Hamburg. Malte Claussen hatte riesiges Glück. Nun engagieren sich der 41-Jährige und seine Musikerkollegen für die Initiative Herzretter.
Seine Fähigkeiten als Bäcker kann Malte Claussen ganz gut einordnen. „Die sind natürlich hervorragend“, scherzt das Chormitglied der Hamburger Goldkehlchen. Gemeinsam mit Konditor Tim Lessau von der Braaker Mühle und einigen Bandkollegen ließ er den Worten Tagen folgen, als er für die die „Initiative Herzretter – Ich kann Leben retten e. V.“ die „Hamburger Goldkekschen“ backte. Ein Teil des Verkaufserlöses kommt dem guten Zweck zugute.
Hamburger Goldkehlchen: Chormitglied erlitt Herzinfarkt beim Joggen an der Alster
Für den damals 40-Jährigen ist das Engagement für den guten Zweck im wahrsten Sinne des Wortes eine Herzensangelegenheit. Schließlich musste es Claussen am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, am Herzen zu erkranken und auf schnelle Hilfe angewiesen zu sein. Der 14. Juni dieses Jahres wird bis an sein Lebensende ein prägendes Datum sein. Wie so oft joggte der Hamburger um die Alster. Morgens um 6 Uhr, einfach mal den Kopf freikriegen, um gut in den Tag zu starten. Körperlich war er in einem guten Zustand.
Regelmäßig machte er beim Arzt Check-ups. Nie wurde irgendetwas gefunden. Doch eine verstopfte Arterie sorgte urplötzlich für aktute Lebensgefahr. „Es kam wirklich komplett aus heiterem Himmel. Ich kann mich nicht mehr an furchtbar viel erinnern. Meine Lebensretter haben mir im Nachgang erzählt, dass ich am Restaurant Cliff an der Alster einfach zusammengebrochen bin. Ein Ersthelfer hat sofort mit der Herz-Rhythmus-Massage begonnen. Ich bin den vier Menschen unendlich dankbar, dass sie mir das Leben gerettet haben. Am 16. Juni feiere ich definitiv einen zweiten Geburtstag “, erklärt Claussen, der am Dienstag 41 Jahre wurde.
Warum er einen Herzinfarkt erlitten hat, ist bis heute unklar. Morgens erinnern ihn die Einnahme von Tabletten an den lebensverändernden Tag. Ansonsten achtet der Musiker auf gesunde Ernährung und viel Sport.
Initiative Herzretter will jungen Menschen Reanimierung näher bringen
Gerade in dieser besinnlichen Vorweihnachtszeit denkt der Familienvater daran, wie viel Glück er vor fünf Monaten hatte. „Ich hatte das große Glück, dass ich meine Ersthelfer treffen konnte. Ein Spaziergänger, der mit seinem Hund unterwegs war, eine Spaziergängerin und zwei Jogger. Sie wussten, was zu tun war, und haben so dafür gesorgt, dass ich in diesem Jahr mit meiner Familie Weihnachten feiern kann“ so Claussen.
Daher war er von der Idee, Kekse für eine Initiative zu backen, die sich mit Erster Hilfe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen beschäftigt, sofort begeistert. Gemeinsam mit dem norddeutschen Bäcker-und Konditorunternehmen Braaker Mühle wurde aus dem Plan Realität. 25 Cent pro 100 Gramm verkaufter Kekse, die mit Spekulatius-Gewürz veredelt wurden, gehen an die Initiative „Herzretter – Ich kann Leben retten e.V.“. „Ich hatte riesiges Glück, dass ich keine Folgeschäden habe. Es ging um Sekunden. Daher ist es wichtig, dass es mehr Ersthelfer gibt, die keine Scheu haben, zuzupacken, und ich bin Feuer und Flamme für diese Initiative“, sagt Claussen, der selbst drei Kurse mit den Herzrettern gemacht hat und plant, mit seinen beiden Kindern (fünf und sieben Jahre alt) weitere zu besuchen.
