Hamburg. Auch der Flughafen Hamburg ist vom Streik bei Eurowings und Germanwings betroffen. Und nächste Woche geht der Ausstand weiter.

Das Streik-Drama für die Fluggäste des Lufthansa-Konzerns geht weiter: Auch in der kommenden Woche müssen sich Kunden der Billig-Tochter Eurowings auf massive Einschränkungen und Flugausfälle einstellen. Die Kabinengewerkschaft Ufo will an zwei Tagen zu weiteren Streiks bei der Lufthansa-Tochter aufrufen. An welchen Tagen und zu welchen Zeiten der Ausstand weitergehen solle, gab Ufo-Vorstand Nicoley Baublies noch nicht bekannt.

Am Donnerstag hat der Streik des Kabinenpersonals den Flugbetrieb von Eurowings und Germanwings bereits weitgehend lahmgelegt. Bei den beiden Lufthansa-Töchtern fielen 393 von 551 geplanten Flügen aus, wie ein Eurowings-Sprecher sagte. Fast 40.000 Passagiere mussten am Boden bleiben. Nahezu alle seien noch in der Nacht rechtzeitig informiert worden, berichtete der Eurowings-Sprecher.

Streik der Flugbegleiter

Flughafen Hamburg: Jets der Germanwings auf dem Vorfeld
Flughafen Hamburg: Jets der Germanwings auf dem Vorfeld © dpa | Axel Heimken
Die Warteschlangen vor den Gates waren kürzer
Die Warteschlangen vor den Gates waren kürzer © dpa | Bodo Marks
Die Anzeigetafeln zeigen die heutigen Ausfälle
Die Anzeigetafeln zeigen die heutigen Ausfälle © News Kontor
Die Maschinen von Eurowings und Germanwings blieben in Hamburg am Boden
Die Maschinen von Eurowings und Germanwings blieben in Hamburg am Boden © News kontor
Vor dem Lufthansa-Schalter bildete sich eine Schlange
Vor dem Lufthansa-Schalter bildete sich eine Schlange © News Kontor
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Nur etwa 1000 Menschen seien am Vormittag noch zu den Flughäfen gekommen, um auf andere Linien oder die Bahn umzubuchen. Für den heutigen Freitag rechnet Eurowings mit der Rückkehr zum regulären Flugbetrieb.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Streik:

Wie stark war Hamburg betroffen?

Insgesamt sind nach Angaben des Flughafens 101 Starts und Landungen annulliert worden. Demnach wurden 65 An- und Abflüge von Germanwings gestrichen, bei Eurowings sind es 36. Betroffen waren rund 11.000 Passagiere, die nach Hamburg reisen oder von dort starten wollten. Insgesamt fiel damit am Donnerstag etwa jeder sechste Flug in Fuhlsbüttel aus. Fast alle innerdeutschen Flüge von Germanwings wurden gestrichen. Nicht betroffen waren dagegen die Verbindungen nach Frankfurt und München, die von der Muttergesellschaft Lufthansa bedient werden.

Lange Schlangen an den Schaltern blieben aus, weil die Passagiere der ausgefallenen Flüge sich frühzeitig um andere Reisemöglichkeiten bemüht hatten. Sie wurden per Mail und SMS von den Airlines informiert und sind nicht erst zum Flughafen gefahren. „Das hat sehr gut geklappt“, sagte eine Flughafen-Sprecherin. „Hier ist es sehr ruhig.“

Welche Rechte haben Passagiere?

Im Fall eines Streiks muss eine Fluggesellschaft ihren Kunden so schnell wie möglich eine alternative Beförderung anbieten. In der Regel wird die Airline versuchen, die Gäste auf einen anderen Flug umzubuchen. Im Fall innerdeutscher Verbindungen konnten die Passagiere nach Angaben von Eurowings ihr Ticket auch in Bahn-Gutscheine umtauschen. Außerdem habe Eurowings Flugzeuge bei anderen Fluggesellschaften angemietet, um Gäste aus den Urlaubsgebieten zurückholen zu können oder sie in den Urlaub zu fliegen.

Fällt ein Flug aus oder verspätet er sich um mehr als fünf Stunden, können Passagiere ihr Geld zurückverlangen. Eine Entschädigung steht ihnen jedoch nicht zu. Denn nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt im Fall eines Streiks höhere Gewalt vor.

Worum geht es in dem Streik?

Konkret geht es um die Bezahlung des Kabinenpersonals bei Eurowings Deutschland – das sind 450 Beschäftigte, von denen ein Teil gar nicht von Ufo, sondern von der Gewerkschaft Ver.di vertreten wird. Viel Spielraum für Gehaltserhöhungen gebe es angesichts der knallharten Konkurrenz nicht, argumentiert das Unternehmen. Man habe über drei Jahre gestreckt Erhöhungen und Zusatzleistungen angeboten. Eurowings beziffert den Gesamtwert auf ein Plus von sieben Prozent. Ufo erklärt, diese Offerte niemals schriftlich erhalten zu haben.

Warum kann jetzt auch Germanwings bestreikt werden?

Eurowings ist die Dachmarke für die Billigflug-Sparte des Lufthansa-Konzerns. Doch nur 23 der insgesamt 90 Jets, die für diese Sparte unterwegs sind, werden von der Firma Eurowings Deutschland betrieben, der Großteil hingegen von dem Unternehmen Germanwings, für das andere Tarifverträge gelten. Bisher bezog sich die Streikdrohung von Ufo stets auf das Kabinenpersonal der 23 Eurowings-Flieger. Eine Ausweitung des Arbeitskampfs auf Germanwings galt als arbeitsrechtlich problematisch.

Ufo habe nun einen „absurd erscheinenden Grund“ angeführt, um auch bei Germanwings streiken zu können, sagte ein Firmensprecher dem Abendblatt. Streitpunkt ist die Teilzeitarbeit. Dabei habe das Unternehmen 97 Prozent aller Anträge auf Teilzeitbeschäftigung bewilligt, so der Sprecher, nur in vier Fällen sei dies abgelehnt worden. Man werde juristisch prüfen lassen, ob der Streik bei Germanwings rechtmäßig war, hieß es.

Die Darstellung des Unternehmens sei „billige Propaganda“, sagte dazu Ufo-Vorstand Baublies dem Abendblatt. Es gebe nicht einmal einen Teilzeit-Tarifvertrag. Germanwings hat der Gewerkschaft nach ihrer Darstellung trotz wiederholter Aufforderung bis jetzt „kein verhandlungsfähiges Angebot“ vorgelegt. Daraufhin erklärte Ufo die Gespräche für gescheitert.

Warum gibt es so häufig Streiks in der Luftverkehrsbranche?

Der Markt schrumpft in Deutschland: Im ersten Halbjahr 2016 ging das Geschäft branchenweit um 0,8 Prozent zurück, bei sechs Prozent Wachstum weltweit. Das erzeugt starken Spardruck auf alle Teile der Branche - und wütende Reaktionen. Zudem drücken die europäischen Billigflieger wie Ryanair, Easyjet, Wizz, Vueling oder Transavia mit Macht in den deutschen Markt. Erstes Opfer des Verdrängungswettbewerbs droht Air Berlin zu werden. Die deutsche Nummer wird mit Millionenspritzen ihres Großaktionärs Etihad aus Abu Dhabi am Leben gehalten.