinterpommern hatte Bossow mit Plattdeutsch zunächst nicht viel zu tun. "Meine Großmutter war Schäferstochter, der galt platt zu sprechen als unfein", erklärt der 71-Jährige. 1945 flohen Bossows Eltern mit den drei Kindern nach Mecklenburg, landeten in einem Dorf bei Rostock. Dort lernte der kleine Klaus-Dieter platt, ob er wollte oder nicht: "Von den anderen Jungs habe ich so lange 'n Fell voll gekriegt, bis ich's konnte", sagt er lachend. "Dann konnte ich Platt, habe in Diktaten aber null Fehler gemacht - und wieder 'n Fell voll gekriegt." Also baute er Fehler in seine Texte ein - das merkte der Lehrer zwar, aber wenigstens verdroschen ihn die anderen Jungs dann nicht mehr.
43 Jahre Arbeit als Pädagoge: Die schönste Zeit war für Klaus-Dieter Bossow die als Leiter einer einklassigen Volksschule im Kreis Gifhorn - "da konnte ich alles unterrichten" - auch Platt. Denn als er das vorher einmal in Munster probiert hatte - auf dem Stundenplan stand Sport oder Verkehrserziehung, das Wetter war aber schlecht, es gab keine Halle, und die Verkehrsschilder hatten sie schon alle durch -, bekam er "vom Rektor einen auf den Kopp".
In Lüneburg schließlich ließ er ab 1973 seine Schüler Theaterstücke auf Platt aufführen und rief einen plattdeutschen Vorlesewettbewerb mit ins Leben. Und im Rückblick scheint ihm die Wahl des Lehrerberufs dann doch gar nicht so schlecht: "Es hat viel Freude gemacht, war die richtige Entscheidung."
Als Plattdeutsch-Beauftragter hat er nun zwar keine wirklich ruhige Rente, aber: "Der Rentner, der keine Zeit hat, ist am besten dran."