Kunstwerk: Rotarier machten Lüneburg ein Geschenk. Das Stadtmodell aus Bronze kann vorm Rathaus betrachtet werden. Blinde können an ihm die Stadt ertasten.

Lüneburg. Aufmerksam tasten sich die Hände von Helga Neumann an der schmalen Baumreihe aus Bronze entlang: "Was das hier ist, kann ich noch nicht genau erkennen", sagt die Dame in Rosa. Sie ist die Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachsen, und was sie befühlt, sind die Linden an der alten Lüneburger Stadtmauer. Zu seinem 50jährigen Bestehen hat der Lüneburger Rotary Club der Stadt ein Modell geschenkt - anschaubar für Sehende und begreifbar für Blinde.

"Am Sande" steht beispielsweise in Braille-Schrift auf dem großen leeren Feld nahe der St.-Johannis-Kirche, "dieses Modell ist eine Bereicherung, ich habe mich schon lange gefreut, es anschauen zu können", sagte Helga Neumann bei der feierlichen Übergabe an die Stadt. Sie sagt "anschauen", ganz bewußt, und der sehbehinderte Hans-Werner Lange ergänzt: "Das Stadtbild wird für Blinde begreifbar. Es lassen sich Dinge erschließen, die bislang verborgen geblieben sind. Die Miniaturstadt aus Bronze entstand aus den Händen des Bildhauers Egbert Broerken aus Soest. Tausende Fotos hat er dafür in der Innenstadt gemacht, jedes Haus von allen vier Seiten fotografiert, Katasterpläne und Luftbilder zu Hilfe genommen. Der 56jährige brauchte ein Jahr für sein Lüneburg zum Anfassen. Im Maßstab 1:800 sind alle markanten Gebäude zu erkennen. Länger als geplant hat das gedauert, so war ein Übergabetermin Anfang Mai bereits abgesagt worden. "Die schmalen Gassen, das war doch sehr diffizil", entschuldigt sich Broerken. Jetzt steht das Mini-Lüneburg vor dem Rathaus bei der Tourist-Information.