Hamburg. Ermittlungen nach Amoklauf von Philipp F. bei Zeugen Jehovas gestalten sich schwierig. Sie basieren auf einer „rechtlichen Krücke“.

Die Ermittlungen nach dem Amoklauf an der Deelböge in den dortigen Räumen der Zeugen Jehovas, bei dem am 9. März sieben Menschen, darunter ein ungeborenes Kind, ums Leben kamen, sind schwierig. So bekamen Polizei und Staatsanwaltschaft keinen richterlichen Beschluss, um eine Funkzellenauswertung durchführen zu dürfen.

Damit hätte man ein Bewegungsbild des Amokläufers Philipp F. (35) erstellen können. Der Grund: Gegen Tote gibt es keine strafrechtlichen Ermittlungen mehr. Damit fiel die Grundlage für die Maßnahme weg.

Dass überhaupt in dem Fall weiterermittelt wird, liegt an einer Art „rechtlichen Krücke“. Die Ermittlungen werden mit der Begründung geführt, dass der Täter mögliche Mitwisser hatte. Denn wer von einer bevorstehenden schweren Straftat wie einem Amoklauf „glaubhaft“ Kenntnis zu einem Zeitpunkt bekommt, an dem die Tat noch abgewendet werden könnte, ist gesetzlich verpflichtet, eine Anzeige zu erstatten. Tut man es nicht, drohen bis zu fünf Jahre Haft. Das Problem: Es muss schon sehr konkretes Wissen sein. Vage Vermutungen oder Indizien führen nicht zu einer solchen Verpflichtung.

Amoklauf in Hamburg: Ermittler wollen im Fall Philipp F. den Tatablauf rekonstruieren

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte das Verfahren bereits am 11. März an sich gezogen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der 35-Jährige den Amoklauf aus Hass auf die Glaubensgemeinschaft beging. Der Generalbundesanwalt hatte damals eine Übernahme abgelehnt.

Bereits am Morgen nach dem Amoklauf hatte die Polizei die Soko „Deelböge“ eingerichtet, um die Ermittlungen zu führen. Ziel war es laut Polizei gewesen, den Tatablauf zu rekonstruieren und Ermittlungen zum Täter und sein Motiv durchzuführen. So sollte die Staatsanwaltschaft eine Bewertungsgrundlage bekommen.

Schon in den ersten Tagen waren Dutzende Zeugen vernommen worden. Gleichzeitig gingen Hunderte Hinweise ein. Bislang, so hieß es aus den Sicherheitsbehörden, gebe es in puncto Mitwisser nichts Konkretes. Man suche weiter nach einem Anfangsverdacht für Ermittlungen gegen Personen. Helfen könnte dabei auch eine zweite Vernehmung der bereits befragten Zeugen, bei der gezieltere Fragen gestellt werden sollen.

Bei dem Amoklauf waren auch neun Menschen verletzt worden, sieben davon durch Schüsse. Mittlerweile sind alle Verletzten außer Lebensgefahr.