Hamburg. Nach dem tödlichen Unglück auf dem Friedhof Ohlsdorf leitet Staatsanwaltschaft Verfahren ein. Tierschützer fordern Konsequenzen.
Einen Monat nach dem verheerenden Kutschunglück auf dem Friedhof Ohlsdorf mit einer Toten, zwei Schwer- und zwei Leichtverletzten hat die Hamburger Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Kutscherin Andrea Kunz eingeleitet. „Wir ermitteln wegen fahrlässiger Tötung“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach dem Abendblatt. Weitere Einzelheiten konnte Frombach noch nicht nennen – die Akte sei gerade erst in der Behörde eingetroffen.
Wie berichtet wollte am Abend des 26. September eine Gruppe älterer Damen zu einer Friedhofstour mit der Ohlsdorfer Parkdroschke aufbrechen. Während eine 74 und eine 84 Jahre alte Frau bereits auf den Bänken der Kutsche Platz genommen hatten, standen eine 78-Jährige und eine 80-Jährige noch auf dem Tritt des Einstiegs, als eines der Pferde plötzlich durchging. Nach Erkenntnissen der Polizei war bei einem Tier das Zaumzeug verrutscht und hatte eine Panikreaktion ausgelöst.
Führungslos stürmten die Pferde davon, bei der Kollision mit einem entgegenkommenden Auto trat Stute Steni mit dem Huf durch die Windschutzscheibe und verletzte die Fahrerin (54) schwer. Darauf kippte die schwarz-gelbe Kutsche um, die beiden sitzenden Frauen wurden herausgeschleudert, die zwei Damen auf dem Tritt unter ihr begraben.
Für die 78-Jährige kam jede Hilfe zu spät, sie starb unter dem Gefährt, die 80-Jährige überlebte schwer verletzt. „Sie ist auf einem guten Weg der Besserung“, sagte ein Polizeisprecher. Die schwer verletzte Stute musste noch am Unfallort eingeschläfert werden.
Eine Frau und eine Stute sterben
Ob eine Sorgfaltspflichtverletzung der Kutscherin zu dieser Tragödie führte, ist noch nicht bekannt – etwa, ob das Zaumzeug nicht ordnungsgemäß gesichert war. Wie Andrea Kunz dem Abendblatt am Donnerstag sagte, habe sie sich um die Fahrgäste gekümmert, während ein Kollege vor den Pferden stand, als diese durchgingen. Die 54-Jährige hatte offenbar noch versucht, das Gespann anzuhalten – vergebens.
„Was passiert ist, tut mir unendlich leid“, hatte sie dem Abendblatt kurz nach dem Unglück gesagt und von einem „tragischen Unglück, einer Katastrophe“ gesprochen. Kunz ist inzwischen in ihren früheren Beruf als Taxifahrerin zurückgekehrt.
Tierschützer fordern Verbot von Kutschfahrten
Der Friedhof hat nach dem Unglück Kutschfahrten auf seinem Terrain verboten. Die „Ohlsdorfer Parkdroschke“ war das einzige Unternehmen, das solche Touren durch den Friedhof angeboten hatte. Seit Ostern 2017 seien rund 1500 Fahrgäste transportiert worden, sagte Friedhofssprecher Lutz Rehkopf.
Nach Angaben der Tierrechtsorganisation Peta wurden 2017 bei 41 Unfällen mit Pferdekutschen in Deutschland drei Menschen getötet und 67 verletzt. Zudem seien im Vorjahr drei Pferde gestorben, 17 weitere hätten sich verletzt. Die mit Abstand häufigste Unfallursache sei ein Erschrecken eines oder mehrerer Pferde gewesen. Pferde seien von Natur aus Fluchttiere. Kleinste Störungen könnten bei den sensiblen Tieren den Fluchtinstinkt auslösen. Wie Peta fordert auch der Hamburger Tierschutzverein ein generelles Verbot von Kutschfahrten.