Eppendorf. Die 20 Jahre alte Tochter der Hamburgerin verlässt die Stadt, um in den USA zu studieren. Da kam ihr eine besondere Idee.
Vieles ist dieser Tage neu für Cornelia Poletto. Nicht nur, dass sie am kommenden Dienstag offiziell eine neue Bar und ein Deli eröffnet, das den Namen ihrer Tochter Paola trägt. Sondern auch, dass eben diese Paola nach 20 Jahren an ihrer Seite in einigen Wochen in die USA ziehen wird. „Ich werde in Nashville Musikbusiness studieren und dort erst einmal auf dem Campus wohnen“, sagt Paola Poletto. und die Vorfreude ist ihr anzusehen.
Gastronomie Hamburg: Poltetto-Tochter bekam Bar zum 18. Geburtstag
Neuanfang und Abschied, klingt bittersüß, ist es auch. „Auf jeden Fall kompensiere ich damit ihren Abgang“, sagt Mama Poletto und blickt zu ihrer Tochter, die vor dem Tresen steht, ihr gegenüber der brandneue Champagnertresor.
Gemeinsam schlendern sie durch die insgesamt 100 Quadratmeter großen Räume, denn eigentlich besteht Paolas Geschenk zum 18. Geburtstag – das war vor zwei Jahren eben diese Bar – aus zwei wieder zusammengelegten Läden: dem einstigen Geflügelladen und der ehemaligen Kneipe Brospieker an der Goernestraße 1, direkt neben ihrer Kochschule Cucina und Cornelia Polettos Restaurant.
Paola Poletto entwirft Sandwich für ihre Mutter
Dunkelblau sind auch hier die Wände, cognacfarbene Lederpolster gibt es zum Sitzen, aufgearbeitete Duckdalben sind Fußboden und gewaltige Treppenstufen. Wo jetzt noch Handwerker wuseln und die Regale nicht bestückt sind, wo noch Staub und Verpackungen dominieren, wird in wenigen Tagen der Geruch von geröstetem Brot, frisch gekochter Tomatensauce oder heißer Suppe durchziehen.
„Im Deli wird es Soulfood geben“, sagt Poletto, „Fritten, Pinsa, also eine leichte Sauerteigpizza, okay, auch mal ‘ne Currywurst und Pastrami.“ Namensgeberin Paola hat das „Bikini kill“ entworfen, einen gehaltvollen Toast mit Trüffelbutter, Schinken und Büffelmozzarella. Täglich ab 11 Uhr bis in die Abendstunden sollen die Gäste hier locker zusammen essen können.
Wie die Corona-Pandemie beim Konzept der Bar geholfen hat
„Das Konzept ist daran angelehnt, dass wir während der Pandemie gelernt haben, wie toll unsere Streetfood-Klappe meines Küchenchefs Robert und Koch Bastian während Corona angenommen wurde, plötzlich war hier richtig Leben mit einfachen Sachen wie selbst gemachter Limo“, sagt Poletto.
Den Mix aus lässig und hochwertig wollen die Poletto-Frauen auch in ihre Bar transferieren, die täglich ab 18 Uhr öffnet. Barchef wird Marvin Pitz werden, der bisher im Nikkei Nine Cocktails mixte. Seine neue Chefin kennt Pitz übrigens von ihren zahlreichen privaten Besuchen beim Edel-Asiaten. „Ich liebe das italienische Lebensgefühl und möchte hier deshalb den Aperitivo einführen“, sagt Poletto, „ein kleiner sprudelnder Schaumwein und eben keine gammeligen Nüsse, in die schon jeder reingegriffen hat, oder furchtbare Chips, sondern Köstlichkeiten, die ein Vorgeschmack auf das Abendessen sind.“
Denn in der Bar sollen sich alle willkommen fühlen, Gäste des Restaurants ebenso wie Paolas Freunde. Die waren übrigens alle schon mal da, „vor zwei Jahren zu Paolas 18. Geburtstag, aber da roch es hier noch anders, mehr nach Nikotin und Bier“, sagt Poletto lachend. Spürbar ist die Freude von Cornelia Poletto darüber, dass sie dieses gemeinsames Projekt mit ihrer Tochter hat. „Wäre ich nicht Köchin, dann würde ich sicher etwas mit Inneneinrichtung machen“, sagt sie. „Weil ich oft besondere Stücke im Urlaub oder in kleinen Läden oder auf Flohmärkten entdecke, habe ich hier in der Nähe ein Lager angemietet“, sagt sie, „da warten die Stücke dann auf ihren festen Platz.“
Fest eingeplant sind jetzt schon die Telefontermine mit der Tochter, damit der Mutterblues auszuhalten ist. „Gut, dass ich dann die Bar habe, denn wegen der Zeitverschiebung werde ich lange wach bleiben müssen, um Paola zu erreichen.“ Poletto lacht, aber ein bisschen Wehmut schwingt mit.