Hamburg. Überraschender Aushang in Ohlsdorfer Mehrfamilienhäusern. Wie Betroffene reagieren und warum das Angebot teils auf Widerstand stößt.

Anfang der Woche hing plötzlich der Aushang an der Tür des Mehrfamilienhauses an der Meister-Bertram-Straße im Hamburger Stadtteil Ohlsdorf: Darauf werden die Bewohner darüber informiert, dass im Umfeld der U5-Haltestelle Barmbek-Nord in den kommenden beiden Wochen auch nachts für kurze Phasen auf der Baustelle gearbeitet werden soll. Diese Arbeiten sollen im Zeitraum vom 7. bis voraussichtlich 24. August stattfinden.

Die Bauarbeiten seien schon lange laut, sagt ein Mieter aus der an sich beschaulichen Wohnstraße: „Sie fangen um 7 Uhr an, und es geht bis 16 oder 17 Uhr. Wir können in dieser Zeit nicht auf dem Balkon sitzen.“ Zudem werde die kleine Straße von Autofahrern gern als Durchfahrtsstraße benutzt, wenn in den umliegenden Straßen Stau sei. Denn der Bau der neuen U5 bringt auch Einschränkungen im Straßenverkehr.

U5-Baustelle: Anwohner in Hamburg-Ohlsdorf können ins Hotel ziehen

Dazu kommen jetzt nächtliche Arbeiten, die entsprechend die Lärm-Immissionsrichtwerte voraussichtlich überschreiten. „In diesem Fall haben Sie als Mieter oder selbst nutzender Eigentümer einen Anspruch auf Entschädigung für die Beschaffung von angemessenem Ersatzwohnraum“, heißt es in dem Schreiben an die Bewohner.

Nach Angaben der Hamburger Hochbahn sind im Bereich der Kreuzung Nordheimstraße/Fuhlsbüttler Straße etwa 300 Haushalte betroffen, etwa an der Nordheimstraße, der Sahlenburger Straße, der Fuhlsbüttler Straße sowie der Meister-Bertram-Straße.

U5 in Hamburg: Teilweise wird in offener Bauweise gebaut

„Der überwiegende Teil des ersten U5-Bauabschnitts von Bramfeld bis City Nord wird in geschlossener Tunnelbauweise erstellt und ist damit für die Anwohner und Anwohnerinnen sehr geräuscharm“, sagt Lena Steinat, Sprecherin der Hochbahn U5 Projekt GmbH. Die neuen Haltestellen sowie Notausgänge und der Streckenabschnitt zwischen der Haltestelle City Nord und dem späteren Startschacht östlich der Sengelmannstraße würden aber in offener Bauweise erstellt.

U5: Schreiben der Hochbahn für die Anwohner
Mit diesen Aushängen der Hochbahn wurden die Bewohner der umliegenden Häuser über die nächtlichen Arbeiten an der U5-Baustelle Barmbek Nord in Hamburg informiert. © Elisabeth Jessen | Elisabeth Jessen

„In diesen Bereichen lässt sich temporärer Baulärm nicht immer gänzlich vermeiden. Die zu erwartenden Pegel wurden durch Baulärmgutachten ermittelt. Der Planfeststellungsbeschluss für den ersten U5-Bauabschnitt verpflichtet die Hochbahn U5 Projekt GmbH zu umfangreichen Lärmschutzmaßnahmen“, so Steinat.

Baulärm durch U5: Hochbahn muss für Schallschutz sorgen

In Fällen, in denen diese Maßnahmen nicht ausreichen und folglich ein von der Planfeststellungsbehörde vorgegebener Lärmpegel überschritten werde, komme die Hochbahn für die Finanzierung zusätzlicher baulicher Schallschutzmaßnahmen an betroffenen Gebäuden sowie für die Erstattung baulärmbedingter Mietminderungen auf.

In besonders lauten Bauphasen haben betroffene Anwohner laut Steinat Anspruch auf eine angemessene Finanzierung von Ersatzraum, den sie sich selbst aussuchen könnten, etwa eine Hotelunterbringung. Sie seien allerdings keinesfalls dazu verpflichtet. „Grundsätzlich gelten diese Ansprüche für Gebäude, die sich in unmittelbarer Nähe der offenen Baufelder befinden.“  

Hotelübernachtung: Anwohner aus Ohlsdorf können Antrag stellen

Die Anwohner können laut dem Aushang einen Antrag stellen, der neben den Kontaktdaten eine Kopie des Personalausweises mit der Meldeanschrift enthalten muss, um den Anspruch nachzuweisen. „Wir prüfen umgehend Ihre Anspruchsberechtigung. Sollte diese vorliegen, werden wir Sie darüber unverzüglich informieren“, heißt es weiter.

Die Kosten für ein Hotelzimmer dürfen allerdings 107 Euro pro Nacht nicht überschreiten. Das sei der durchschnittliche Preis für ein Doppelzimmer in Hamburg nach Statista. Sobald die Rechnung inklusive Zahlungsbeleg vorliege, werde die Hochbahn die Kosten erstatten.

Kritik am Hochbahn-Angebot, weil zu kurzfristig informiert wurde

Eine Anwohnerin kritisiert sowohl die Tatsache, dass sie und ihre Nachbarn so kurzfristig informiert wurden, als auch die Höhe der Hotelerstattung. „Das ist ein bisschen irrwitzig, wenn man so etwas zwei Tage vorher erfährt. Und wie sollen wir jetzt ein Hotelzimmer für 107 Euro finden? Ich denke, die wollen gar nicht, dass jemand das annimmt.“

Zwischen den Häusern sieht man die Baustelle für die U5
Hinter dem Bauzaun sieht man zwischen den Häusern die Baustelle für die U5. © Elisabeth Jessen | Elisabeth Jessen

Steinat sagt dazu: „Diese Summe dient als Orientierung. Wir prüfen jeden Einzelfall.“ So werde beispielsweise berücksichtigt, wenn durch Veranstaltungen in der Stadt die Hotelpreise gerade höher seien oder es besondere Bedarfe der Anwohner gebe, etwa wegen einer Behinderung.

Hochbahn gibt zu: Information kam sehr kurzfristig

„Grundsätzlich bemühen wir uns, frühzeitig zu informieren, aber manchmal müssen Projekt-Zeitpläne umgestellt werden. In diesem Fall war es kurzfristig.“

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Ihre ältere Nachbarin hört schlecht und sagt zum Angebot, ins Hotel zu ziehen: „Was soll ich denn dort. Ich nehme einfach meine Hörgeräte raus. Wenn ich wegen des Lärms doch aus dem Bett falle, überlege ich noch mal neu.“

Antrag auf Hotelzimmer in Hamburg: Bisher war die Nachfrage gering

Nach Angaben von Steinat haben bislang neun Haushalte einen Antrag auf die Finanzierung von Ersatzraum gestellt, die alle bewilligt worden seien.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass an der U5-Baustelle auch nachts gearbeitet wird und Anwohner das Angebot bekamen, ins Hotel zu ziehen. „Auch in anderen Bereichen entlang des ersten Bauabschnitts von Bramfeld bis zur City Nord wurden und werden Anwohner und Anwohnerinnen im unmittelbaren Umfeld bei möglichen Grenzwertüberschreitungen vorab informiert und auf die Möglichkeit für die Finanzierung von Ersatzraum hingewiesen“, sagt Steinat. Drei Haushalte in Bramfeld hätten das Angebot angenommen.