Hamburg. Mehrere Wachmänner waren bei gewalttätigen Auseinandersetzungen verletzt worden. Krisengespräch von Stadt, Heimleitung und Polizei.
Nach schweren Ausschreitungen in einer Flüchtlingsunterkunft in Langenhorn sind am Montag die mutmaßlichen Verantwortlichen der Gewalt in eine andere Unterkunft verlegt worden, wie die Polizei Hamburg berichtet.
Nach Angaben des Betreibers, die städtische Einrichtung „fördern & wohnen“ kamen 32 Personen in andere Heime. Am Dienstag sollen weitere 20 folgen. Eine Hundertschaft der Polizei sicherte die Aktion ab. „Wir erhoffen uns von der Verlegung der 'Störenfriede' eine Befriedung“, sagte ein Polizeisprecher am Nachmittag.
Am Montag hatten Polizei, Heimleitung und der Betreiber der Unterkunft über bessere Sicherheitsmaßnahmen beraten. Dabei sei erwogen worden, für eine gewisse Zeit eine Präsenz der Polizei in der Unterkunft einzurichten, hieß es. „Wegen der Verlegung sind wir nicht in die Bewachung eingestiegen.“
Mitarbeiter des Wachpersonals verletzt
Am Wochenende hatte die Polizei wegen gewalttätigen Auseinandersetzungen mehrfach mit einem Großaufgebot eingreifen müssen. Immer wieder war es zu Übergriffen gegen das Personal gekommen. Sonntagabend blieb die Bereitschaftspolizei in der Unterkunft, um erneute Übergriffe zu verhindern.
Bereits am Sonnabend war es erstmals zu Krawall gekommen. Dieser hatte sich entzündet, nachdem ein Eritreer verlegt werden sollte, der zuvor einen Mitarbeiter des Sicherheitspersonals angegriffen und verletzt hatte. Landsleute des Mannes versuchten gewaltsam zu verhindern, dass er aus der Unterkunft weggebracht wird. Dabei hatten die Männer laut Polizei Holzlatten und Metallstangen als Schlagwaffen eingesetzt. Bei den Übergriffen war einem Mitarbeiter des Wachpersonals ein Arm gebrochen worden. Zwei weitere Mitarbeiter erlitten leichtere Verletzungen. Bevor die Polizei eintraf, versuchten bereits in der Unterkunft lebende Syrer den Wachmännern zu helfen. Aber erst nachdem die Besatzungen von mehr als 20 Peterwagen eingetroffen waren und die Beamten Pfefferspray eingesetzt hatten, beruhigte sich die Situation.
Wachmänner verbarrikadierten sich in Räume
Am Sonntagabend flammte der Konflikt zwischen 60 bis 80 Bewohnern der Einrichtung, die sich mit verschiedenen Gegenständen bewaffneten, erneut auf. Wieder wurde das Wachpersonal Ziel von Angriffen. Die Polizei bestätigte Zeugenangaben, nach denen sich Sicherheitsmitarbeiter in Räumen verbarrikadierten. Die alarmierte Polizei zog daraufhin mehr als 30 Peterwagenbesatzungen aus ganz Hamburg zusammen, um Herr der Lage zu werden. Vier Personen wurden festgenommen, drei weitere in Gewahrsam genommen. Acht Personen wurden verletzt, von denen fünf - darunter drei Wachdienstmitarbeiter - in Krankenhäuser gebracht wurden.
Auch in Wilhelmsburg wurden in der Zentralen Erstaufnahme am Kurdamm zwei 21 und 23 Jahre alte Iraner von anderen Bewohnern in der Nacht zu Sonntag attackiert und verletzt. Zuvor hatte es einen Streit gegeben, weil sie eine Turnhalle als Gebetsraum nutzten. Sieben andere Bewohner hatten die Männer daraufhin verprügelt. Dabei erlitt der 21-Jährige Kopfverletzungen durch Schläge mit einer Eisenstange. Er kam ins Krankenhaus. Sein Landsmann wurde an der Hand verletzt. Als alarmierte Polizisten eintrafen, waren die Schläger getürmt. Sie konnten zunächst nicht identifiziert werden. Die Polizei war dort mit sieben Peterwagenbesatzungen und einem Hundeführer im Einsatz. Die neben den Iranern an der Schlägerei beteiligten Männer konnten zunächst nicht ermittelt werden.
"Ungewöhnlich heftige Auseinandersetzungen"
Die Beamten ermitteln nun wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Landfriedensbruchs und Beteiligung an einer Schlägerei sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
„Das waren schon ungewöhnlich heftige Auseinandersetzungen“, sagte die Sprecherin des städtischen Betreiber „fördern & wohnen“, Susanne Schwendtke.
Möglich sei eine Aufstockung des Sicherheitspersonals. An eine strikte Trennung der Volksgruppen sei aber nicht gedacht. „Wir wollen keine ethnisch homogenen Standorte.“ Die Innenbehörde sprach von Auseinandersetzungen von „besonderer Dimension“. In der Erstaufnahme am Grellkamp leben derzeit rund 600 Menschen, die meisten aus Afghanistan, Eritrea und Syrien.
„fördern & wohnen“ zeigte sich betroffen. Besonders am Grellkamp seien die Bewohner bislang sehr gut miteinander ausgekommen. Im Oktober hatte eine Anwohnerinitiative mit Sportvereinen ein erstes Fußballtraining organisiert. Am Wochenende hatte eine Mannschaft vom Grellkamp mit Flüchtlingen aus Eritrea, dem Irak, Syrien und Albanien an einem Fußballturnier teilgenommen.
Auch die Anwohnerinitiative Freundeskreis Grellkamp bedauerte die Zwischenfälle, verwies aber darauf, dass es bisher dort friedlich gewesen sei. „Dennoch sind es bemerkenswert wenige Bewohner, die die Nerven verlieren und eine größere Zahl von Menschen, die betroffen und beschämt auf diese Vorfälle reagieren.“