70.000 Menschen sterben jährlich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen außerhalb eines Krankenhauses
Der ehrenamtliche Herzretter-Verein kümmert sich darum, Menschen darauf vorzubereiten, bei akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen richtig und vor allem schnell zu reagieren. Möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sollen ein zertifiziertes Training absolvieren, um zu lernen, wie Erste Hilfe – gerade bei Herzerkrankungen – richtig durchgeführt wird. 70.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich außerhalb eines Krankenhauses nach einem akuten Herz-Kreislauf-Versagen. 10.000 Personen konnten laut Initiative durch Laienreanimierung gerettet werden.
Die Herzretter-Initiative kooperiert bereits mit Behörden, Vereinen und Schulen in Hamburg. In diesem Jahr wurde Hamburg zur Freien und Herzretter Stadt Hamburg gekürt. Schirmherr ist Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). „Es ist wahnsinnig wichtig, Aufmerksamkeit für dieses Thema zu generieren. In jedem Alter kann man helfen. Wir haben einen Sechsjährigen in einem unserer Kurse gehabt, der seinen Eltern das Leben gerettet hat. Leben retten ist kinderleicht“, sagt Martin Buchholz, der Gründer der Herzretter-Initiative, und fügt an: „Beim Herzstillstand hat man drei Minuten Zeit, um zu verhindern, dass das Hirn Schäden nimmt. Es ist einfach, Menschen das Leben zu retten. Wir wollen das Wissen an Schulen, aber auch in Unternehmen weitertragen. Wir hoffen, auch mit den Goldkehlchen zusammen Spenden zu generieren, um vor allem weitere Schüler unterrichten zu können.“
Bislang wurden in Hamburg knapp 50.000 Schüler unterrichtet. Für Nicole Kolbe, Geschäftsleiterin der Herzretter-Initiative, gibt es aber dennoch noch Nachholbedarf in der Gesellschaft, was das Thema Erste Hilfe angeht. Viele Menschen hatten zuletzt bei der Führerscheinprüfung einen Berührungspunkt mit dem Thema. „Aber immer weniger Jugendliche machen den Führerschein. Das Allerschlimmste ist, nichts zu tun, wenn man in so einer Situation ist. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, gerade Kindern den Mut zu vermitteln, dass auch sie Leben retten können“, so Kolbe.
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Hamburger Goldkehlchen kooperieren mit der Braaker Mühle für den guten Zweck
Die norddeutsche Bäckerei mit Sitz in Braak setzt sich seit Jahren für in unterschiedlichsten Aktionen für ihre Mitmenschen ein. Unter anderem wurden mit dem Verkauf ihrer „Mühlenkluft“ ein Mädcheninternat in Malawi oder mit der Versteigerung von Knuspermühlen die Radio-Hamburg-Aktion „Hörer helfen Kindern“ unterstützt. „Wir finden den Keks sehr gut gelungen. Er schmeckt am besten, auf einen Stollen mit Butter zu packen. Man kann gemeinsam etwas bewirken, es geht um mehr, als nur ein geiles Produkt zu schaffen. Wir hoffen, dass die Hamburger sich des Themas Herzretter annehmen.“, sagte Lessau von der Braaker Mühle.
Der Chef der Braaker Mühle plant, seine Mitarbeiter perspektivisch für das Thema Reanimieren zu sensibilisieren. „Wir haben über 400 Mitarbeiter, und das war damals schon ein Akt, alle gegen Corona impfen zu lassen. Aber wir werden uns überlegen, wie wir das koordinieren können. Ich habe mich auch schon gefragt, ob ich wüsste, wie ich reagieren würde, wenn jemand mit einem Herzinfarkt zusammenbrechen würde. Zu trainieren, wie man sich verhält, ist unglaublich wichtig“, sagte Lessau. Die Plätzchen gibt es in Hamburg und im Umland in den Filialen sowie im Onlineshop zu kaufen.