Hamburg. Das Abendblatt stellt die größten Quartiere in einer Serie vor. Letzter Teil: das Pergolenviertel in Winterhude.

Arkadengänge, grüne, durchlässige Innenhöfe und der typische Backstein – das Pergolenviertel soll nach seiner Fertigstellung an ein Wohnquartier aus der Fritz-Schumacher-Ära erinnern. Bezirksamtsleiter Harald Rösler bezeichnet das Quartier, das bis 2019 auf 27 Hektar zwischen den S-Bahn-Stationen Rübenkamp und Alte Wöhr sowie der City Nord entsteht, als „das größte Projekt, das Hamburg-Nord bislang im Rahmen des Wohnungsbauprogramms gestemmt hat“. Nicht nur wegen der Zahl von 1400 Wohneinheiten, sondern auch wegen der Neustrukturierung und Integration der vorhandenen Kleingartenflächen (gegen die es viel Protest gab), den vielen sozialen Wohngemeinschaften und einer sehr anspruchsvollen Quartiersgestaltung.

Die Infrastruktur

Damit das Pergolenviertel trotz der vielen beteiligten Bauherren „wie aus einem Guss“ wirkt, wurde ein detaillierter Gestaltungsleitfaden entwickelt. Darin festgelegt sind unter anderem die Farbe und Beschaffenheit der Ziegel sowie die zu pflanzenden Bäume. Beides soll optisch harmonieren. Den Fassaden der drei- bis achtgeschossigen Gebäude sollen unterschiedlich gefärbte und gesetzte Ziegel eine besondere Lebendigkeit verleihen.

Kalkuliertes Einsetzen von grauen Steinen

Durch das genau kalkulierte Einsetzen von grauen Steinen soll ein Farbverlauf erreicht werden, der sich von einem rötlichen Grau im Norden des Quartiers zu einem grauen Rot im Süden entwickelt. „Damit wird der Grauton der benachbarten City Nord und das Rot der angrenzenden Wohnquartiere an der Alten Wöhr aufgegriffen“, sagt Maike Schwarz-Müller aus dem Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung.

Gegenläufig zum Farbverlauf der Klinkerfassaden blühen – ganz nach den Vorgaben des Gestaltungsleitfadens – die unterschiedlichen Sorten des zum Quartiersbaum erkorenen Crataegus (Weißdorn). Die Blütenfarbe reicht von Rosa-Rot im Norden bis Weiß im Süden des Quartiers.

Das Quartier soll an eine Siedlung aus
den 1920er-Jahren
erinnern
Das Quartier soll an eine Siedlung aus den 1920er-Jahren erinnern © E2A Architekten/ Zürich

Die Gebäude sind auf einer Gesamtfläche von acht Hektar großformatig angelegt, manche Fassaden erstrecken sich über eine Länge von 200 Metern. Dennoch macht das Pergolenviertel auf den Simulationen einen großzügigen Eindruck. Wohngebäude entstehen nur im Süd- und im Nordteil des lang gestreckten Areals. Dazwischen liegen auf sieben Hektar Grünflächen, Spielplätze und die „Obstkisten“: So werden die Kleingartenflächen genannt, auf denen 170 der früher mehr als 300 Schrebergärten untergebracht sind (weitere 60 wurden in fußläufiger Entfernung an den Rand des Stadtparks umgesiedelt).

Zwischen den Quartiersgebäuden entstehen Wohnhöfe, die durch zahlreiche Rundbogendurchgänge miteinander verbunden sind. „Der Bogen gehört zu den besonderen Merkmalen des Pergolenviertels“, sagt Maike Schwarz-Müller. Er markiere die öffentlichen Durchgänge und Passagen und stehe symbolisch für die Offenheit des Quartiers.

Auch die den Plätzen und Kleingärten zugewandten Fassaden werden im Erdgeschoss durch Arkaden geprägt. Sie gehen über in die Pergolen, die dem Viertel seinen Namen geben und die rund um die „Obstkisten“ verlaufen. Ursprünglich sollte das Viertel übrigens „Hebebrand-Quartier“ heißen, benannt nach der nahen Hebebrandstraße. „Glücklicherweise wurde das geändert, und der neue Name wurde Programm“, sagt Harald Rösler.

Der Bezirksamtsleiter verspricht sich viel von dem neuen Viertel. „Es bietet nicht nur neuen, attraktiven Wohnraum“, sagt Rösler. „Von hier aus geht sicher auch eine Verjüngung und Belebung der Fuhlsbüttler Straße und der City Nord aus.“

60 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert

Tatsächlich werden die rund 3500 Bewohner des Pergolenviertels sehr gemischt sein. Es entstehen Studenten- und Singlewohnungen sowie familienfreundliche Miet- und Eigentumswohnungen. Der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen beträgt 60 Prozent. Zudem gibt es eine Vielzahl von speziellen Wohngemeinschaften. „Das gesamte Areal ist eine städtische Fläche.

Daher konnte die Stadt hier ihre Ideen der sozialen Wohnraumversorgung einbringen“, sagt Maike Schwarz-Müller. So sind unter anderem Wohn-Pflege- Gemeinschaften­ für Menschen mit Demenz­ und geistiger Behinderung geplant. Des Weiteren sollen ein Supermarkt, drei Kitas und eine Schwimmschule entstehen, eine Fahrradwerkstatt, ein Hofladen mit Familiencafé sowie verschiedene Arztpraxen.

Fahrradfreundlichkeit wird gefördert

Ein im Vorfeld erstelltes Mobilitätskonzept bietet unter anderem Car­sharing an. Die Fahrradfreundlichkeit des Quartiers wird sogar vom Bund mit vier Millionen Euro gefördert. Geplant ist ein Fahrradverleih (auch für Lasten- und E-Bikes) und gut erreichbare Fahrradständer vor den Wohnhäusern.

Das Pergolenviertel sei „sehr kommunikativ, im Dialog mit allen Beteiligten entwickelt“ worden, sagt Maike Schwarz-Müller. Ein Resultat dieses Prozesses ist das Forum Pergolenviertel, eine Plattform für Austausch und Kommunikation. Es wurde zunächst überwiegend von den Schrebergärtnern besucht, die sich gegen die Umstrukturierung der Kleingartenflächen wehren wollten. Mittlerweile träfen sich dort regelmäßig Bauherren, am Quartier Interessierte und Experten aus der Stadt- und Landschaftsplanung. „Wir haben viele Lösungen gemeinschaftlich erarbeitet.“ Dazu gehört auch die Idee eines frühzeitig einzusetzenden Quartiersbeirats, der das Leben im Pergolenviertel entscheidend begleiten soll.

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