Durch Führungen und Veranstaltungen sollen Menschen auf positive Weise an den Friedhof herangeführt werden. Einigen Besuchern wird es jedoch langsam zu laut.
Hamburg. Literarische, geschichtliche und botanische Führungen, vogelkundliche und fotografische Rundgänge, Konzerte und seit Neuestem sogar ein Rundgang per App: Die genannten Beispiele sind nur eine kleine Auswahl des Kultur- und Freizeitprogramms auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Fast täglich ist auf Europas größter Begräbnisstätte was los. Und es wird immer mehr: „Die Zahl der Rundgänge und Veranstaltungen über den Friedhof hat sich in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht“, sagte Lutz Rehkopf, Sprecher der Hamburger Friedhöfe. „Schätzungsweise 15.000 Menschen nehmen derzeit pro Jahr an Führungen teil.“
Einigen Friedhofbesuchern ist das deutlich zu viel geworden. Eine von ihnen ist Cora Schattauer. „Seit einiger Zeit fällt mit immer wieder mit Bestürzen auf, dass auf dem Ohlsdorfer Friedhof große Reisebusse mit Touristen angekarrt werden, die dann lachend und in Gruppen über den Friedhof geführt werden“, erzählt die 65-Jährige, die fast täglich auf den Friedhof kommt. Besonders in letzter Zeit habe sie sich immer wieder durch Lärm gestört gefühlt.
Wie neulich, als eine laut schwatzende Touristengruppe direkt an einer Trauerfeier vorbeigeführt worden sei. „Ich finde es absolut geschmacklos, einen Friedhof so als Touristenattraktion zu vermarkten“, sagt Schattauer. Bereits mehrfach sei sie schon von anderen Besuchern angesprochen worden, die sich ebenfalls gestört fühlen. Sie finden: „Der Friedhof ist vor allen Dingen ein Ort der Ruhe.“
Bei der Friedhofsleitung kann man sich die genannten Zwischenfälle nicht erklären. „Das müssen absolute Ausnahmen gewesen sein“, sagt Lutz Rehkopf. „Bei Rundgängen, die bei uns angemeldet sind, werden die Führer dazu angehalten, Trauerzüge zu respektieren und Abstand zu halten.“ Bestattungen hätten selbstverständlich immer Vorrang.
Jedoch sei es so, dass es keine Anmeldepflicht gebe. Einige Gruppen, etwa Schülergruppen, kämen ohne vorherige Ankündigung auf den Friedhof. Und laut Rehkopf sei daran auch nichts zu ändern – schließlich handle es sich um einen öffentlichen Raum. „Wer sich gestört fühlt, sollte sich am besten vor Ort an Mitarbeiter des Friedhofs wenden, die sich dann selbstverständlich sofort kümmern.“ Allerdings hätte es in den vergangenen Jahren keine derartigen Beschwerden gegeben.
Grundsätzlich halte man die Führungen für wichtig und richtig. „Wir freuen uns, dass das Interesse so groß ist, da Menschen so auf eine positive Weise an den Friedhof herangeführt werden, bevor sie sich mit dem Thema Bestattungen beschäftigen müssen“, so Rehkopf.