Alsterdorf. Schüsse aus dem Hinterhalt trafen 13-jährigen Jungen beim Fußballspielen. Polizei ermittelt im Umfeld des Spielplatzes am Alsterberg.
Nach den Schüssen, vermutlich aus einer Luftdruckwaffe, auf einen 13 Jahre alten Jungen, der auf dem Spielplatz an der Straße Alsterberg spielte, konzentrieren sich die Ermittlungen der Polizei offenbar auf die umliegende Gegend. Nach Informationen des Abendblattes soll es eine Beschwerde über den Lärm der Kinder gegeben haben. Die Staatsanwaltschaft hat in dem Fall ein Verfahren wegen eines versuchten Tötungsdeliktes eingeleitet, obwohl das Kind zwar verletzt wurde, aber zu keinem Zeitpunkt in Lebensgefahr schwebte.
Es ist ein großzügiger, von Bäumen und Büschen umrahmter Spielplatz an der Straße Alsterberg/Ecke Höhentwiete, auf dem der Junge von einem Geschoss getroffen wurde. Es gibt Schaukeln und einen hohen Metallzaun, der den Spielplatz an zwei Seiten in Richtung Alsterkrugchaussee und angrenzender Häuser abschirmt. Kinder spielen dort oft Fußball. Dann donnert der Ball immer scheppernd gegen den Zaun.
Junge fing plötzlich an zu weinen
Am Sonntagnachmittag waren zahlreiche Kinder, auch mit Eltern, auf dem Spielplatz, als gegen 17 Uhr der Junge plötzlich anfing zu weinen. Dann sackte er gekrümmt zu Boden und blieb liegen. Erwachsene kümmerten sich um das Kind. Dabei entdeckten sie eine Wunde am Bauch. Offenbar hatte eine Kugel das Trikot des kleinen HSV-Fans durchbohrt und ihm eine blutende Verletzung beigebracht. Ein alarmierter Notarzt versorgte das Kind. Dabei stellte der Mediziner fest, dass es sich offenbar um eine Schusswunde handelt.
Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an und sperrte den Spielplatz ab. Selbst mit Maschinenpistolen bewaffneten sich die Beamten zur Eigensicherung. Offenbar wurde ein Schütze in der Nähe vermutet. Kripobeamte sicherten Spuren. Ob eine Kugel gefunden wurde und ob in etwa die Bahn des Geschosses rekonstruiert werden konnte, blieb unbekannt. Offiziell wollen Polizei und Staatsanwaltschaft sich nicht zu dem Stand der Ermittlungen äußern. Das betrifft auch die Aussage des Jungen, der kurz nach der Tat und am Montag befragt wurde.
In der Gegend sorgt diese Unwissenheit für Angst. „Alle glauben, dass hier ein Verrückter wohnt, der auf Kinder schießt“, sagt eine Anwohnerin. „Meine Tochter lasse ich nicht mehr auf den Spielplatz, bis sie den Kerl haben.“ Nach Informationen des Abendblattes soll es bereits einen Tatverdächtigen geben.
Unklar ist auch, aus was für einer Waffe geschossen wurde. Weil niemand am Sonntagabend einen Schuss hörte, spricht vieles dafür, dass es eine Luftdruckwaffe war. Sie arbeiten mit einem Federkolben oder Gas, dessen Druck die Kugel voran treibt. Solche Waffen sind in Deutschland frei zu kaufen. Voraussetzung ist, dass die Schussenergie nicht über 7,5 Joule liegt und die Waffe ein Prüfzeichen hat.
Junge wird auf Alsterdorfer Spielplatz angeschossen
Luftgewehre in Deutschland frei verkäuflich
Auch Schalldämpfer können für solche eigentlich ohnehin recht leisen Waffen gekauft werden. Verschossen werden verschiedene Arten von Kugel, zumeist wegen ihrer Form „Eierbecher“ genannte Projektile, die relativ weich und vorn platt sind. Es gibt auch spezielle Jagdmunition, die eine Metallspitze und so eine höhere Durchschlagskraft haben.
Luftdruckwaffen unterliegen zudem dem Waffengesetz. Sie dürfen nur auf Schießständen oder abgesicherten Privatgelände abgefeuert werden, das so groß oder so geschützt ist, dass die Kugel nicht heraus fliegen kann. Luftdruckwaffen in der Öffentlichkeit zu führen, ist verboten. Man darf sie nur ungeladen, nicht zugriffsbereit, also beispielsweise nicht im Hosenbund, und auf dem direkten Weg nach dem Kauf oder zwischen zwei Orten transportieren. Einen „kleinen Waffenschein“, wie für Gaswaffen, gibt es nicht. Nur wer einen echten Waffenschein besitzt, dürfte eine erlaubnisfrei zu kaufende Waffe in der Öffentlichkeit tragen.
Dass, wie jetzt in Alsterdorf, die Polizei wegen eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt, ist die Ausnahme. In der Regel werden solche Taten als gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz geahndet, was auch harte Strafen nach sich zieht. Bis zu zehn Jahre Haft sieht das Strafgesetzbuch vor. Im konkreten Fall wird offenbar angenommen, dass der Schütze den Tod des Kindes „billigend in Kauf nahm“. Deswegen führt die Mordkommission die Ermittlungen. Versierte Juristen halten es für wenig wahrscheinlich, dass der Täter, wird er überführt, auch wegen eines versuchten Tötungsdeliktes verurteilt wird.
Dem Jungen geht es wieder gut. Er ist nach seiner Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen worden. Für ein neues Trikot ist auch gesorgt. Heute soll er es vor dem Training von HSV-Profi Dennis Diekmeier bekommen.