Hamburg. Einige Lokalpolitiker lehnen einen gastronomischen Betrieb in dem historischen Gebäude überraschend ab. Das sind die Gründe.
Als Michael Werner-Boelz (Grüne) Mitte April im Stavenhagenhaus bei der Versammlung des ansässigen Kommunal-Vereins in Groß-Borstel r.V. auftrat, erntete der Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord Beifall und Strahlen.
Damals verkündete er, dass es ab dem kommenden Jahr eine vermehrte Öffnung des historischen Gebäudes geben würde und bald mehr Leben durch eine dauerhafte Gastronomie, dazu eine breitere Nutzung aller Räumlichkeiten durch Umbauten und barrierefreie Modernisierungen möglich würden.
Allen voran steht Ulrike Zeising, Vorsitzende des Kommunal-Vereins Groß Borstel. Sie setzt sich für die unterschiedlichsten Belange des Stadtteils ein, das Herrenhaus an der Frustbergstraße 4 und dessen Bespielung durch die Bewohner von Groß Borstel ist seit 20 Jahren auf ihrer Themenliste. „Die Öffnung für jedermann ist seit Langem eine absolute Kernforderung von uns“, sagt sie. „Das Haus soll endlich als Stadtteilkulturzentrum für die Bürger nutzbar werden.“
Groß Borstel: Stavenhagenhaus – Bewerbungen von Café-Pächtern liegen vor
Vergangenen Freitag endete die Abgabefrist für die Bewerber und laut Bezirksamt reichten mehrere mögliche Café-Pächter fristgerecht Bewerbungen ein. „Derzeit werden die Unterlagen auf Vollständigkeit geprüft“, so Alexander Fricke, Pressesprecher des Bezirksamts. „Ende September tagt dann die von der AG Stavenhagenhaus eingesetzte Jury, die die Verhandlungen mit einem der Interessierten empfehlen wird.“
Doch die verheißungsvolle Szenerie wird nun unvermittelt und überraschend überschattet – als Gegenspieler kristallisiert sich Rechtsanwalt Claus-Joachim Dickow heraus. Der Vorsitzende der FDP-Bezirksfraktion sagt: „Die Einrichtung eines Cafés im Stavenhagenhaus verschärft die Lage von Gastronomen im Stadtteil.“
Café im Stavenhagenhaus: Einige Fraktionen fordern öffentliche Anhörung
Auf Antrag der Fraktionen von FDP, CDU und Die Linke hat der Stadtentwicklungsausschuss im Bezirk Hamburg-Nord beschlossen, eine öffentliche Anhörung zur Fragestellung, ob im Groß Borsteler Stavenhagenhaus ein Café eingerichtet werden soll, anzuberaumen.
Auf Nachfrage des Abendblatts nannte Dickow als Gründe, dass es bereits „bestehende Restaurants“ und „Leerstand an der Borsteler Chaussee“ gebe – Ladengeschäfte, die sich potenziell als Orte für gastronomische Betriebe eignen würden. Um welche Immobilien es sich dabei genau handelt, konnte er jedoch nicht angeben.
„Wir sehen es einfach als nicht notwendig, neue Flächen für gastronomische Betriebe zu schaffen, die eigentlich andere Aufgaben haben. Die Stadt schafft ein Angebot, obwohl wir Leerstand im Stadtteil haben.“ Grundsätzlich begrüße er die vermehrte Nutzung des Stavenhagenhauses und spricht sich für die Modernisierung aus – jedoch eher, damit sich dann dort zukünftig „Initiativen versammeln und Bürgertreffen stattfinden können.“
FDP: Café im Stavenhagenhaus würde Lage der Gastronomen verschärfen
Dickow meint weiter: „Es ist unstrittig, dass das Stavenhagenhaus modernisiert und renoviert werden muss. Dazu existieren bereits viele gute Vorschläge. Ein Café in einem öffentlichen Gebäude würde jedoch die ohnehin schwierige Lage der privatwirtschaftlichen Gastronomen im Stadtteil weiter verschärfen. Dieses Thema muss daher in breiter Öffentlichkeit diskutiert werden.“
Eine ganz andere Idee sei es, dass die Bücherhalle hier wieder einzieht. Bis zum Jahr 1998 residierte diese im ersten Stock des denkmalgeschützten Anwesens, danach wurde die Fläche zu Seminarräumen umgebaut. „Das ginge natürlich nur in Zusammenarbeit mit der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen“, sagt Dickow.
Bezirksamtsleiter befürwortet ein Café im Stavenhagenhaus
Ein Grund, der mitschwingt und auch Ausschlag dafür gab, eine Anhörung zu beantragen, sei die fehlende Transparenz im gesamten Entscheidungsprozess. „Sonst ist es üblich, dass das Bezirksamt sehr kleinteilig informiert – es kann doch nicht sein, dass wir Michael Werner-Boelz bei diesem Vorgang jede Info aus der Nase ziehen müssen“, moniert Dickow. „Ob es daran liegt, dass der Bezirksamtsleiter selbst 30 Jahre lang in Groß Borstel gelebt hat?“
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Werner-Boelz kontert: „Ein Nachbarschaftscafé für Groß Borstel ist eine jahrelange Forderung aus dem Stadtteil.“ Ein zentraler Treffpunkt für Kultur und Vereinsleben oder einfach nur zum Klönen werde dem Stadtteil sehr gut tun. „Dass sich das nun im Stavenhagenhaus verwirklichen lässt, freut mich sehr“, sagt er.
Stavenhagenhaus in Groß Borstel – „Stadtteil bekommt tollen Treffpunkt“
Der Bezirksamtsleiter hält an seiner Entscheidung fest und erklärt weiter: „Ich selbst habe bei einer Mitgliederversammlung des Kommunal-Vereins wie auch beim Stadtteilfest Groß Borstel großen Zuspruch zur Öffnung des Stavenhagenhauses erfahren. Der wachsende Stadtteil Groß Borstel kann sich über einen tollen Treffpunkt in einem wunderbaren Haus freuen.“
Wann und wo die beantragte öffentliche Anhörung zur Fragestellung, ob im Stavenhagenhaus ein Café eingerichtet werden soll, stattfinden wird, ist noch nicht bekannt.